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Schulsozialarbeit Helfer mit Befristung

400 Sozialarbeiter in Sachsen-Anhalt helfen Schülern, Schulabbrüche zu vermeiden. Planungssicherheit haben sie kaum.

Von Alexander Walter 10.10.2017, 01:01

Magdeburg l Ein Minus von 2,1 Prozent – so lautet die in Zahlen gegossene Bilanz der Schulsozialarbeit im Land. Von 12 auf 9,9 Prozent nahm die Schulabbrecherquote laut Caritas zwischen 2009 und 2015 ab – maßgeblich ein Verdienst des Programms „Schulerfolg sichern!“

Gemessen an der Gesamtquote wirkt die Ausbeute gering. Die Arbeit hinter den Zahlen aber ist anspruchsvoll. 400 Fachkräfte an 369 Schulen fangen Schüler in Krisen auf, beraten oder bieten Projekte zur Konfliktbewältigung an. An der 360 Schüler zählenden Lessing-Ganztagsschule in Salzwedel etwa kümmert sich Sozialarbeiterin Irene Barth auch um die Integration. 25 Prozent haben hier einen Migrationshintergrund. Barth sucht das Gespräch zu den Eltern oder telefoniert „Zuspätkommern“ hinterher. Leiterin Heike Herrmann weiß das zu schätzen. Die Abbrecherquote sei mit der Kollegin spürbar gesunken, sagt sie.

Die Helfer selbst sind allerdings regelmäßig in Nöten. Bei Trägern der Jugendhilfe angestellt, wird ihr Job hauptsächlich über EU-Fördermittel finanziert (siehe Infokasten). Die Förderung ist befristet, muss immer wieder beantragt werden. Theoretisch fiele im Juni 2018 für viele Kollegen erneut der Hammer. Immerhin gibt es diesmal noch einmal eine Perspektive. Bis Ende November können Träger neue Anträge stellen. Bis zu zwei Jahre geht es anschließend weiter.

Was nach 2020 kommt, aber weiß derzeit niemand. „Die Landesregierung verfolgt das Ziel, Sozialarbeit an Schulen auch darüber hinaus sicherzustellen“, sagt Stefan Thurmann, Sprecher im CDU-geführten Bildungsministerium. Gespräche zur Finanzierung würden rechtzeitig geführt. Klar ist dabei bislang allerdings wenig. Nicht einmal, ob weiter EU-Geld fließen wird.

Die Linke im Landtag will die Unsicherheit beenden. „Die Schulsozialarbeit gehört ins Schulgesetz, wir wollen sie zur Regelaufgabe machen“, sagt Bildungspolitikerin Birke Bull-Bischoff. Land und Kommunen sollen sich die Kosten künftig teilen. Der Bund soll das Programm unterstützen, so Bull-Bischoff. Auch die SPD wünscht sich eine Verstetigung. Wie das funktionieren kann, soll nun der Bildungsausschuss im Landtag klären.

Heike Herrmann hält Planungssicherheit für unabdingbar. „Ich wünsche mir, dass Schulsozialarbeiter wie Lehrer beim Land angestellt wären“, sagt sie. Herrmann ist vom Erfolg der Schulsozialarbeit überzeugt, nicht nur mit Blick auf die Abbrecherquote, sondern auch wegen des Klimas an ihrer Schule. Die Landesregierung hat dem Rechnung getragen. Den Erfolg der Sozialarbeit will sie künftig außer an der Quote auch an der Zusammenarbeit mit den Eltern sowie an der Annahme von Beratungsangeboten messen.

Dass die Abbrecherquote nur bedingt als Indikator zur Qualität der Schulsozialarbeit taugt, legt auch ein Blick hinter die Zahlen nahe. So werden Förderschulabschlüsse als Schulabbruch gezählt. Das Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern konnte seine Quote vor allem dadurch senken (2009: 15,8 Prozent, 2015: 8 Prozent), dass es vielen Förderschülern ein freiwilliges zehntes Schuljahr und damit einen anerkannten Abschluss ermöglichte.

Jenseits der sinnvollen Schulsozialarbeit wird auch in Sachsen-Anhalt daher über neue Strategien zur Senkung der Quote diskutiert. Die Ansätze sollen in ein neues Förderschulkonzept münden, sagte Ministeriumssprecher Thurmann. Spätestens zum Jahresende soll es vorliegen.