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Textilbranche hat Einbußen durch Russland-Sanktionen

Die Textil- und Bekleidungsindustrie im Osten hat nach der Wende gigantische Einschnitte hinnehmen müssen. Von vormals über 300 000 Beschäftigten blieben nur 16 000 übrig. Jetzt gibt es neue Sorgen.

04.11.2019, 10:51

Chemnitz (dpa) - Die ostdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie rechnet mit schwierigen Zeiten. "Aller Voraussicht nach werden wir im laufenden Jahr den 2018 erwirtschafteten Gesamtumsatz von 1,87 Milliarden Euro nicht erreichen können", erklärte Jenz Otto, Hauptgeschäftsführer des in Chemnitz ansässigen Verbandes der Nord- Ostdeutschen Textilindustrie, am Montag bei einem Treffen im Vogtland.

Dabei ist die Entwicklung gegenläufig. Die Bekleidungssparte verzeichnete in den ersten drei Quartalen 2019 ein Umsatzplus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Allerdings macht sie nur etwa zehn Prozent der Gesamtkapazitäten der Branche aus, hieß es. Bei der Textilsparte ging der Umsatz im gleichen Zeitraum um reichlich fünf Prozent zurück. Das dominiert den Gesamttrend.

Mit einem Exportanteil von durchschnittlich 45 Prozent sei man den gegenwärtig negativen Trends in der globalen Wirtschaft extrem ausgesetzt, erklärte Otto. Dazu komme der sich im Inland vollziehende Strukturwandel in der Automobilindustrie und deren Zulieferbranchen, der bei einigen Herstellern Technischer Textilien zumindest vorübergehend mit erheblichen Umsatzeinbußen einhergehe.

Ein großes Problem sieht die Branche in den Russland-Sanktionen. "Derartige Maßnahmen schaden der heimischen Wirtschaft und taugen nicht dazu, politische Probleme zu lösen", betonte Vti-Vorstandschef Thomas Lindner. Vor dem Embargo 2013 hätten deutsche Textil- und Bekleidungsfirmen jährlich Waren im Wert von fast einer Milliarde Euro nach Russland verkauft. 2018 seien es nur noch etwa 684 Millionen Euro gewesen.

Ein anderes Beispiel für die "verhängnisvolle politische Einflussnahme auf die Wirtschaft" seien die im Zuge der Energiewende entstandenen hohen Energiekosten, hieß es weiter. Sie schwächten die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Branche. Hinzu kämen perspektivisch weitere erhebliche Kosten für die Finanzierung des Klimapaketes.

Die Branche konzentriert sich im Osten vor allem auf Sachsen und Thüringen mit 12 000 beziehungsweise 2500 Beschäftigten. Damit gehört diese Region neben Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern zu den vier großen deutschen Textilstandorten. Die Firmen im Osten produzieren unter anderem Garne und Nähfäden, Vliesstoffe, Gurte und Bänder für technische Anwendungen, Damaste, Leinengewebe, Socken und Strümpfe, Frottierwaren, Damen-Oberbekleidung oder Strickwaren.

Auf dem Branchentag im Vogtland ging es am Montag vor allem um die Entsorgung und das Recycling textiler Abfälle. Zugleich wollte die Firmen beraten, wie sie Nachwuchs gewinnen können. Ein weiteres Thema waren Möglichkeiten einer Kooperation sächsischer Textilfirmen mit potenziellen Partnern in Afrika.