Sicherheit Neue Vorwürfe gegen Stahlknecht
Laut der Jüdischen Gemeinde lehnte Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht eine Bitte um Finanzhilfe ab.
Magdeburg l Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Dessau, Alexander Wassermann, fühlt sich vom Land Sachsen-Anhalt im Stich gelassen. Er sagte der Volksstimme, es habe in der Vergangenheit „viele antisemitische Briefe und auch Morddrohungen“ gegeben. Zwei Mal sei in das Gemeindezentrum eingebrochen worden. Am 22. Mai 2019 bat Wassermann Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) um Unterstützung. Es bestünden „erhebliche Probleme“ bei der Sicherheit in den Jüdischen Gemeinden in Sachsen-Anhalt. Dies besorge und ängstige zunehmend die Mitglieder.
Das Landeskriminalamt habe schon vor Monaten eine Mängelliste erstellt. Es geht um die Anschaffung von Videokameras sowie die Verstärkung von Türen und Fenstern mit Gittern oder Schutzfolien. Kosten: rund 17.000 Euro. Das Geld könne die Gemeinde nicht aufbringen, sagte Wassermann. Doch Stahlknecht lehnte Finanzhilfen ab. Das bestätigte das Innenministerium. Begründung: Der Staatsvertrag zwischen dem Land und der Jüdischen Gemeinschaft „regelt keine Kostenbeteiligung des Landes für bauliche Sicherheitsmaßnahmen“.
Nach dem Anschlag in Halle zauberte Stahlknecht plötzlich eine mögliche Lösung aus dem Hut. Auf einmal wird doch Geld in Aussicht gestellt. Der Staatsvertrag eröffne die Möglichkeit, „eine gesonderte Vereinbarung mit Blick auf den Schutz der Jüdischen Gemeinschaft zu treffen“, heißt es. Davon sei bislang kein Gebrauch gemacht worden. Das Innenministerium werde der Landesregierung vorschlagen, „mit den Jüdischen Gemeinden eine Vereinbarung über bauliche Sicherheitsmaßnahmen an Synagogen und deren Finanzierung abzuschließen“. In Dessau ist der Neubau einer Synagoge geplant. Stahlknecht sagte bereits zu, das Land übernehme die Kosten für die baulichen Sicherheitsmaßnahmen.
Die Debatte um fehlenden Polizeischutz für jüdische Einrichtungen geht weiter. Wadim Laiter, Vorstandsvorsitzender der jüdischen Synagogengemeinde Magdeburg, sagte der „Welt“: „Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, dass die Polizei an Feiertagen Beamte vor der Synagoge postiert, und haben viele Male die Termine für Gottesdienste und Feiertage an die Polizei weitergegeben. Doch wir bekommen immer nur Absagen.“ Die Polizisten würden sagen, sie hätten die Lage unter Kontrolle: „Wir sollten den Teufel nicht an die Wand malen.“ Seit dem Anschlag in Halle wird die Synagoge rund um die Uhr durch jeweils vier Beamte mit zwei Funkstreifenwagen bewacht.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte nach dem Angriff schwere Vorwürfe erhoben: „Dass die Synagoge an einem Feiertag wie Jom Kippur nicht durch die Polizei geschützt war, ist skandalös.“ SPD-Landeschef Burkhard Lischka: „Die Gefahr ist eindeutig unterschätzt worden.“ Die SPD-Landtagsfraktion fordert ein „nachhaltiges Schutzkonzept für Synagogen und Moscheen“.