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TV-Serie Der Harzer Panzer-Clan auf DMAX

Mario Tänzer aus Benneckenstein hat sich DDR-Fahrzeugen verschrieben. Seine Leidenschaft hat ihm eine eigene TV-Serie bei DMAX beschert.

17.09.2019, 23:01

Benneckenstein l Mario Tänzer nimmt zwei große, gekonnte Schritte hinauf zum Stahlkoloss und setzt sich auf die Kanone des Panzers T55. Ein Bein schwingt in der Luft, Hände auf den Knien. Fotopose. Anweisungen? Überflüssig. „Das kenne ich schon von den Drehs“, sagt Tänzer so uneitel wie nur irgendwie möglich für einen Mann, der bei DMAX seit drei Wochen eine eigene TV-Serie hat. „Roter Stahl – Der Panzer-Clan.“ Ein für die Zielgruppe wohl angemessen männlicher, tv-gerechter Name eben. Die Etikette muss stimmen. Für den Inhalt sorgen Tänzer, seine Familie sowie Mechaniker Marcel König. Das Team hat sich der Erhaltung von Technik aus dem ehemaligen Ostblock verschrieben. Antriebsmotor: Tänzers Leidenschaft für „die monströse Technik“, wie er sagt. Im Ostdeutschen Fahrzeug- und Industriemuseum können DDR-Nostalgiker zwischen Trabant, Simson und ehemaliger Original-Campingausstattung wandern. Der Außenbereich ist ein Fuhrpark, der 13 Panzer beherbergt, fünf Militärlaster und andere Stahlkolosse.

Die Entstehung dieser bundesweit bekannten Sammlung ehemaliger DDR-Technik ist eng mit Tänzers eigener Geschichte verbunden. Bereits als Fünfjähriger war er fasziniert von der Schmalspurbahn, die hinter dem Elternhaus in Benneckenstein fuhr. „Ich habe meinem Papa gesagt, dass ich unbedingt so eine haben will.“ Und Tänzer ließ nicht locker. Schon damals nicht. „Nun frag doch mal, Papa, los.“ Irgendwann merkte dann auch der Fünfjährige, dass das mit einer eigenen Dampflok nichts wird. Was aber auch bald kein Thema mehr war, denn der junge Tänzer und seine Kumpels entdeckten die drei ausgemusterten Panzer der sowjetischen Armee, die in Tanne auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz ihr Dasein fristeten.

Als die dann 1993 weggeräumt wurden, „brach für mich schon eine Welt zusammen“, sagt Tänzer, der als junger Erwachsener begann, mit Oldtimer-Teilen zu handeln. Auf einer Veranstaltung in Perleberg traf er einen Mann, der selbst einen Panzer besaß. „Von da an war klar, ich werde irgendwann mal einen Panzer kaufen“, sagt der gelernte Kfz-Mechaniker. „Das war einfach klar, davon hätte mich niemand abbringen können.“ Der 37-Jährige guckt auf den Boden, seine Arme verleihen diesen Worten mit Auf- und Ab-Bewegungen Nachdruck. Entschlossenheit.

Die spürt man im Gespräch mit Tänzer. Sensibilität auch. Wenn er von seiner Panzer-Leidenschaft spricht, stellt er gedanklich oft ein Stopp-Schild auf – ohne es zu merken. Es äußert sich am Ende seiner Ausführungen in Nebensätzen wie „..., aber es geht uns um die Technik, wir sind fasziniert von der Technik dahinter“. Hier steht kein Militärfanatiker, will er sagen. Krieg, Gewalt, diese Assoziationen, die beim Anblick der einschüchternd großen Kampffahrzeuge naheliegen – die weist er weit von sich. Weiter als nötig. Denn wer Tänzer kennenlernt, dem sind diese Assoziationen fern.

Doch viele seiner Besucher sehen eben erst einmal nur rostige, riesige Stahlketten, Kanonen. Eine Nonne, die einen Mann aus einer Erziehungsanstalt dabei hatte, war mal bei ihm zu Gast. „Die hat gleich losgepoltert, war voreingenommen. Es war schnell klar, dass sie unserer Panzerfahrschule skeptisch gegenüber steht.“ Tänzer schüttelt den Kopf, ringt sich dann aber ein kleines Lachen ab. „Tja, und dann ist sie mitgefahren und meinte danach ‚Darf ich auch mal‘?“ Des Öfteren würden Schulklassen zu ihm kommen. „Da gehört aber auch immer dazu, ihnen anschließend zu erklären, worum es hier geht“, betont der zweifache Familienvater. Wieder. Wenn dann, wie kürzlich, eine Klasse bei ihm zu Gast ist und ein Junge müsse seinen Schulkameraden beim Panzerfahren zuschauen, weil dessen Mama keine Erlaubnis erteilt hat, „dann tut mir das schon weh und ich kann es nur schwer nachvollziehen“.

