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Nitratbelastung Trinkwasser ist im Norden top

Sachsen-Anhalt trinkt bestes Wasser, weil Lieferanten aus unbelasteten Quellen schöpfen. Das gilt allerdings nicht überall.

Von Jens Schmidt 07.01.2017, 00:01

Magdeburg l Gut 60 Prozent des Trinkwassers wird in Deutschland aus Grundwasser gewonnen. Der Nitrat-Bericht von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat in dieser Woche daher viele aufgeschreckt: An fast jeder dritten Messstelle in Deutschland wird der Grenzwert für diese Chemikalie überschritten. Als Hauptverursacher gelten Agrarbetriebe, die mit viel Gülle die Äcker düngen.

Auch in Sachsen-Anhalt ist das Grundwasser an einigen Stellen übermäßig belastet – vor allem in der landwirschaftlich stark genutzten Börde. Nitrat verwandelt sich beim Kochen oder Essen zu Nitrit, und das ist vor allem für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich.

Sachsen-Anhalts Verbraucherschutzministerium gibt dennoch Entwarnung. „Unser Trinkwasser ist im grünen Bereich“, sagt Frank Benkwitz. An keinem Wasserwerk wird der Nitrat-Grenzwert überschritten. „Die großen zentralen Versorger haben kein Nitrat-Problem“, sagt der für Gewässerschutz zuständige Beamte.

Das hat vor allem einen Grund. Die Lieferanten schöpfen ihr Wasser aus tiefliegenden, unbelasteten Schichten. Die Trinkwasserversorgung Magdeburg (TWM) etwa pumpt ein Großteil ihres Wassers aus der Colbitz-Letzlinger Heide ins Netz. „Das gehört zu den besten Europas“, sagt Burkhart Henning, Chef des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft (LHW).

Hennings Betrieb überwacht 1200 Grundwasser-Stellen im Land. Ein anderer Großlieferant ist die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz: Das Wasser kommt aus der Rappbode-Talsperre im Harz sowie aus der sächsischen Elbaue. „Auch dort ist alles bestens“, sagt Henning. Hauptgrund: In den Quellgebieten von Heide, Harz oder Fläming gibt es keine intensive Landwirtschaft, das Grundwasser muss nicht aufwändig von Nitrat gereinigt werden, ehe es als Trinkwasser in die Leitungen kommt.

„Wir sind da in einer exklusiven Lage“, sagt Henning. „Das Dünge- und Nitratproblem ist ja nicht neu“, erzählt er. Auch zu DDR-Zeiten wurde kräftig gedüngt, weswegen schon damals begonnen wurde, ein Fernwassersystem aufzubauen. Erhöhte Werte gibt es bei manchen kleineren Brunnen.

In der Region Sangerhausen (Mansfeld-Südharz) liegt die Nitratbelastung in einigen Orten nah am Grenzwert. Die Landwirtschaft der „Goldenen Aue“ ist nicht weit. Jetzt will der Wasserverband schrittweise auf Harz-Fernwasser umstellen. Das Land überwies schon drei Millionen Euro Fördermittel für die Anschlussleitung.

Während das Trinkwasser gut ist, wird der Nitrat-Grenzwert beim Grundwasser an einigen Stellen überschritten. Etwa in der Agrar-Hochburg der Börde. „Das gefährdet zwar nicht das Wasser der fernen Heide“, sagt Henning - „allerdings dringt es in Bäche, Flüsse und Seen.“ Gelangen zu viele Nitrate hinein, wuchern Algen und der gesamte Biohaushalt des Gewässers kann kippen. Bundesumweltministerin Hendricks will daher verschärfte Dünge-Regeln durchsetzen. Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) unterstützt das Vorhaben: „Die Novelle der Düngeverordnung ist dringend notwendig.“

Die heimischen Bauern hören das nicht gern. Der Landesbauernverband warnt: Wenn der ab September gesäte Winterweizen im Herbst nicht mehr gedüngt werden darf, sinkt die Backqualität des Mehls. Der Dünger sorgt für mehr Eiweiß im Weizenmehl, und das ist nötig, damit das Brot die gewünschte Konsistenz bekommt. Die Dänen lockern ihre Düngeregeln wieder, weil es Absatzprobleme gab. Jörg Kamprad, Chef der Agrargenossenschaft Querfurt, hält Sperrzeiten und Obergrenzen für praxisfern. Am 19. Januar berät darüber der Bundestag.