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GETEC-Chef Gerhold: "Eine Lawine ist über uns hinweggefegt" Viele Vorwürfe und ein entlastendes Gutachten

Von Michael Bock 03.04.2013, 03:18

Magdeburg l Der 12. Juni 2012 ist der Familie Gerhold in schlechter Erinnerung. Als Tochter Franziska an diesem Tag um 8.30 Uhr die Haustür öffnete, begehrten gleich 15 Polizisten Einlass. Sie nahmen alles mit, was ihnen wichtig erschien: Aktenordner, elektronisch gespeicherte Daten - aber auch private Fotoalben, selbst Kinderzeichnungen.

Zeitgleich durchsuchten insgesamt 120 Beamte die Firmenzentralen der DB Energie in Frankfurt/Main und der GETEC in Magdeburg. Die Ermittlungen richteten sich allen voran gegen Karl Gerhold (62). Der GETEC-Vorstandschef ist einer der prominentesten Wirtschaftsvertreter Sachsen-Anhalts. Anfang der 90er Jahre war er Chef der Staatskanzlei, danach baute er mit der GETEC ein erfolgreiches Unternehmen auf.

2011 gerieten er und sein Unternehmen ins Visier der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main - Korruptionsverdacht. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, in den Durchsuchungsbeschlüssen seien Anhaltspunkte genannt worden, die seinerzeit den Verdacht belegt hätten: das starke Wachstum der GETEC in den letzten Jahren; dass die Beschuldigten der GETEC die Beschuldigten der DB Energie seit Jahren kannten; dass Angebote entgegen bahninterner und gesetzlicher Vorschriften nicht in geschlossenem Umschlag übergeben worden seien; dass Angebote überwiegend per FAX in letzter Minute eingegangen seien; dass Verträge zwischen GETEC und DB Energie nur in der internen Datenbank einer bestimmten Abteilung der DB Energie abgelegt waren und deshalb keine Rechnungskontrolle möglich gewesen sei.

Auch eine Preisanpassungsformel erregte den Argwohn der Fahnder. Ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft "Ernst Young" belegte später, dass alles seine Richtigkeit hatte. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte gestern, die Expertise habe ergeben, dass Änderungen der Arbeitspreisformel marktüblich gewesen seien: "Die Gutachter stellten zweifelsfrei fest, dass damit nur eine Anpassung an die steigenden Energiekosten erfolgt und der DB Energie dadurch kein Schaden entstanden war."

Gerhold, der auch CDU-Landesschatzmeister ist, steht mit weißer Weste da - den Schaden hat er dennoch. Er spricht von "massiven negativen Auswirkungen". Manche Partner hätten "sehr verunsichert" reagiert. Gerhold: "In einigen Fällen sind wir aus Verfahren herausgeflogen, ohne dass man uns genau gesagt hat, woran es lag." Aber: "Insbesondere unsere Bestandskunden haben uneingeschränkt zu uns gestanden." Gerhold rügte die Staatsanwaltschaft: "Nachdem mit der öffentlichen Begleitmusik diese Lawine über uns hinweggefegt ist, passierte lange Zeit nichts. Das Ganze wurde eher bürokratisch behandelt."