Urteil Wahlfälscher in Halle verurteilt
2014 versagte in einem Wahllokal in Halle eine ganze Helfergruppe bei der Auszählung. Jetzt wurde der Wahlvorstand verurteilt.
Halle l Nicht nur in Stendal, sondern auch in Halle gab es im Jahr 2014 eine Wahlmanipulation: Das Amtsgericht Halle hat am Mittwoch einen 75-jährigen Mann verurteilt. Manfred D. muss wegen Wahlfälschung bei der Europawahl eine Geldstrafe in Höhe von 7500 Euro zahlen. Richter Werner Budtke sagte: „Die Regeln waren Ihnen scheißegal.“ Gegen das Urteil kann noch Berufung oder Revision eingelegt werden.
Manfred D. räumte während des Prozesses ein, dass ihm die Wahlvorschriften zur Europawahl nicht bekannt waren. In die Unterlagen mit den entsprechenden Paragrafen habe er nicht einmal reingeschaut, bestätigte der Angeklagte.
Er war dafür verantwortlich, dass bei der Wahl am 25. Mai 2014 in seinem Wahllokal in Halle-Neustadt 101 Stimmen zu viel ausgewiesen wurden. Das Ergebnis war später von der Stadt bei einer Nachzählung berichtigt worden. So wurden nur 372 – und nicht wie von Manfred D. behauptet 473 – Wählerstimmen abgegeben. Das Ergebnis der Linken musste um 94 Stimmen von 221 auf 125 nach unten korrigiert werden. Bei der CDU meldete er vier Stimmen zu viel, bei der SPD eine.
Trotz des Hinweises eines Wahlhelfers auf die Ungereimtheiten bei den Zahlen setzte Manfred D. bei der Auszählung durch, dass keine weitere Kontrolle stattfand. Noch schlimmer: Als Wahlvorstand forderte er alle Helfer sogar auf, bereits vor 18 Uhr das Protokoll zu unterzeichnen. „Er sagte, dann können wir am Abend schneller nach Hause gehen“, so eine Zeugin vor Gericht. Das Abstimmungsergebnis trug der Angeklagte später allein ein. Wie es genau zur Erfassung der falschen Werte kam, kann heute nicht mehr aufgeklärt werden. Klar ist jedoch: Mit einer zweiten Kontrollzählung hätte der Fehler vermieden werden können.
„Diese Verstöße sind eklatant“, sagte Staatsanwalt Peter Hübner in seinem Plädoyer. „Der Angeklagte nahm billigend in Kauf, dass es zu den falschen Ergebnissen kam.“
Eine vorsätzliche Manipulation stritt Manfred D. ab. Er sprach von einem „Fehler“. „Ich bin Sozialdemokrat. So bekloppt kann ich doch gar nicht sein, dass ich eine Wahlfälschung zugunsten der Partei vornehme, die ich nicht leiden kann“, sagte er mit Blick auf die Linken-Stimmen.
Manfred D. galt eigentlich als erfahrener Wahlvorstand. Nach eigenen Angaben hat er in den vergangenen Jahrzehnten diverse Auszählungen begleitet. Dass der frühere Versicherungskaufmann das Protokoll von den Wahlhelfern bereits unterzeichnen ließ, während das Wahllokal noch geöffnet war, und bei der Eintragung der Ergebnisse auch gegen das Vieraugenprinzip verstieß, brachte ihm scharfe Kritik von Richter Budtke ein. „Ich fasse mich an den Kopf!“, sagte er verärgert.
Doch der Angeklagte setzte noch einen drauf. „Das mache ich seit Jahren so“, sagte er mit Blick auf frühere Wahlen, die er einst in Nordrhein-Westfalen begleitet hat. Wenn es Unregelmäßigkeiten gegeben habe, hätte er die Ergebnisse eigenhändig begradigt, so Manfred D.
„Man kann doch so nicht mit Gesetzen umgehen, schon gar nicht bei Wahlen!“, entrüstete sich der Richter in der Urteilsbegründung und rügte das fehlende Unrechtsbewusstsein des Angeklagten. „Wer bewusst über Unstimmigkeiten hinweggeht, nimmt eine Fälschung billigend in Kauf.“
Budtke kritisierte außerdem, dass nur einer der Wahlhelfer intervenierte und die auffälligen Zahlen von den anderen sieben nicht hinterfragt worden seien. „Man müsste eigentlich noch überprüfen, ob die sich nicht auch noch strafbar gemacht haben, indem sie das Protokoll vor 18 Uhr unterschrieben haben.“