Todesfälle Sachsen-Anhalts Justiz fehlen Anhaltspunkte
Todesfälle Paret und Guerra 1979 in Merseburg: Für die Justiz in Sachsen-Anhalt gibt es keine Anhaltspunkte für Verfälschung der Akten.
Magdeburg l Die Landtagsabgeordneten der Linken, Henriette Quade und Kerstin Eisenreich, stellten eine Kleine Anfrage zu den Geschehnissen am 12. August 1979 in Merseburg. Damals kamen die Kubaner Raúl Garcia Paret und Delfin Guerra zu Tode. Die Landesregierung Sachsen-Anhalt antwortete durch Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) darauf am 22. Juli 2019. Auszüge aus dem Papier.
Zu welchem Ergebnis kam die Staatsanwaltschaft Halle bei der Prüfung des Sachverhalts 2016?
Nach der Prüfung kam die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Mordes zum Nachteil der am 12. August 1979 verstorbenen kubanischen Staatsangehörigen Delfin Guerra und Raúl Gracia Paret aufgrund fehlender zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht in Betracht. Hinsichtlich weiterer Delikte erfolgte angesichts des zwischenzeitlichen Eintritts der Verfolgungsverjährung keine weitere Prüfung.
Wurden im Verlauf des Verfahrens die Unterlagen der Volkspolizei der DDR, die Gerichtsakten (...) und die Stasi-Akten geprüft (...) und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Konnten den Akten Namen von bei dem Tatgeschehen anwesenden Personen ennommen werden?
(...) Bei den 2016 überprüften 3 Konvoluten (Schriftstück-Bündel) handelt es sich nicht um die Originalakten, sondern überwiegend um durch das Ministerium des Innern als zuständige Polizeibehörde, den Staatssicherheitsdienst und die Generalstaatsanwaltschaft der DDR gefertigte Einsatz-, Informations- und Auswertungsberichte, Beratungsprotokolle nebst internen, teils handschriftlichen, Aktenauszügen sowie Gesprächsvermerken. Der Verbleib der Originalakten ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht.
Angesichts der der festgestellten Verfahrenseinstellung (Einstellung durch die Untersuchungsorgane) geht die Staatsanwaltschaft Halle davon aus, dass diese Akten im polizeilichen Zuständigkeitsbereich verblieben und nach Ablauf der hierfür geltenden Aufbewahrungsfristen vernichtet worden sind.
Hinzu kommen Kopien der Vernehmungsprotokolle von zwei kubanischen Staatsangehörigen und handschriftliche Zusammenfassungen der Vernehmungsinhalte von insgesamt 31 Zeugen, die ein übereinstimmendes und schlüssiges Bild des Geschehens geben. (...) Im Zuge der damaligen polizeilichen Ermittlungen (wurden) 23 deutsche und 22 kubanische Staatsangehörige zum Geschehensablauf vernommen (...)
Auch wenn die umfangreichen polizeilichen Ermittlungen 1979 offiziell unter Federführung der Bezirksbehörde der Deutschen Volkpolizei erfolgten und durch den DDR-Staatssicherheitsdienst eng begleitet wurden, konnten bei den überprüften Unterlagen (...) keine Anhaltspunkte für Manipulation des Akteninhalts oder eine Verfälschung des Ermittlungsergebnisses (...) festgestellt werden.
(...) Aus dem gesamten Vorgang ergibt sich, (...) dass zu keiner Zeit von einem Tötungsvorgang oder einer sonstigen Gewalteinwirkung auf die Verstorbenen ausgegangen wurde.
Dies werde auch durch das Ergebnis der rechtsmedizinischen Sektionen getragen, die keinerlei Anhaltspunkte für eine todesursächliche Fremdeinwirkung ergeben haben. Insbesondere seien keine Zeichen einer vor dem Tode stattgefundenen Gewalteinwirkung, die zu einer Bewusstlosigkeit geführt haben könnte, oder vitale (zu Lebzeiten) Verletzungen der Haut festgestellt worden. Für den behaupteten Brückenstoß oder einen Wurf von der Saalebrücke (B 181) ergaben sich aus den Akten ebenfalls keine Anhaltspunkte.
Wurde die Frau ermittelt und vernommen, welche mit einer Glasflasche auf die Flüchtenden geworfen und einen der beiden getroffen hatte und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Die (...) Frau ist aus den Akten des Ministeriums für Staatssicherheit aktenkundig. Ihre neuerliche Vernehmung fand (2016) nicht statt, weil nach den gerichtsmedizinischen Feststellungen die aufgefundenen Leichen unverletzt waren (...)
Wurde nach dem erneuten Bericht des MDR im Jahr 2017 ein Ermittlungsverfahren durch die zuständige Staatsanwaltschaft geführt? Sofern (...) kein Ermittlungsverfahren geführt wurde bzw. wird: Wurde die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geprüft und wenn ja, wann und mit welcher Begründung wurde die Eröffnung des Verfahrens abgelehnt?
Nach dem Fernsehbericht im Jahre 2017 hat die Staatsanwaltschaft Halle unter Hinweis auf fehlende belastbare neue Erkenntnisse keine erneute Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens veranlasst (...)
Welches Tätigwerden der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in den o. g. Fällen ist der Landesregierung bekannt?
Die Beauftragte (...) hielt es (2016) für geboten, die juristische Untersuchung der Todesfälle nachträglich aufzunehmen und die Frage zu klären, ob wegen Mordes mit rassistischem Hintergrund zu ermitteln sei (...)