Inklusion Teilhabegesetz: Wohlfahrtsverbände in Sachsen-Anhalt wüten gegen Sozialministerium
Ein Rahmenvertrag regelte in Sachsen-Anhalt die Umsetzung des Bundesteilhabegesetz. Nun hat das Sozialministerium diesen überraschend gekündigt.
Magdeburg. - Wohlfahrtsverbände in Sachsen-Anhalt laufen Sturm gegen den Plan des Sozialministeriums, den Rahmenvertrag zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes zum Jahresende zu kündigen. Der im Jahre 2019 zwischen neun Wohlfahrtsverbänden und dem Land Sachsen-Anhalt geschlossene Vertrag gilt als Grundlage zur Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen. Er regelt die Leistungen und deren Vergütung, die von Sozialverbänden auf diesem Feld erbracht werden.
„Sämtliche Detailverträge fußen auf diesem Werk“, sagt Frieder Weigmann, Pressesprecher der Diakonie Mitteldeutschland. Entsprechend weitreichend seien die Folgen. Die Kündigung stelle die Ziele der Landesregierung für bessere Chancen und mehr Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen infrage, sagt Antje Ludwig, die Landesgeschäftsführerin des Paritätischen. „Sie ist auch deshalb unverständlich, weil zuletzt zwischen den beteiligten Akteuren eine gute Gesprächsebene gefunden wurde“, so Ludwig.
In der Politik stößt die Entscheidung vor allem in der Opposition auf Unverständnis. „Die Träger sind völlig überrascht und vor den Kopf gestoßen worden“, sagt Grünen-Sozialpolitikerin Susan Sziborra-Seidlitz. Noch drastischer bewertet Nicole Anger (Die Linke) die Entscheidung: „Die einseitige Kündigung ist skandalös.“ Vor einigen Wochen habe das Ministerium im Sozialausschuss des Landtages Signale gesendet, dass die Verhandlungen auf einem guten Wege seien.
Nachholbedarf bei Inklusion
Auch in der CDU regt sich Kritik. Die Probleme bei der Gestaltung des Landesrahmenvertrages seien zwar bekannt, allerdings hätte es die Chance auf eine Einigung gegeben, sagt Gesundheitspolitiker Tobias Krull. „Es geht darum, bei Neuverhandlung die Ziele des Bundesteilhabegesetzes besser umzusetzen“, begründet eine Ministeriumssprecherin die Kündigung. Das sei bisher nicht gelungen. Man habe Nachholbedarf bei der Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt. Das Land habe auch die höchste Dichte bei besonderen Wohnformen wie stationären Einrichtungen. „Nach der Kündigung wird das Ministerium zu neuen Verhandlungen auffordern“, so die Sprecherin. Die Sozialverbände vermuten dagegen, dass finanzielle Erwägungen eine Hauptrolle spielten. Die jährlichen Aufwendungen in der Eingliederungshilfe könnten um bis zu 50 Millionen Euro steigen, schätzt Frieder
. Derzeit gibt das Land jährlich 645 Millionen Euro dafür aus.