Schweinehaltung Schnelleres Ende für Kastenstände?
In acht Jahren läuft die umstrittene Kastenstandhaltung für Sauen aus. Zu spät, findet Sachsen-Anhalts Agrarministerin Dalbert.
Magdeburg (dpa) l Die von Tierschützern kritisierte Kastenstandhaltung von Sauen könnte in Sachsen-Anhalt schon früher zu Ende gehen als vom Bund vorgeschrieben. Viele Halter hätten die umstrittene Fixierung bereits abgeschafft, andere hätten auf Rechtssicherheit für die Modernisierung oder Neubau von Ställen gewartet, sagte Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur.
Diese Sicherheit hätten sie nun durch die Neuregelung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, die der Bundesrat im Juli bestätigte. "Ich bin deshalb zuversichtlich, dass es da jetzt einen Modernisierungsschub gibt und wir das Ende der Kastenstandhaltung in Sachsen-Anhalt schon vor Ablauf der neuen Fristen erleben."
Der Bundesrat hatte im Juli neuen Regeln für die Schweinehaltung zugestimmt. Das Fixieren von Sauen in den engen Kastenständen, in denen sich die Tiere oft kaum bewegen können, soll damit deutlich beschränkt werden. So sollen Kastenstände im sogenannten Deckbereich der Ställe nach einer Übergangszeit von acht Jahren nicht mehr zulässig sein. Sauen sollen nur noch direkt bei der Besamung fixiert werden dürfen. Generell soll eine Gruppenhaltung mehr Platz im Stall gewährleisten.
Dalbert begrüßte zwar, dass der Bund die Haltung nun fast komplett abschafft, hatte die Neuregelung aber dennoch scharf kritisiert, weshalb Sachsen-Anhalt in der Länderkammer auch nicht zustimmte. Die Grünen-Ministerin sieht in der langen Übergangsfrist eine unnötig lange Ausweitung eines rechtswidrigen Zustandes. Denn: Eigentlich entsprechen die engen Käfige schon seit 1992 nicht mehr dem geltenden Tierschutzrecht und hätten damit abgeschafft werden müssen; 2015 und 2016 bestätigten dies Gerichte.
Die Neuregelung räumt den Haltern nun weitere acht Jahre für die Haltung im Kastenstand ein. "Das hat mich wirklich zutiefst empört", sagte Dalbert. "Das Gesetz gilt seit 1992. Und nun soll die Tierqual noch mal acht Jahre verlängert werden." Die engen Käfige seien mit einer tiergerechten Haltung unvereinbar.
Allerdings habe die Neuregelung auch etwas Gutes: Die bisherigen Gesetze hätten die zu enge Haltung in den Kastenständen zwar verboten - aber keine Angaben zur zukünftigen Haltung gemacht. "Wenn mich meine Bauern früher gefragt haben, wie der neue Stall denn aussehen soll, konnte ich ihnen darauf keine Antwort geben", sagte Dalbert. "Das kann ich jetzt." So soll in Zukunft die Gruppenhaltung der Sauen der Regelfall sein und nicht die einzelne Haltung in den Kastenständen.
Jede Sau soll dabei fünf Quadratmeter für sich haben. "Das ist ein Durchbruch", stellte Dalbert fest. "Säue sind verspielt. Die brauchen faserreiches Beschäftigungsmaterial, die sind neugierig, wollen rumschnüffeln. Auch dies wird ihnen jetzt zugestanden". Auch für die Halter sieht die Ministerin in der Neuregelung Positives. "Die Schweinehalter sind ja auch nicht unwillig, die brauchten einfach Rechtssicherheit."
Die Planungssicherheit begrüßt auch Hans-Georg Meyer, Vorsitzender des Schweinewirtschaftsverbands Sachsen-Anhalt. "Man weiß jetzt endlich, woran man ist", sagte er der dpa. Meyer forderte aber, die Halter mit den Kosten für die Umstellung nicht allein zu lassen. "Schimpfen hilft nichts, wenn es die Gesellschaft so will, dann soll es so sein." Und weiter: "Ich erwarte dann aber von der Gesellschaft, dass sie uns dabei hilft."
Wenn jedes Schwein mehr Platz bekomme, müsse man entweder den Bestand verkleinern oder den Stall vergrößern. Meyer schlug vor, den Betrieben den Ausbau ihrer Ställe durch Änderungen im Bau- und Umweltrecht zu erleichtern. Auch müsse der Staat den Umbau fördern. Auf keinen Fall dürfe man den Markt ausländischen Produzenten überlassen, die laxere Tierschutzbestimmungen haben. "Das wäre eine Heuchelei ersten Grades."
Das Land fördert Investitionen wie Stallbauten mit einem Förderprogramm aus Landes-, Bundes-, und EU-Geldern. Gefördert werden Investitionen zwischen 20.000 und drei Millionen Euro. Die Richtlinien dafür müsse die Bundesregierung noch anpassen. Das Thema ist in Sachsen-Anhalt wichtiger als in anderen Bundesländern: In dem Land mit rund 2,2 Millionen Einwohnern werden derzeit etwa 1,1 Millionen Schweine gehalten. Damit ist Sachsen-Anhalt das Schweineland Nummer eins im Osten und die Nummer sechs aller Länder.
Trotz der massenhaften Schweinehaltung haben schon zahlreiche Betriebe umgestellt. Im April dieses Jahres wirtschafteten laut Ministerium bereits 24 der insgesamt 100 aktiven Betriebe mit mehr als 10 Sauen ohne Kastenstandhaltung. Von den 76 mit Kastenstand hielten immerhin 49 die vom Gericht 2015 bestätigte Mindestmaße ein; 26 weitere hielten sich an Vorschriften von 2012; und nur in einem Betrieb gab es Kastenstände, die schmaler waren als 65 Zentimeter.