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Landtagsdebatte zu Sparplänen: Katrin Budde will eigene politische Prioritäten festlegen Starke Frau in der SPD fährt die Krallen aus

Von Michael Bock 26.04.2013, 03:22

Magdeburg. Der Landtag hat gestern über die Sparpläne bei den Hochschulen und die Entlassung von Wissenschafts- und Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) debattiert. Hartmut Möllring wurde als neuer Minister vereidigt. Schon jetzt musste er die Erfahrung machen, dass ihm nichts geschenkt wird.

Der neue Wissenschafts- und Wirtschaftsministers Hartmut Möllring ist soeben vereidigt worden. CDU-Fraktionschef André Schröder gratuliert mit einem bunten Blumenstrauß, Sebastian Striegel von den Grünen auch. Von Linken-Fraktionschef Wulf Gallert bekommt Möllring einen Händedruck - keine Blumen.

Von Katrin Budde kriegt er gar nichts, nicht mal einen Blick. Die SPD-Fraktionschefin sitzt auf ihrem Abgeordnetenstuhl und blättert seelenruhig in ihrer Rede. Budde ist schon am Mittwoch in einer Pressekonferenz auf Distanz zu Möllring gegangen. Grund war vor allem dieser Satz des niedersächsischen Ex-Finanzministers: "Für Wirtschaft allein wäre ich vielleicht gekommen, für Wissenschaft alleine - das hätte ich mir nicht vorstellen können."

"Solidarität heißt nicht, bedingungslos zu folgen."
Katrin Budde, SPD

Budde sagte dazu am Mittwoch: "Das wird in der SPD als großes Problem angesehen." In der Debatte gestern bekräftigt sie: "Herr Möllring, ich habe bei Ihrer Ernennung eine gesunde Skepsis. Gerade in Bezug auf die Hochschulen." Und, ein wenig versöhnlicher: "Entwickeln Sie einen vernünftigen Vorschlag für die Hochschullandschaft. Dann werden Sie sehen, dass ich eine Skeptikerin bin, die sich mit guten inhaltlichen Vorschlägen überzeugen lässt und Ihnen gern die Hand zur Zusammenarbeit reichen."

Mit 90-minütiger Verspätung gratuliert sie ihm doch noch, schnell im Vorbeigehen.

Ihr Fett bekommen auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) weg. Die SPD-Fraktion wird die Sparvorschläge der Regierung nicht einfach so durchwinken. Daran lässt Budde keinen Zweifel. Ihr Verhältnis zu Bullerjahn gilt ohnehin als sehr unterkühlt, auch die Landtagsfraktion fremdelt mit dem Finanzminister.

Der hat vor wenigen Tagen in kleiner Runde gesagt: "Es gibt Situationen, in denen sich ein Finanzminister mehr als allein fühlt." Er räumt ein, dass Budde einen "schwierigen Spagat" meistern müsse. "Sie ist nicht Pressesprecherin von Bullerjahn." Sagt Bullerjahn. "Sie ist Fraktionsvorsitzende."

Als solche zeigt Budde Kante. Sie sagt: "Wir werden in den nächsten Wochen grundsätzlich unsere politischen Prioritäten festlegen und die Regierung bitten, sie in den Haushaltsplan einzuarbeiten." Und die starke Frau in der SPD fährt die Krallen aus. "Solidarität heißt nicht, bedingungslos zu folgen", sagt sie und fügt süffisant hinzu: "Ich befürchte, das werden nicht alle als sanftmütig auslegen."

"Es gibt Situationen, in denen sich ein Finanzminister mehr als allein fühlt."
Jens Bullerjahn, SPD

Eine volle Breitseite gegen Haseloff. Der hatte Ministerin Wolff gefeuert, weil sie sich unsolidarisch verhalten habe.

Auch in der CDU-Landtagsfraktion rumort es. Moderat im Ton, glasklar in der Ansage - so tritt Fraktionschef André Schröder auf. Die Unionsfraktion werde den Sparvorschlägen bei den Hochschulen nur dann zustimmen, wenn sie verantwortbar seien und ein belastbares Konzept vorliege, sagt er bestimmt. Und: "Der Landesregierung sage ich: Sparziele sind das eine, ein tragfähiges Hochschulkonzept ist das andere. Dieses Konzept ist fällig, und die Handlungsfähigkeit der Landesregierung wird sich daran messen, ob sie dieser Bringschuld genügt."

Linken-Fraktionschef Wulf Gallert sagt mit Blick auf die Entlassung von Wolff: "Im Kabinett wird kein Widerspruch geduldet. Dieses Signal ist fatal. Das schnürt das Engagement von Menschen ab, es verschlechtert die Akzeptanz von Politik." Wenn Widerstand im Kabinett nicht möglich sei, müsse sich dieser gegen die CDU/SPD-Koalition richten.

Die Grünen werfen Haseloff eine "Basta-Politik" und "mangelnde Führungsfähigkeit" vor. Das Kabinett sei in einem "desolaten Zustand", sagt Sebastian Striegel.

"Im Kabinett wird kein Widerspruch geduldet. Dieses Signal ist fatal."
Wulf Gallert, Linke

Haseloff verteidigt den Sparkurs. "Wir sind das Land, das derzeit pro Einwohner am meisten ausgibt", sagt er. Sparen sei wichtig, um die Handlungsfähigkeit zu erhalten. Die Pläne seien kein Neuland: "Wir gehen sehr ausgetretene Pfade. Alle anderen 15 Bundesländer sind diese Pfade schon gegangen." Es werde den Menschen im Land nichts zugemutet, was andere Länder nicht schon gemacht hätten.