Fall Jalloh Staatsanwaltschaft Halle übernimmt
Hat Oury Jalloh das Feuer in der Polizeizelle Dessau selbst gelegt oder war es jemand anderes? Nun nehmen neue Ermittler den Fall in die Hand.
Dessau-Roßlau/Halle (dpa) l Mehr als zwölf Jahre nach dem Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle beschäftigt der Fall die Justiz noch immer. Die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg hat das aktuelle Todesermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau an die entsprechende Behörde in Halle übertragen, wie ein Sprecher am Mittwoch in Naumburg mitteilte.
"Dieser Schritt erschien nicht zuletzt im Hinblick auf die dienstliche Belastung der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau angezeigt." Ein langjähriger Bearbeiter sei in den Ruhestand gegangen. Das aufwendige Mordverfahren um den Tod einer chinesischen Studentin habe die zuständige Dezernentin für Leichensachen lange beschäftigt. Dass der Fall Jalloh nun in Halle statt in Dessau-Roßlau bearbeitet werde, bedeute aber keinerlei Kritik an der Dessauer Behörde.
Wie genau es am 7. Januar 2005 zum Tod des aus Sierra Leone stammenden Asylbewerbers Oury Jallohs kam, ist nach wie vor nicht geklärt. Fest steht, dass er verbrannt in einer Zelle des Polizeireviers gefunden wurde. Dort war er gestorben.
Die Generalstaatsanwaltschaft wies jegliche Kritik, die Staatsanwaltschaft in Dessau verschleppe das Verfahren, zurück. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Sebastian Striegel, erklärte, den Angehörigen, Freunden und Unterstützern Jallohs werde durch fehlende Aufklärung Gerechtigkeit vorenthalten. Die bisherigen Brandermittlungen seien unzureichend. Striegel verlangte auch von Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) Auskunft über den Stand des Ermittlungsverfahrens und zur Frage, warum das Verfahren den Dessauer Ermittlern entzogen werde.
Bislang wurden zwei Prozesse vor dem Landgericht Dessau-Roßlau und dann vor dem Landgericht Magdeburg geführt. Am Ende wurde 2012 ein Beamter wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte nicht dafür gesorgt, dass der an Händen und Füßen gefesselte Jalloh ausreichend beaufsichtigt wurde. Dem Landgericht Magdeburg war es als wahrscheinlich erschienen, dass der Brand vom Tatopfer selbst gelegt worden war. Weil es dabei aber Ungereimtheiten gab, leitete die Staatsanwaltschaft nochmals ein Todesermittlungsverfahren ein, schaltete Gutachter ein und gab einen neuen Brandversuch in Auftrag.
Im August 2016 war der Brand von einem Chemiker, einem Rechtsmediziner und einem Brandsachverständigen in Bad Schmiedeberg nochmals nachgestellt worden. Die Bewertungen weisen laut der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg kein einheitliches Bild auf. Die Ergebnisse müssten nun neu ausgewertet werden. "Es gilt, die entscheidungserheblichen Fragen zu beantworten, ob es generell möglich ist, die Ursache für den Tod des Oury Jalloh beweissicher festzustellen und ob genügende Tatsachen vorhanden sind, die den Verdacht einer kausalen Beteiligung Dritter begründen oder ausschließen können", hieß es in der Mitteilung weiter.