Wett-Affäre Ex-Lottochefs doch ohne Abfindung?
Gegen die Ex-Lottochefs wird ein Ordnungsverfahren eingeleitet. Jetzt steht eine hohe Abfindung auf dem Spiel.
Magdeburg l Die Spielaufsicht des Innenministeriums will gegen die Lotto-Führung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten. Grund für das Verfahren: Erhebliche Pflichtverletzungen. Die beiden Lotto-Chefs sind zwar schon entlassen, verhandeln aber noch um eine Abfindung. Das dürfte nun schwieriger werden. Zwei wichtige Prüfberichte liegen jetzt dem Lotto-Untersuchungsausschuss des Landtags vor. Einer stammt aus der Feder der Spielaufsicht des Innenministeriums, ein weiterer vom Wirtschaftsprüfer KPMG.
Sie belasten die ehemaligen Lotto-Geschäftsführer Maren Sieb und Ralf von Einem schwer. Beide wurden zwar am 17. September entlassen; die Berichte dürften aber die laufenden Verhandlungen beeinflussen. Derzeit stehen Abfindungen in Höhe eines Jahresgehalts in Rede: Das wären bei Sieb etwa 170.000 und bei von Einem rund 130.000 Euro. Beide hatten noch Verträge bis 2022.
Grund der Prüfungen: In Zerbst hatte sich 2017 eine Spielergruppe gebildet, die organisiert Millionen bei der Sportwette Oddset gesetzt hat. Die Truppe räumte 2017 und 2018 gut 3,4 Millionen Euro ab und verbuchte einen Reingewinn von etwa 400.000 Euro. Dies ging zu Lasten der Quoten anderer Spieler in der gesamten Bundesrepublik. Im Zentrum der Zocker stand eine Lottoverkaufsstellenleiterin. Obgleich Lottochefs die Vorgänge kannten, ließen sie die Spielaufsicht im Innenministerium darüber im Dunkeln.
Erst nach Geldwäsche-Ermittlungen beantragte Lotto im Oktober 2018 bei der Aufsicht ein strengeres Einsatzlimit von 4000 Euro je Spieler - verschwieg aber die Hintergründe. Die Spielaufseher zürnen, dass Lotto die Aufsicht „de facto wissentlich desinformiert hat“. Dies sei besonders verwerflich, da es sich bei Lotto um ein Landesunternehmen handelt.
Die Sache ans Licht brachte 2019 erst eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Häppchenweise erfuhr nun auch die Aufsicht vom Treiben in Zerbst. Fazit der Aufsicht: Lotto hat die Verpflichtungen zur Sportwetten-Konzession verletzt, das Vertrauen sei aufgebraucht. „Es ist ein Ordnungswidrigkeitsverfahren nach Glücksspielgesetz einzuleiten.“
Durchleuchtet wurde Lotto auch von KPMG-Wirtschaftsprüfern. Resultat: Acht schwerste Mängel mit hohem Risiko für Manipulation und Ansehensverlust. KPMG rät, eine unabhängige Unternehmenskontrolle (Compliance) zu installieren sowie die Bezirksleiter-Struktur neu zu ordnen. Denn: Bezirksleiter verdienen mit, wenn Umsätze steigen - das schmälert ihr Kontroll-Interesse.
Siehe Zerbst: Der zuständige Bezirkschef hatte zwar mit seiner Verkäuferin gesprochen, aber nichts Auffälliges entdeckt. Warum auch: Er steigerte auch dank der Zocker allein 2018 sein Jahressalär um 19 Prozent auf fast 339.000 Euro. KPMG empfiehlt den Einsatz von Kontroll-Testspielern.