Streit CDU stellt Koalition in Frage
Der Streit um Extremismusvorwürfe gegen einen CDU-Kreispolitiker spaltet die Kenia-Koalition in Sachsen-Anhalt.
Magdeburg | Über den CDU-Kreispolitiker Robert Möritz war bekannt geworden, dass er 2011 als Ordner auf einer Neonazi-Demo gearbeitet hatte und ein Tattoo mit einer sogenannten Schwarzen Sonne, einer Kombination mehrerer Hakenkreuze, auf dem Arm trägt. Der CDU Kreisverband Anhalt-Bitterfeld, dem Möritz als Beisitzer angehört, verzichtete auf personelle Konsequenzen. In einer am Freitagabend verbreiteten Pressemitteilung hatte der Kreisvorsitzende Matthias Egert Vorwürfe gegen Möritz wegen einer "rechtsextremistischen Gesinnung sowie den Rechtsextremismus unterstützender Handlungen" zurückgewiesen.
Möritz hatte in einer Erklärung eingeräumt, als Ordner auf der Demo tätig gewesen zu sein. "Es war ein Fehler, diese Demonstration als Ordner zu begleiten", sagte er. "Bitte sehen Sie mir diese Verirrung meiner Jugend nach." Und: "Ich stehe auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Ich distanziere mich hier und heute noch einmal von extremistischen Strömungen aller Couleur."
Die Grünen, Koalitionspartner der CDU, verbreiteten daraufhin am Samstag auf Twitter eine Mitteilung mit dem Titel "Wie viel Hakenkreuze haben Platz in der CDU?". In dem Beitrag zeigten sich die Landesvorsitzenden Susan Sziborra-Seidlitz und Sebastian Striegel "irritiert über die Nicht-Reaktion der CDU auf das Bekanntwerden rechtsextremer Verbindungen eines Mitglieds ihres Kreisvorstands in Anhalt-Bitterfeld". Die nun behauptete Deutung der Personalie als jugedliche Verfehlung sei "unglaubwürdig". Hätte Möritz tatsächlich einenn Bruch mit der Szene vollziehen wollen, "hätte er nicht im Netz eine SS-Tätowierung zur Schau gestellt und positiv auf extrem rechte Bands Bezug genommen". Die Grünen forderten die Parteispitze der Landes-CDU auf, sich im Streit um Möritz "als klares Bollwerk gegen jeden Rechtsextremismus zu positionieren".
Die Landes-CDU reagierte empört auf die Pressemitteilung. Der Landesvorsitzende Holger Stahlknecht sagte am Samstag der Volksstimme: "Durch dieses Agieren der Grünen wird die Koalition in Frage gestellt." Es sei nicht hinnehmbar, dass die gesamte CDU "unter Nazi-Verdacht gestellt wird".
Generalsekretär Sven Schulze bezeichnete den Beitrag als inakzeptabel. Er kritisierte heftig, dass auch Agrar- und Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) den Beitrag auf Facebook geteilt habe. "Jetzt ist Ende im Gelände", sagte Schulze. Er forderte im Namen der CDU Sachsen-Anhalt, ihrem Vorsitzenden Holger Stahlknecht und "einer Vielzahl von CDU-Kreisverbänden" eine Entschuldigung. "Die Parteibasis ist in Aufruhr, sie ist auf 180", betonte Schulze. "Ohne eine Entschuldigung knallt es, dann ist eine Fortsetzung der Koalition kaum denkbar", sagte er. Schulze hält es für möglich,dass die Basis nun weiter Druck macht und einen Sonderparteitag beantragt.
Die Grünen wiesen die Forderung zurück. "Wir sehen keinen Grund, uns zu entschuldigen", sagte Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz am Samstagabend der DPA. Ihre Partei habe die CDU nicht unter Generalverdacht gestellt, sondern die "aufrechten Demokraten" in der Partei zu einer Reaktion auf die Entscheidung der CDU Anhalt-Bitterfeld aufgerufen. Die Frage nach den Hakenkreuzen beziehe sich eindeutig auf das Tattoo von Möritz. Die Grünen seien "zumindest irritiert" darüber, dass die CDU Möritz weiterhin in ihren Reihen dulden wolle.