Das sind zwar Ausnahmen. Doch seine Technik-Leidenschaft nur in die Nähe von Militär-Fanatismus zu rücken, das ärgert Tänzer. Und so prallt auch diese immer wieder auftretende Kritik nicht einfach an ihm ab. Dabei ist die Panzer-Fahrschule nur ein Baustein dieser beeindruckenden Sammlung rund um den ehemaligen VEB-Betrieb in Benneckenstein. Das detailgetreu dekorierte Fahrzeug- und Industriemuseum birgt Oldtimer, alte Camper und andere DDR-Relikte. „Das hier ist das Werk meiner Familie“, sagt Tänzer, der immer wieder betont, wie wichtig die Mitarbeit seiner Lebensgefährtin Nicole Schumann und seiner Eltern ist.

Eine Frau, die diese Leidenschaft nicht mitträgt? „Das wäre kaum vorstellbar“, sagt er ohne zu zögern. Das Hobby zum Beruf machen, das bedeutet eben vor allem: viel Zeit investieren.

In der ersten Folge sieht der Zuschauer, wie Schritt für Schritt eine der neuesten Errungenschaften Tänzers zusammengebaut wird: die Brockenkuppel. Ein aus 58 Beton-Elementen bestehender historischer Schatz. Er stand zu DDR-Zeiten auf dem Brockenplateau, aus ihrem Inneren heraus lauschte die Stasi in den Westen.

Im TV sieht der Zuschauer, wie Tänzer und König – angemessen skurril – die bis zu 225 Kilogramm schweren Elemente mit Mini-Schraubzwingen am Kran hochheben und an ihren Platz befördern. Ein Mammutprojekt.

Entdeckt hat es Tänzer auf einem Schrottplatz bei Hannover. Ähnlich zufällig kam sein neuester Coup zustande: ein U-Boot-Turm. Gefunden bei einer Kleinanzeige im Netz. Der Turm stand gar nicht zum Verkauf, sondern ein Panzer. „Und auf einmal zoome ich ran und sehe da irgendwie verpixelt in der Ecke so etwas, das aussah wie ein U-Boot“, sagt Tänzer. Er hält jetzt sein imaginäres Handy in der Hand und tut so, als würde er auf seinem Display Daumen und Mittelfinger langsam auseinanderziehen, heranzoomen. Kopf zur Seite geneigt. Freches Grinsen. „Na das gucke ich mir doch mal genauer an, dachte ich mir“, erinnert sich Tänzer, der keine Berührungsängste mit Fremden hat, der sich, selbst wenn er wollte, gar nicht verstellen könnte. Dafür sind seine Antworten zu schnell. Nicht unüberlegt, aber eben auch nicht kalkuliert. Authentisch. Perfekte Voraussetzungen also für eine Serie, die auf starke Protagonisten setzt.

Mittlerweile wissen Tänzer und seine Familie, worauf es beim Dreh ankommt. Ob in „Alarm für Cobra 11“, bei „Galileo“ oder im Musikvideo von Nick P. – die Stätte alter DDR-Relikte hat es in TV-Deutschland bereits weit gebracht. Irgendwann kam eine junge Regisseurin von N24 vorbei, wollte verschiedene Panzer europaweit vorstellen. „Das fand die hier einfach cool und sie meinte dann, das hat hier Potenzial für eine Serie.“ Gesagt, getan. Die gedrehte Pilot-Serie kam gut an, DMAX kaufte das Paket „Harzer Panzer-Clan“. Bereits bei der Ausstrahlung der zweiten Serie lagen die Einschaltquoten mit 2,7 Prozent deutlich über dem DMAX-Durchschnitt (1,9 %).

Wenige Meter vom U-Boot-Turm entfernt, steht ein Kampfjet MiG-21, ein Flugzeug aus der ehemaligen Sowjetunion. Per Spezialtransport wurde die Maschine aus Zentralpolen in den Nordharz gebracht. Doch ein wenig Platz ist da noch auf dem großen Außengelände hier in Benneckenstein. Und das ist auch gut so. Weshalb will Tänzer nicht verraten, nur so viel: „Wir haben da etwas sehr Großes in Planung.“