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nahe Oschersleben Tote Mäuse und überall Dreck: Tierschutz entdeckt verwahrloste Katzen in verlassenem Haus

Eine Vielzahl an unkastrierten Katern und insgesamt sieben tragende Katzen: Eine Familie aus Sachsen-Anhalt sei schon vor einiger Zeit umgezogen und habe dabei ihre Tiere in einem alten, verwüsteten Haus zurückgelassen. Die Tierhilfe Wolfsburg fand die Katzen vor wenigen Tagen - laut der Retter ist das kein Einzelfall in Sachsen-Anhalt.

Von Linda May van Bui Aktualisiert: 22.04.2022, 17:09
Zwischen Müll und Unrat wurden die Katzen auf dem verlassenen Grundstück gefunden.
Zwischen Müll und Unrat wurden die Katzen auf dem verlassenen Grundstück gefunden. Foto: Tierhilfe Wolfsburg e.V.

Wolfsburg/Oschersleben/DUR - Müll und Unrat in einem verlassenen Haus in der Nähe von Oschersleben - mittendrin eine Vielzahl von Katzen, befallen von Parasiten. Übersät von kahlen Stellen und an Schnupfen leidend wurden sie von ihren Besitzern  allein gelassen. Darunter befinden sich mehrere Kater - unkastriert. Das hat zur Folge, dass insgesamt sieben Katzen, die ebenfalls in dem verwüsteten Haus versuchen zu überleben, trächtig sind.

"Auf dem Boden lagen mehrere tote, vermutlich vergiftete, Mäuse.
Die Katzen vermehrten sich unkontrolliert, gebaren ihre Babys im Müll zwischen spitzen Gegenständen, im Dreck - ohne ausreichend Futter und Wasser." So beschreibt Jenny Bastian die Situation, als Helfer des Vereins die Tiere vor wenigen Tagen gefunden haben.

Jenny Bastian ist die zweite Vorsitzende der Tierhilfe Wolfsburg e.V. Der Verein kümmert sich um vernachlässigte und gefährdete Heimtiere und trägt so seinen Teil zum Tierschutz bei. "Wir möchten möglichst vielen Tieren helfen, die durch Menschen ausgesetzt, vernachlässigt und gequält werden oder anderweitig in Not geraten sind", heißt es auf den Seiten des Vereins.

Vermehrt verwahrloste Tiere in Sachsen-Anhalt

Laut Bastian ist der Fund der Tiere in dem verlassenen Haus bei Oschersleben kein Einzelfall. Aktuell beschäftigt sich der Verein mit Fällen in Wassensdorf, Hötensleben, Oebisfelde, Oschersleben und Altenhausen. "Insgesamt geht es hier um etwa 60 unkastrierte Tiere.
Und das sind nur die Stellen, an denen wir im Moment helfen oder helfen werden." Weiter erklärt Bastian: "Wir haben Stellen mit teilweise bis zu 30 Katzen, an denen wir uns als Verein aus Wolfsburg um die Kastration, Kennzeichnung und Registrierung der Tiere kümmern. Es gibt vor Ort wirklich wenige Organisationen. Die Tierheime sitzen voll und haben keine Kapazitäten."

Die Tiere waren zeitweise auf sich allein gestellt.
Die Tiere waren zeitweise auf sich allein gestellt.
Foto: Tierhilfe Wolfsburg e.V.

Die Vorsitzende ärgert sich vor allem darüber, dass die Kommunen Sachsen-Anhalts, bei denen die Verantwortlichkeit liegt, nur in geringem Maße gegen das allgegenwärtige Problem vorgehen würden - sie verweist dabei insbesondere auf eine flächendeckende Katzenschutz- und Kastrationsverordnung. Nur fünf Kommunen im Land haben bisher solch eine Verordnung erlassen.

Dr. Marco König, Tierschutzbeauftragter des Landes Sachsen-Anhalt, erklärt, dass viele Kommunen im Land von einer Kastrationsverordnung absehen, um Unmut unter den Bürgern zu vermeiden. "Für viele Katzenbesitzer, welche vor allem mehrere Tiere besitzen, wäre dies eine enorme finanzielle Belastung" so König. In vielen Kommunen sei auch die Population streunender Katzen so gering, dass keine Verordnung nötig sei.

Mit landesübergreifenden Kampagnen wurde in der Vergangenheit mehrfach appelliert, Katzen mit Freilauf kastrieren zu lassen. Dennoch liegt die Entscheidung einer solchen Verordnung letztendlich bei den Kommunen selbst. Die Versorgung von Streunern wird weitestgehend von Tierschutzvereinen, wie der Tierhilfe Wolfsburg, geleistet. Laut Dr. Marco König bekommen die Vereine Sachsen-Anhalts Fördermittel, um die Kastrationskosten tragen zu können.

Verein: Darum ist Kastration so wichtig

Die Tierhilfe Wolfsburg appelliert dahingehend besonders an die Tierbesitzer selbst, dass die Kastration der Tiere von großer Bedeutung sei. Es würde die Streunerproblematik deutlich verbessern und auch ungewollter Nachwuchs würde nicht mehr in den Tierheimen landen oder gar lieblos ausgesetzt werden. "Die Infektionsrate mit gefährlichen Katzenkrankheiten wie FELV, FIV, FIP, Katzenseuche und Katzenschnupfen würde ebenso sinken. Dies gilt natürlich auch für die Verbreitung von Zoonosen, also auf den Menschen übertragbarer Erkrankungen", so Bastian.

Das ganze Grundstück war wüst und chaotisch.
Das ganze Grundstück war wüst und chaotisch.
Foto: Tierhilfe Wolfsburg e.V.

Eine Kastrationsverordnung im Land Sachsen-Anhalt sei für die Mitglieders des Vereins ein erster und wichtiger Schritt, um Fälle wie diesen in Oschersleben zukünftig zu verringern. Organisationen und Vereine könnten entlastet "und Spendengelder für andere wichtige Dinge genutzt werden", erklärt Jenny Bastian, die zweite Vorsitzende der Tierhilfe Wolfsburg.

Die Tierhilfe Wolfsburg e.V. ist stetig auf der Suche nach Pflegestellen und Personen, die bereit sind den Fundtieren ein neues Zuhause zu geben. Auch über jede Spende ist der Verein dankbar.
Weitere Informationen finden Sie unter https://www.tierhilfe-wolfsburg.de/

Was passiert mit den Katzen aus Oschersleben?

Die verwahrlosten Katzen aus Oschersleben werden nun in den Räumen der Tierhilfe aufgepeppelt und versorgt. Alle Tiere sind von Parasiten befallen und teilweise schwer erkrankt - unter anderem an  FIP. FIP ist eine durch Feline Coronaviren ausgelöste Erkrankung die bei fünf bis zehn Prozent der mit Coronaviren infizierten Katzen ausbricht. Dazu muss das Virus erst mutieren. Eine akute FIP ist nicht ansteckend - die Coronaviren schon.

FIP endet unbehandelt immer tödlich. Eine mehrtägige Therapie mittels Spritzen ist dabei sehr kostenintensiv. Eine der Katzen erlitt zudem einen schmerzhaften Zwerchfellriss und muss nun in einer Spezialklinik operiert werden - ebenfalls ein kostspieliges Unterfangen für den Verein. Alle Katzen wurden von der Tierhilfe Wolfsburg gesichert. Die trächtigen Katzen können vor Ort und in einer geborgenen Umgebung ihre Kitten zur Welt bringen.

Sobald alle Tiere wieder gesund sind und sich gut entwickelt haben, werden die Katzen und Kater an Tierliebhaber wieder vermittelt.