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Mycrocast Wie ein Magdeburger Start-up sich einen Platz bei der EM sicherte

Die Fußball-Europameisterschaft der Männer naht. Bei allen Spielen dabei ist auch ein Magdeburger Start-up. Die Uefa nutzt die Technologie von Mycrocast, um Sehbehinderten die Partien nahezubringen.

Von Robert Gruhne 07.06.2024, 10:44
Bei jedem Spiel der Europameisterschaft der Männer gibt es Live-Kommentare in drei Sprachen. Start ist am 14. Juni in München.
Bei jedem Spiel der Europameisterschaft der Männer gibt es Live-Kommentare in drei Sprachen. Start ist am 14. Juni in München. Foto: imago/Bihlmayerfotografie

Magdeburg - Die Fußball-Europameisterschaft der Männer steht in den Startlöchern. Ab nächster Woche kämpfen 24 Nationen um den Titel. Millionen Menschen auf der Welt werden zuschauen. Damit auch Menschen mit Sehbehinderung die Spiele verfolgen können, setzt die Uefa auf eine Technologie aus Magdeburg.

Bei allen Spielen des Turniers wird eine Entwicklung des Unternehmens Mycrocast zum Einsatz kommen. Fans können über die Uefa-App und die Webseite auf einen Audiokommentar zugreifen – und das in jeweils bis zu drei Sprachen: Deutsch als Sprache des Gastgeber-Landes und jeweils die Sprachen der beiden Gegner der Partie.

Technik für Audiokommentare in Stadien war veraltet

Das Angebot soll vor allem Menschen mit einer Sehbehinderung ermöglichen, die Spiele zu verfolgen. Das war vorher oft nicht sehr komfortabel, schildert Mycrocast-Gründer Marcel Heße. Die Stadien verwendeten meist eine spezielle Hardware. Sehbehinderte saßen in einem extra Bereich. Die Plätze waren begrenzt. „Aber Sehbehinderte wollen mitten drin sein und die Atmosphäre aufsaugen“, sagt Heße.

Also entwickelte das Start-up eine Technologie, die die Übertragung des Audiokommentars auf alle mobilen Geräte ermöglicht. Das Spiel lässt sich nun auf dem eigenen Smartphone hören, an jedem Ort im Stadion und sogar außerhalb. „Jeder Fan, der durch uns Zugang zum Sport erhält, macht uns stolz. Wir wollen, dass auch Sehbehinderte wie alle anderen ihren Lieblingssport genießen können“, sagt Heße zur Motivation von Mycrocast.

Der Kontakt zur Uefa besteht laut Heße schon länger. Man habe bereits zur Frauen-EM 2022 in England ein erstes Pilotprojekt umgesetzt. Auch beim Finale des Super Cups 2023 und dem Finale der Conference League 2024 kam die Technik von Mycrocast zum Einsatz. Schließlich gewann das Start-up die Ausschreibung zur Audioübertragung für die EM. Die Kommentare kommen von der Uefa selbst. Mycrocast betreut nur die Technik.

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Mycrocast plant Expansion nach Nordamerika und Australien

Mittlerweile setzen auch zehn von 18 Vereinen der Fußball-Bundesliga auf die Technik des 2018 gegründeten Unternehmens. Nicht immer steht die Inklusion im Vordergrund. Viele Kunden verwenden die Technik zur Bereitstellung von Fan-Radios. Auch der FCM ist Kunde.

Im Handball läuft pro Wochenende ein Topspiel über die Technik von Mycrocast. Die Europameisterschaft im Januar konnte man ebenfalls damit hören.

Die Zahl der monatlichen Hörer stieg bis April 2024 innerhalb eines Jahres von 173.000 auf 815.000. Mycrocast will jetzt noch stärker im Ausland um Kundschaft werben. Die Expansion in Richtung Nordamerika, Australien und den nahen Osten ist in Arbeit.

Selbst sind die fünf Mitarbeiter des Start-ups auch große Sportfans. Teamausflüge zu Spielen von Vertragspartnern gehören zum Unternehmensalltag. Auch das ein oder andere Spiel bei der EM soll dabei sein. „Aber da kriegen wir noch die Info, welches es sein wird“, sagt Heße.