Abgeordnetenwatch Warum die Bundestagsabgeordnete Steffi Lemke aus Sachsen-Anhalt Antworten schuldig bleibt
Das unabhängige Internetportal Abgeordnetenwatch hat bewertet, wie Bundestagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt auf Bürgeranfragen reagieren. Eine Politikerin schneidet dabei besonders schlecht ab.
Magdeburg - Der Transparenz-Lobbyverein prüft für alle Bundestagsabgeordneten, wie sie mit Bürgeranfragen umgehen, die auf dem Portal abgeordnetenwatch.de gestellt. Der aktuelle Check sieht so aus: Von den 18 Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt reagierten 14 Parlamentarier vorbildlich: Sie beantworteten jede Frage und erhielten das Prädikat „hervorragend“.
Drei Abgeordnete ignorierten Fragen auf dem Portal. Dieter Stier (CDU), Robert Farle (parteilos) und Steffi Lemke (Grüne). Sie ist seit Dezember 2021 auch Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Der Dessauerin wurden die mit Abstand meisten Fragen gestellt – 54 an der Zahl. Beantwortet wurden: null. Damit belegt Lemke den letzten Platz im Ranking. Wie bewertet sie das?
„Es trifft zu, dass wir als Abgeordnetenbüro von Steffi Lemke diesen Kanal als Kontaktmöglichkeit auch weiterhin nicht anbieten“, teilte Lemkes Büroleiter Krister-Benjamin Schramm gestern auf Volksstimme-Anfrage mit. Auf dem Portal selbst habe Steffi Lemke den Grund dafür auch transparent dargestellt. „Der Kontakt und Austausch mit den Menschen in meinem Wahlkreis ist mir sehr wichtig“, steht dort. Selbstverständlich würden Bürgeranfragen, die sie per E-Mail erreichten, beantwortet. Jedoch über andere Kanäle als abgeordnetenwatch.de. Etwa über Lemkes Team im Regionalbüro in Magdeburg und im Abgeordnetenbüro in Berlin.
Zudem bestehe auch noch die Möglichkeit der Kommunikation über das Kontaktformular des Deutschen Bundestages. „Aufgrund dieser direkten Kontaktmöglichkeit habe ich mich gegen den Austausch über eine Vermittlungsinstanz wie beispielsweise abgeordnetenwatch.de entschieden“, so Lemke.
Schlecht schneidet bei abgeordnetenwatch.de auch Franziska Kersten ab. Neun Fragen, nur zwei Antworten. „Der Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis ist mir extrem wichtig“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete der Volksstimme. „Deshalb befinde ich mich gerade auf einer dreiwöchigen Sommertour mit dem Fahrrad durch die Börde und das Jerichower Land und treffe jeden Tag Menschen in Vereinen, Unternehmen und einfach am Straßenrand.“
Bei Abgeordnetenwatch habe sie bis vor einiger Zeit darum gebeten, „dass die Fragenden mir ihr Anliegen noch einmal persönlich an meine Mail-Adresse schreiben. Ich wollte einen direkteren Kontakt als den auf einer externen Online-Plattform. Ich habe dann per Mail geantwortet oder manchmal auch direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern angerufen.“
Ihre Bitte um eine Nachricht per Mail werde von Abgeordnetenwatch jedoch nicht als Antwort gezählt, daher das Ranking-Ergebnis. Anfang dieses Jahres habe sie beschlossen, direkt auf Abgeordnetenwatch zu antworten, damit mehrere Personen von der Antwort profitieren könnten: „Ich kann Ihnen garantieren, dass bei mir kein Bürgerbrief aus meinem Wahlkreis unbeantwortet geblieben ist oder bleiben wird.“
Seit Beginn der Legislaturperiode im September 2021 wurden den Bundestagsabgeordneten aus Sachsen-Anhalt 230 Fragen auf abgeordnetenwatch.de gestellt, von denen sie 163 beantworteten. Die Antwortquote liegt damit bei durchschnittlich 71 Prozent. 2022 betrug sie noch bei deutlich schlechtere 59 Prozent. Musterschüler sind Jan Korte (Linke) und Tino Sorge (CDU). Sie teilen sich mit jeweils 22 Fragen von Bürgern und genauso vielen Antworten Platz eins. Bestnoten auch für Petra Sitte (Linke, 19 beantwortete Fragen) und Karamba Diaby (SPD, 15 beantwortete Fragen).
Zu hundert Prozent reagierten zudem folgende Bundestagsabgeordneten auf Bürgerfragen: Heike Brehmer (CDU), Martin Kröber (SPD), Kay-Uwe Ziegler (AfD), Marcus Faber (FDP), Katrin Budde (SPD), Sepp Müller (CDU), Herbert Wollmann (SPD), Ingo Bothke (FDP), Martin Reichardt (AfD) und Jan Wenzel Schmidt (AfD).
Der Transparenzverein Abgeordnetenwatch versteht sich als direkter Draht von Bürgern zu ihren Abgeordneten und Kandidierenden: „Mit unserem Frageportal schaffen wir einen öffentlichen Dialog und Transparenz. Dabei sorgen wir für eine Verbindlichkeit in den Aussagen der Politiker, da ihre Positionen auch Jahre später noch nachlesbar sind.“
Übrigens: Die Volksstimme wollte auch von den Bundestagsabgeordneten Dieter Stier und Robert Farle wissen, warum sie bei abgeordnetenwatch.de überhaupt nicht auf Bürgerfragen antworten. Die Volksstimme bekam darauf: keine Antwort.