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Abwanderung Uni-Absolventen auf dem Sprung

Kein Land wirkt auf Hochschulabsolventen so unattraktiv wie Sachsen-Anhalt - das hat eine Studie ergeben.

Von Hagen Eichler 08.02.2016, 21:00

Magdeburg l Deutschlandweit haben Experten der Universität Maastricht Studenten gefragt, in welchem Bundesland sie gern arbeiten würden. Auftraggeber war die Kölner Zeitarbeitsfirma Studitemps. Das Ergebnis: Auf die größte Akademikerabwanderung muss sich Sachsen-Anhalt einstellen. Zu- und Wegzugswünsche ergeben unter dem Strich ein Minus von 70 Prozent. „Darüber müssen sich die Wirtschaft, das Land und die Kommunen dringend Gedanken machen“, mahnt Studitemps-Sprecher Stephan Hartmann.

25.000 Studenten haben sich nach Studitemps-Angaben an der Befragung beteiligt – „das ist repräsentativ“, betont Hartmann. Allerdings: Vorgesetzt bekamen den Online-Fragebogen ausschließlich jene, die bei Studitemps angemeldet sind, die also nach einem Job suchen oder einmal gesucht haben. Gefragt wird zudem ausschließlich nach dem Wunsch – so mancher mag von München träumen, steigt dann aber doch bei einer Firma in der Nachbarschaft ein.

Die Hochschulen gehen daher von einer höheren Bleibe-Quote aus. Die Hochschule Magdeburg-Stendal befragt dazu ihre Absolventen und stellte 2013 fest: Anderthalb Jahre nach dem Examen arbeiteten 51 Prozent der Ehemaligen noch in Sachsen-Anhalt.

Höheres Gehalt, Aufstiegschancen – das sind Gründe, die für den Wegzug sprechen. Thomas Baier studiert an der Uni Magdeburg Digital Engineering, er ist gebürtiger Magdeburger und hängt an Freunden und Familie. „Aber ich möchte einen Job, der mir die Möglichkeit gibt, ausreichend Geld zu verdienen“, sagt er. Auslandsaufenthalte und Karrierechancen seien ebenfalls wichtig.

Mancher ändert seine Meinung im Laufe des Studiums. Laura Tolle kommt aus dem Rheinland, an der Uni studiert sie Lehramt für berufsbildende Schulen. „Anfangs war ich in Magdeburg gar nicht glücklich. Es gibt eine offene Naziszene, die im Westen eher verborgen bleibt“, sagt sie. Auch heruntergekommene Schulgebäude bemängelt sie. Dennoch: Weil sie mittlerweile viele nette Menschen kennengelernt hat, will sie bleiben. „Das Gehalt hat für mich nicht die erste Priorität.“

Am geringsten ist der Wunsch nach Wegzug bei Studenten mit eigener Familie. Veronika Utzig kam nach der Ausbildung in Hannover und dem Studienbeginn in Sachsen ins heimische Magdeburg zurück – die Stadt sei vorbildlich familienfreundlich, findet sie.

Uni-Rektor Jens Strackeljan kennt die besonders begehrten Absolventen, die sofort von den großen Unternehmen eingestellt werden. „Die Maschinenbauer frage ich jedes Jahr zur Zeugnisübergabe, wie viele im Land bleiben“, sagte er. Das Ergebnis: 30 oder 40 Prozent – die Mehrheit geht. Er sieht die Uni in der Verantwortung, Studenten und regionale Unternehmen besser in Kontakt zu bringen und Bindungen zu erzeugen. „Aber das Entscheidende ist eine Wirtschaft, die unsere Absolventen auch aufnehmen kann“, sagt Strackeljan.

Viele Studenten wüssten gar nicht, welche Chancen sie in Sachsen-Anhalt hätten, sagt Martin Hummelt, der die Magdeburger Jobmesse „hierbleiben“ organisiert. Viele Mittelständler bräuchten dringend Akademiker, um neue Märkte zu erobern. Die Nachwuchswerbung sei oft mangelhaft, bedauert Hummelt. „Aber wer hier bleibt, der merkt: Nirgends kommt man so schnell in Verantwortung wie in Sachsen-Anhalt.“