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Wetter Schlimmste Dürre seit 55 Jahren

In Sachsen-Anhalt liegt der Weizenertrag ein Fünftel unter dem des Vorjahres. Die Landwirtschaft stöhnt unter der Trockenheit.

Von Bernd Kaufholz 06.07.2018, 01:01

Magdeburg l Die Ernte 2018 wird für seinen Betrieb eine der schlechtesten der vergangenen Jahre. Das ist für den Leiter der Agrar GmbH Wolmirstedt, Tom Borchert, jetzt schon traurige Gewissheit. „Weizen: 30 Prozent weniger, Gerste bis zu 25 Prozent, Raps und Mais knapp ein Drittel unter dem Vorjahr“, zählt er auf. Der Boden reißt auf, so trocken ist es. Der Mais steht niedrig, die Kolben sind klein. Alles in allem mindestens eine viertelmillion Euro Verlust.

Der Bauernverband spricht bereits von „desaströsen Erträgen“ nach einem trockenen, langen Winter und Temperaturen, die nach Ostern schlagartig angestiegen, ohne, dass nennenswerte Niederschläge fielen.

Das bestätigen die Agrar-Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes. Im Juni war Sachsen-Anhalt das trockenste aller Bundesländer. Lediglich 15 Liter Regen pro Quadratmeter wurden aufgezeichnet. Der niedrigste Wert seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881. Meteorologe Hans Schmidt charakterisiert die vergangenen Wochen als „schlimmste Trockenperiode seit 55 Jahren“.

Der Fachausschuss Pflanzenproduktion des Bauernverbandes wird konkret: Rapsschoten, die nur schlecht gefüllt sind, Ähren, die spärlich oder gar nicht ausgebildet sind. Der Weizenertrag fällt mit 62 Dezitonnen pro Hektar – etwa einen Zweiachs-Kipper voll – um 20 Prozent niedriger aus, als 2017. Beim Roggen sieht es mit 34 Dezitonnen noch schlechter aus. Etwas weniger Verlust gibt es bei Roggen mit 15 Prozent weniger Ertrag. „Die Rapserträge werden selbst das schlechte Vorjahr nicht erreichen“, so der Bauernverband. Vorsichtige Schätzungen liegen bei einem Minus von 30 Prozent.

Betriebsleiter Tom Borchert erinnert sich an den 1. Juni 2013. „Da kam das Wasser und 400 Hektar wurden überflutet. 70 bis 100 Prozent der Ernte waren hin.“ Allerdings seien die finanziellen Auswirkungen vor fünf Jahren durch die „Hochwasserhilfe“ etwas abgefedert worden. „Damit können wir diesmal wohl nicht rechnen“, so der 30-Jährige.

Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert (Grüne) hat allerdings mitgeteilt, „alle notwendigen Maßnahmen“ zu ergreifen, um die Landwirte des Landes „in der aktuellen Dürresituation bestmöglich zu unterstützen“. Dalbert habe „Finanzminister André Schröder (CDU) darauf hingewiesen, die Situation der Bauern angemessen zu berücksichtigen“. Schröder hat reagiert. Die Finanzämter können fällige Steuern stunden oder Vorauszahlungen anpassen.

Außerdem hat Dalbert die Landwirtschaftliche Rentenbank gebeten, dass Programm zur Liquiditätssicherung für betroffene Betriebe zu öffnen. Dadurch haben Landwirte, die einen Ergebnisrückgang von mindestens 30 Prozent nachweisen können, die Möglichkeit über ihre Hausbank zinsgünstige Darlehen von der Rentenbank zu erhalten.

Die Linken gehen noch einen Schritt weiter und fordern, dass den Bauern auf landeseigenen Flächen die Pacht gänzlich erlassen werden sollte.

„Wir sind drei Wochen zu früh mit der Wintergerste und schon fast durch mit ihr“, sagt Landwirt Borchert. Das Wort „Noternte“ für manche Kulturen und Felder geistert durch die Betriebe. Anstatt der Ruhepause von etwa zwei Wochen sei man fast parallel im Raps, um zu retten, was noch zu retten ist.