für mehr Sicherheit Plan aus Brüssel: Müssen ältere Autos aus Sachsen-Anhalt bald jährlich zum Tüv?
Die Europäische Kommission bringt neue Regeln für die Verkehrssicherheit auf den Weg. Einer der Vorschläge trifft Besitzer älterer Autos auch in Sachsen-Anhalt. Der ADAC sieht das allerdings kritisch.

Brüssel. - Die EU-Kommission will eine jährliche Pflichtinspektion für Autos einführen, die älter als zehn Jahre sind. Bevor diese Vorgabe in Kraft treten kann, müssen auch das Europaparlament und die EU-Staaten dem Vorschlag zustimmen. Davon sind auch viele ältere Autos in Sachsen-Anhalt betroffen.
Darum sind die meisten Pkws in Sachsen-Anhalt älter als zehn Jahre
"Das durchschnittliche Alter der in Sachsen-Anhalt zugelassenen Pkw liegt im Jahr 2025 bei über zehn Jahren. Zum Vergleich: 2014 betrug das Durchschnittsalter noch 8,8 Jahre", so ADAC-Sprecherin Sarah Kaiser.
In Sachsen-Anhalt würden Fahrzeuge länger genutzt als noch vor ein paar Jahren, denn eine Neuanschaffung sei zu teuer, die Preise seien allgemein gestiegen, es gebe wirtschaftliche Unsicherheiten sowie eine geringere Nachfrage nach Elektroautos. Autobesitzer würden lieber in Reparatur und Wartung investieren.
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Sachsen-Anhalt hinke außerdem bei der Elektromobilität im Vergleich zu den anderen Bundesländern hinterher, was als zusätzliches Kriterium in Bezug auf die vielen älteren Autos hinzugezogen werden müsse.
ADAC aus Sachsen-Anhalt sieht jährliche Tüv-Inspektionen kritisch
"Die Überarbeitung der Richtlinie 2014/45/EU sieht auch die Überprüfung der Prüffristen der einzelnen Fahrzeugklassen vor. Die Vorschläge der EU-Kommission, eine jährliche Pflichtinspektion für Autos einzuführen, die älter als 10 Jahre sind, hält der ADAC nicht für notwendig", teilt Sarah Kaiser vom ADAC auf Anfrage mit.
Aus Sicht des ADAC sei eine weitere Verschärfung der Prüfintervalle, insbesondere in Deutschland, nicht angemessen.
"Der Umfang der Hauptuntersuchung wurde bereits in den letzten Jahren aufgrund der komplexeren Fahrzeuge deutlich erweitert. Ein engerer Turnus ist aus Sicht der Fahrzeugtechnik nicht notwendig und belastet Verbraucher zusätzlich", so Kaiser weiter.
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Auch aus dem EU-Parlament kommen bereits kritische Reaktionen. "Es droht viel zusätzlicher bürokratischer Aufwand. Eine jährliche Überprüfungsfrist für ältere Fahrzeuge treibt die Kosten für Autobesitzer in die Höhe", teilte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber mit.
Man werde sich die Regelungen genau ansehen, kündigte er an. Der AfD-Abgeordnete Siegbert Droese sieht den Vorschlag als einen "Angriff auf die Freiheit".
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) teilte mit: "Die Forderung nach einer jährlichen Pflichtinspektion für ältere Autos ist ein Negativbeispiel, wie die EU die Menschen mit Bürokratie überhäuft." Die Forderung sei unverhältnismäßig.
EU-Kommission hofft auf weniger Verkehrstote
"Die EU ist fest entschlossen, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten bis 2030 um 50 Prozent zu senken", sagte EU-hingegen Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas. Der Vorschlag der Kommission ziele auf unsichere Fahrzeuge ab, die zu Unfällen, Todesfällen und Verletzungen beitrügen, teilte die Behörde mit.
Neben häufigeren Inspektionen schlägt die Kommission unter anderem auch vor, dass Kilometerstände in nationalen Datenbanken erfasst werden sollen. Zudem sind neue Tests für elektronische Sicherheitssysteme sowie neue Prüfverfahren für Emissionen Teil der Vorschläge.
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Ziel der häufigeren Inspektionen ist es den Angaben nach, die Zahl der Verkehrsunfälle und der Unfallopfer zu senken. Die Kommission rechnet damit, dass die Einführung jährlicher Prüfungen von Pkw und Kleintransportern zu einem Prozent weniger Verkehrstoten und Verletzten führt.
Ältere Fahrzeuge seien pannenanfälliger, zudem hätten Studien gezeigt, dass sie häufiger in Unfälle verwickelt seien und einen höheren Anteil an Fahrzeugen mit hohem Schadstoffausstoß hätten, so die Brüsseler Behörde weiter.
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"Da Autos für den weitaus größten Teil der Todesfälle verantwortlich sind, und selbst wenn technische Defekte nur einen relativ geringen Anteil an den Unfallursachen ausmachen, kann die jährliche Inspektion älterer Autos einen erheblichen Unterschied machen. Dies gilt insbesondere für die Sicherheit."
In Deutschland findet die Hauptuntersuchung grundsätzlich alle zwei Jahre statt
In Deutschland müssen Fahrzeuge in der Regel alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung, unabhängig davon, wie alt das Fahrzeug ist. Für Neuwagen steht die erste Inspektion erst nach 36 Monaten an.
Wer die Frist für den Termin verpasst und sich nicht rechtzeitig eine neue Tüv-Plakette abholt, muss im Fall einer Fahrzeugkontrolle mit einem Bußgeld rechnen. In vielen EU-Staaten müssen ältere Autos bereits jährlich zur Inspektion.
Die Mängelquote bei Hauptuntersuchungen (HU) steigt bei Autos mit dem Alter stark an, wie auch Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes belegen. Bei Autos im Alter von drei bis fünf Jahren - also typischerweise bei der ersten Hauptuntersuchung - kamen 2023 knapp 94 Prozent ohne Mängel durch die HU.
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Bei Autos im Alter von sieben bis neun Jahren waren es nur noch 77 Prozent und bei Autos über neun Jahren - eine genauere Unterteilung gibt es über dieser Marke nicht mehr - nur noch 54 Prozent.
In dieser obersten Altersklasse finden die Prüfer den Angaben nach im Schnitt bei mehr als jedem vierten Auto mindestens erhebliche Mängel. Knapp ein Prozent hatte dort sogar gefährliche Mängel oder war gar verkehrsunsicher. Das ist ein mehrfaches der Werte aus den jüngeren Altersgruppen.
2023 wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland knapp 22 Millionen Pkw zur Hauptuntersuchung vorgeführt. Mehr als die Hälfte war über neun Jahre alt. Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor.