1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Landwirtschaft: Trotz Ukrainekrieg: Bauern in Sachsen-Anhalt müssen auf Russen-Dünger setzen

Landwirtschaft Trotz Ukrainekrieg: Bauern in Sachsen-Anhalt müssen auf Russen-Dünger setzen

Warum die Landwirte in Sachsen-Anhalt oft keine andere Wahl haben.

Von Antonius Wollmann 05.02.2025, 10:34
Philipp Schulze/dpajefmof6i49df269rucdQp4d9jdc Das Jahr ist gerade mal vier Wochen alt, bei vielen Landwirten ist die Stimmung aber – mal wieder – gedrückt. Seit dem Jahreswechsel kennen die Preise für Dünger nur eine Richtung: Steil nach oben. Für Kalkammonsalpeter, ein häufig genutzter Stickstoffdünger, werden laut dem Branchenmagazin „Agraheute“ an den Importhäfen und Großhandelsplätzen knapp 370 Euro je Tonne verlangt. Das sind 23 Euro mehr als Ende Dezember. Um 12 Euro pro Tonne teurer   der Flüssigdünger Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung (AHL).„Das trifft jene hart, die nicht langfristig vorgekauft haben. Ich denke, das ist die Mehrzahl“, sagt Alfons Wolff, Bauer aus Hohenthurm bei Halle und Bundessprecher der Interessenorganisation „Freie Bauern“. Einbußen beim Gewinn seien deshalb  vorprogrammiert, klagt Wolff. Allerdings gibt es auch Branchenvertreter, die die Situation nicht über Gebühr dramatisieren wollen. „Nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges waren die Preise viel höher“, sagt Martin Dippe, Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt.Dass landwirtschaftliche Betriebe derzeit mehr zahlen müssen, liegt an verschiedenen Faktoren.  Da ist zum einen die Jahreszeit. „Nach einer Phase der Kaufzurückhaltung steht die Düngesaison unmittelbar bevor, die Nachfrage zieht also saisonbedingt an“, sagt ein Sprecher des Industrieverbandes Agrar (IVA).Zudem verknappten die europäischen Hersteller im Januar das Angebot, weil sie die Produktion aufgrund hoher Gaspreise drosselten. So stellte SKW Piesteritz, einer der größten deutschen Produzenten,  eine von zwei Ammoniakanlagen für eine unbestimmte Zeit ab. Um noch wirtschaftlich produzieren zu können, drehten die Unternehmen parallel an der Preisschraube.Viele Bauern schauen sich deshalb nach günstigeren Alternativen um. Die stammen meist aus dem  außereuropäischen Ausland. Speziell Russland bietet seine Produkte zu Dumping-Preisen an. Die Einfuhr ist nicht verboten, da der Dünger der Erhaltung der Ernährungssicherheit dient. Der IVA-Sprecher schätzt, dass momentan 20 Prozent des in Deutschland eingesetzten Düngers von dort stammen.Ein Sprecher des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt betont, dass Landwirte  in den seltensten Fällen eine bewusste Kaufentscheidung für russische Erzeugnisse treffen: „Für gewöhnlich ordert ein Betrieb nicht direkt beim Produzenten, sondern beim Agrarhandel oder über deren Onlineplattformen.“ Dort würde die  Qualität des Produkts beschrieben.  „Der Produktionsort ist dagegen  nicht ersichtlich“, so der Sprecher. Europäische Hersteller betrachten diese Entwicklung zunehmend gereizter. Deshalb möchte die Europäische Kommission zukünftig hohe Zölle auf russische Importe erheben. Bei der IVA stößt die Idee auf Zustimmung. „Sie hilft, die Wettbewerbsbedingungen für die einheimischen Produzenten wieder etwas fairer zu gestalten“, sagt der IVA-Sprecher.  Piesteritz begrüßt den Vorschlag ebenfalls, monierte aber gegenüber dem Mediendienst „Table Briefings“, dass er zu spät komme. Bis die Zölle Wirkung entfalteten, würde zu viel Zeit vergehen. Zusätzlich  müsse die Bundesregierung die Industrie entlasten und etwa die Gasspeicherumlage streichen, fordert das Unternehmen. Seite 4
Philipp Schulze/dpajefmof6i49df269rucdQp4d9jdc

