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Heiko Schrader vom Merino-Herdbuchzuchtverein aus Heimburg ist Schäfer aus Leidenschaft Wenn jeder Tag mit einem Lächeln beginnt

Heiko Schrader hat noch zu DDR-Zeiten den auch im Harz traditionellen
Beruf des Schäfers erlernt. Heute ist er wieder in diesem Beruf tätig.
Mit romantischen Vorstellungen hat das Schäferleben heutzutage kaum noch
etwas zu tun. Es ist harte Arbeit, wenn Schrader zeitgleich für drei
Herden verantwortlich ist.

Von Uljana Klein 14.09.2013, 01:10

Heimburg/Blankenburg. Wild läuft Schäferhündin "Erna" den Berg im Blankenburger Thie-Park zu "ihren" Schafen hinauf, während "Kessy" es deutlich ruhiger angehen lässt. "Erna merkt genau, wenn ich mal kurz nicht aufpasse", kommentiert Heiko Schrader. Gemeinsam mit den Hunden manövriert der erfahrene Schäfer seine Herde an die passende Weidestelle für den Tag. Laut ruft er: "Komm, Liese komm." Gleich darauf spricht er zu den 240 Schafen: "So, Kinder, jetzt gehen wir mal an die Arbeit." Mit Argusaugen hat Heiko Schrader alles im Blick. "Meine Hunde sind die besten Mitarbeiter, die ich habe", betont Schrader. Die altdeutsche Schäferhündin Kessy (12) und ihre erst dreijährige Tochter Erna sind seine treuen Begleiter. Die drei sind ein eingespieltes Team.

Bei Wind und Wetter ist Heiko Schrader mit seinen Schafen im Harz unterwegs. Schon in seiner Kindheit war er häufig in der Landwirtschaft auf Achse. "Seit ich sechs bin, wollte ich Schäfer werden", erinnert er sich. Drei Schafherden betreut der 46-Jährige aktuell. Schrader muss sich seinen Tag gut einteilen. Das Tagespensum ist straff. Da bleiben für jede Schafherde rund zwei, drei Stunden Zeit am Tag.

"Ob meine Freunde mit einem Lächeln zur Arbeit fahren, weiß ich nicht."

"Ich bin zufrieden mit meinem Leben so wie es ist", sagt der Harzer. Es ist vor allem die Freiheit draußen in der Natur, die Heiko Schrader an seinem Beruf schätzen gelernt hat. "Ich habe hier eine andere Art von Stress", fügt er hinzu. Und erzählt, dass er Freunde hat, die sehr gut bezahlte Industrie-Jobs haben und weiß Gott mehr Geld verdienen als er. "Aber ob die mit einem Lächeln zur Arbeit fahren, weiß ich nicht."

Nach der Wende, als die LPG, in der Heiko Schrader arbeitete, abgewickelt wurde, hat der Mann seinen Lebensunterhalt zunächst auf dem Bau verdient. "Ich habe noch eine Ausbildung zum Dachdecker gemacht und war dann oft auf Montage unterwegs", erzählt er. Dann packte er aber die Gelegenheit beim Schopf und nahm das Angebot seines heutigen Arbeitgebers an, um in seinen Wunschberuf zurückzukehren: der Verein mit dem langen Namen Merino-Herdbuchtzucht Heimburg 1861 Landschaftspflege Harz e.V..

"Den Computerquatsch nimmt mir meine Chefin ab."

Das Berufsbild des Schäfers habe sich mit den Jahren deutlich gewandelt, so Schrader. "Heute muss auch ein Schäfer viel Schreibarbeit verrichten, aber den Computerquatsch nimmt mir meine Chefin ab", erzählt er lachend. Heiko Schrader ist hart im Nehmen. Tag und Nacht ist er für seine Herden in Bereitschaft. Es komme schon mal vor, dass nachts die Polizei anrufe, weil irgendwo ein Loch im Zaun war und die Schafe frei umher irren, berichtet der Schäfer. "Klar habe ich dabei dann auch schon böse Überraschungen erlebt." 90 Prozent dieser Fälle seien jedoch nicht durch Wild oder herunterfallende Äste verursacht, sondern durch unachtsame Menschen. Das ärgert ihn: "Der Mensch ist komisch geworden." Und er ergänzt, dass die Leute oft unvernünftig seien, gerade wenn Hundebesitzer ihre Vierbeiner frei laufen lassen und es dann nicht schafften, ihre Hunde rechtzeitig "einzufangen".

Vor allem an den Wochenenden wird Heiko Schrader viel von seiner Frau Ines begleitet. Die 50-Jährige hat ansonsten einen Bürojob. "Wenn meine Familie nicht hinter mir stehen würde, ginge das alles nicht", sagt Schrader. Bei speziellen Aufgaben wie der Wurmkur packt neben Schraders Gattin auch der Sohn mit an.

Trotz des harten Jobs genießt Schrader auch seine Freizeit: "Ich habe ein schönes Zuhause und fahre gerne in den Urlaub." Dann hört er oft Musik von Bob Dylan. Und denkt an die abgelegene Ranch in Kanada, wo er zusammen mit seiner Frau vor Jahren eine Woche gearbeitet hat. "Wir hätten da bleiben können. Die Frage ist nur, ob wir mit der Einsamkeit dort ewig zurechtgekommen wären."