39 Erwachsenentaufen am Ostersonntag im Bistum Magdeburg Taufbewerber Jan Wiedemann: "Mir ist der Glaube nicht ins Mark geschossen"
Tausende Christen in Sachsen-Anhalt feiern in der Osternacht am frühen Sonntagmorgen mit Gottesdiensten die Auferstehung Jesu. Dabei gibt es auch zahlreiche Taufen. Im Bistum Magdeburg lassen sich 39 Erwachsene taufen.
Magdeburg l Als Erwachsener sich taufen zu lassen und der Kirche beizutreten, ist in Sachsen-Anhalt ein eher ungewöhnlicher Schritt. Der ganze Osten Deutschlands gilt weitestgehend als entkirchlicht, in dem mindestens zwei Generationen fern jedweder kirchlicher Bindung gelebt haben. Das Bistum Magdeburg beschreibt seine Lage mit dem Begriff der Diaspora, das heißt einer christlichen Minderheit in einem weitgehend konfessionslosen Land.
Den Trend umzukehren, diese Hoffnung hatten sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche angesichts voller Gotteshäuser in den Tagen der Wende. Aber auch 20 Jahre nach der Wende sind fast 80 Prozent der Bevölkerung nicht konfessionell gebunden. Um die 50 Erwachsene lassen sich alljährlich im Bistum Magdeburg taufen. Was sind die Beweggründe jener Menschen?
Die Sankt-Norbert-Gemeinde im Magdeburger Stadtteil Buckau. In der Pfarrei in der Kapellenstraße sitzt Diakon Wolfgang Gerlich mit der 25-jährigen Kindergärtnerin Julia Culmsee und dem 31-jährigen Studenten Jan Wiedermann am Tisch. Über den Glauben oder gar Gott zu sprechen, das fällt den beiden nicht leicht. "Kirche war nicht fremd für mich", erzählt die junge Frau aus Magdeburg. Sie war zwar als Kind getauft worden, hatte aber später den Kontakt zur Kirche verloren. "Ich will wieder zur Gemeinschaft gehören", erklärt sie. Sie erhält beim Ostergottesdienst, der am Sonntagmorgen um 5.30 Uhr in der Sankt-Norbert-Kirche beginnt, das Sakrament der Firmung. Mit dabei sind ihre Familie und ihre Freunde. Die Entscheidung habe sich schon lange angebahnt: Bei der Berufsausbildung hatte sie sich bewusst für eine konfessionelle Berufsschule entschieden, ebenso für den Kindergarten, in dem sie jetzt als Erzieherin seit einem Jahr arbeitet.
Jan Wiedermann wurde vor allem durch seine Familie an den Glauben herangeführt: Seine Frau ist katholischen Glaubens. Beide haben kirchlich geheiratet, ihre beiden Töchter wurden getauft. "Meiner Frau war die Taufe sehr wichtig", erzählt er. Seit der Taufe seiner ersten Tochter habe er sich intensiver mit dem Thema beschäftigt. "Mir ist der Glaube nicht ins Mark geschossen. Ich habe mich auf eine Reise begeben", berichtet der junge Mann. Dabei stammt er wie viele andere auch aus einer Familie, in der die Eltern zwar getauft waren, Kirche aber nie eine Rolle gespielt hatte.
Wie haben Freunde, Arbeitskollegen reagiert? "Es gab sämtliche Reaktionen, die man sich vorstellen kann. Einige waren verblüfft, andere interessiert. Aber keine ablehnend", erzählt der junge Familienvater aus Magdeburg. Diakon Wolfgang Gerlich beschreibt die Wahrnehmung des Bekenntnisses zum Christentum folgendermaßen: "Hier im Osten gilt der, der erklärt, an Gott zu glauben, ein bisschen als Exot."
Die beiden gehören zu den 39 Erwachsenen im Bistum Magdeburg, die am Ostersonntag die Sakramente der Taufe oder der Firmung empfangen. Im Bistum ist es seit einigen Jahren Tradition, dass am ersten Fastenwochenende im Februar der Bischof den erwachsenen Taufbewerbern im Rahmen einer Feier die Zulassung zur Taufe oder Firmung übergibt.
In der Evangelischen Kirche gibt es am Ostersonntag 300 Taufen, darunter auch eine nicht näher genannte Zahl von Erwachsenentaufen. Nach der kirchlichen Statistik gehören Taufen im Vergleich zu Trauungen und Bestattungen in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche allerdings zu jenen Amtshandlungen, die weit weniger vollzogen werden. Das 1994 gegründete Bistum Magdeburg mit seinen derzeit rund 88000 Katholiken nimmt gemessen an der Zahl seiner Gemeindeglieder im Vergleich der 27 Bistümer in Deutschland einen vorletzten Platz ein. Eine Umkehr des Mitgliedertrends ist - aus heutiger Sicht - nicht absehbar. Von 1993 bis 2010 ließen sich jährlich rund 50 Erwachsene taufen, die Zahlen schwanken zwischen 26 und 76. Kindertaufen liegen im gleichen Zeitraum zwischen 486 und 434. Dagegen stehen jährlich rund 1000 Bestattungen nach katholischem Ritus und 500 Kirchenaustritte.
Auf den großen Schritt haben sich die Taufbewerber bei Wolfgang Gerlich seit September vergangenen Jahres in Glaubensgesprächen vorbereitet. An ihrem großen Tag werden sie ein weißes Taufkleid tragen, eine sogenannte Albe. Das Kleid ist das Symbol für "Du bist ein neuer Mensch".