Das Jahr ist gerade mal vier Wochen alt, bei vielen Landwirten ist die Stimmung aber – mal wieder – gedrückt. Seit dem Jahreswechsel kennen die Preise für Dünger nur eine Richtung: Steil nach oben. Für Kalkammonsalpeter, ein häufig genutzter Stickstoffdünger, werden laut dem Branchenmagazin „Agraheute“ an den Importhäfen und Großhandelsplätzen knapp 370 Euro je Tonne verlangt. Das sind 23 Euro mehr als Ende Dezember. Um 12 Euro pro Tonne teurer der Flüssigdünger Ammoniumnitrat-Harnstoff-Lösung (AHL).

„Das trifft jene hart, die nicht langfristig vorgekauft haben. Ich denke, das ist die Mehrzahl“, sagt Alfons Wolff, Bauer aus Hohenthurm bei Halle und Bundessprecher der Interessenorganisation „Freie Bauern“. Einbußen beim Gewinn seien deshalb vorprogrammiert, klagt Wolff. Allerdings gibt es auch Branchenvertreter, die die Situation nicht über Gebühr dramatisieren wollen. „Nach dem Ausbruch des Ukrainekrieges waren die Preise viel höher“, sagt Martin Dippe, Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt.

Dass landwirtschaftliche Betriebe derzeit mehr zahlen müssen, liegt an verschiedenen Faktoren. Da ist zum einen die Jahreszeit. „Nach einer Phase der Kaufzurückhaltung steht die Düngesaison unmittelbar bevor, die Nachfrage zieht also saisonbedingt an“, sagt ein Sprecher des Industrieverbandes Agrar (IVA).

Zudem verknappten die europäischen Hersteller im Januar das Angebot, weil sie die Produktion aufgrund hoher Gaspreise drosselten. So stellte SKW Piesteritz, einer der größten deutschen Produzenten, eine von zwei Ammoniakanlagen für eine unbestimmte Zeit ab. Um noch wirtschaftlich produzieren zu können, drehten die Unternehmen parallel an der Preisschraube.

Viele Bauern schauen sich deshalb nach günstigeren Alternativen um. Die stammen meist aus dem außereuropäischen Ausland. Speziell Russland bietet seine Produkte zu Dumping-Preisen an. Die Einfuhr ist nicht verboten, da der Dünger der Erhaltung der Ernährungssicherheit dient. Der IVA-Sprecher schätzt, dass momentan 20 Prozent des in Deutschland eingesetzten Düngers von dort stammen.

Ein Sprecher des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt betont, dass Landwirte in den seltensten Fällen eine bewusste Kaufentscheidung für russische Erzeugnisse treffen: „Für gewöhnlich ordert ein Betrieb nicht direkt beim Produzenten, sondern beim Agrarhandel oder über deren Onlineplattformen.“ Dort würde die Qualität des Produkts beschrieben. „Der Produktionsort ist dagegen nicht ersichtlich“, so der Sprecher.

Europäische Hersteller betrachten diese Entwicklung zunehmend gereizter. Deshalb möchte die Europäische Kommission zukünftig hohe Zölle auf russische Importe erheben. Bei der IVA stößt die Idee auf Zustimmung. „Sie hilft, die Wettbewerbsbedingungen für die einheimischen Produzenten wieder etwas fairer zu gestalten“, sagt der IVA-Sprecher.

Piesteritz begrüßt den Vorschlag ebenfalls, monierte aber gegenüber dem Mediendienst „Table Briefings“, dass er zu spät komme. Bis die Zölle Wirkung entfalteten, würde zu viel Zeit vergehen. Zusätzlich müsse die Bundesregierung die Industrie entlasten und etwa die Gasspeicherumlage streichen, fordert das Unternehmen. Seite 4

dpa