Gewitter Unwetter tobt über Sachsen-Anhalt
Mit Spitzen von 100 km/h hat eine Gewitterfront in Sachsen-Anhalt für Chaos mit Schwerverletzten, Stromausfall und Überschwemmung gesorgt.
Magdeburg l Es ist gegen 14.30 Uhr, als der Katastrophenwarndienst „Nina“ per App vor schwerem Unwetter warnt. Nur wenige Minuten später fegt der Sturm mit Windspitzen um 100 Stundenkilometern und Hagelschauern über das nördliche Sachsen-Anhalt hinweg. Am schwersten betroffen sind die südliche Altmark, die Börde, das Jerichower Land, Magdeburg und die Region Zerbst. An den Messstationen Ummendorf, Seehausen und Magdeburg registriert der Deutsche Wetterdienst Windspitzen um 100 km/h. In Schackensleben (Börde) fallen in nur 20 Minuten etwa 25 Liter Regen pro Quadratmeter, so Sebastian Manns vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig.
Der Sturm lässt Äste und Bäume wie Streichhölzer umknicken. Stromleitungen werden gekappt oder es gibt Kurzschlüsse vor allem im Mittelspannungsnetz (20 kV). „Wir haben Ausfälle im gesamten nördlichen Sachsen-Anhalt mit Tausenden betroffenen Kunden“, sagt Avacon-Sprecherin Corinna Hinkel. Einige Bereiche erhalten nach kurzer Zeit wieder Strom, andere müssen auf die Reparaturtrupps warten. Schwerpunkte sind die Regionen Wolmirstedt und Zerbst.
Auch in Magdeburg kommt es zu diversen Stromausfällen so SWM-Sprecherin Cornelia Kolberg. Der Grund sind auch hier umgekippte Strommasten und beschädigte Oberleitungen. Bei der Bahn dreht sich nach dem Sturm zeitweise kein Rad mehr. Störungen gibt es unter anderem auf den Strecken Magdeburg-Berlin, Stendal-Wolfsburg, Stendal-Tangermünde und Haldensleben-Oebisfelde. „Dort sind Äste zum Teil auf die Strecke und die Oberleitung gestürzt“, sagt Bundespolizeisprecherin Chris Kurpiers.
Auf der Strecke zwischen Wittenberg und Coswig sorgt ein durch herabfallende Äste hervorgerufener Lichtbogen für einen Brand. In den Notrufzentralen der Polizei und Feuerwehren gehen derart viele Meldungen ein, dass sie zwischenzeitlich nur eingeschränkt erreichbar sind und es längere Wartezeiten gibt. Polizeisprecher Mike von Hoff: „In nur vier Stunden haben wir 900 Notrufe entgegengenommen. Normalerweise erreichen uns in acht Stunden 250.“ Etwa 450-mal sei allein die Polizei ausgerückt.
Das Unwetter sorgt in Magdeburg für mehr als 100 Feuerwehr-Einsätze. Die Anlagen des Zoos sind nach dem Sturm so verwüstet, dass dieser am Freitag in jedem Fall geschlossen bleiben wird. Voraussichtlich kann der Zoo auch am Wochenende noch nicht wieder seine Tore öffnen, erklärte Zoodirektor Kai Perret. Im Stadtteil Rothensee kippt ein Lkw um, der Fahrer wird schwer verletzt.
Besonders betroffen ist auch die Region Zerbst. Die Ortsfeuerwehren sind im Dauereinsatz. Zu den Dörfern, die es besonders schwer trifft, gehört Töppel. Dort fegt eine größere Windhose durch und deckt Dächer ab, drückt Wände ein, wirbelt Gegenstände durch die Luft und schiebt Autos mehrere Meter weit.
In Gommern knickt der Sturm die Kirchturmspitze ab. In Wüstenjerichow (Jerichower Land) durchschlägt ein Ast die Frontscheibe eines Autos. Aber auch in Genthin und Möser werden Autos und Häuser beschädigt. Im Landkreis Salzwedel stürzen Bäume auf Gartenlauben und den Spielplatz einer Kindertagesstätte. Ein Lkw kippt in Letzlingen um, der Fahrer wird leicht verletzt. In Haldensleben, Wolmirstedt und Calvörde laufen die Gullys über und es kommt zu Überschwemmungen. Autos werden unter Bäumen begraben.
Zwei Menschen kommen deutschlandweit bei dem Unwetter ums Leben. Der 50-Jährige ist in der Nähe von Uelzen in Niedersachsen in einem Auto von einem umstürzenden Baum erschlagen worden. Eine 83-Jährige fuhr mit ihrem Auto gegen einen umgestürzten Baum. Beinahe alle ICE-Strecken im Norden sind zeitweise lahmgelegt.