Wissenschaft Forscherin will Pelargonien schöner machen
Pelargonien, oft Geranien genannt, gehören zu den beliebtesten Zierpflanzen. Eine Forscherin in Quedlinburg will sie vielfältiger machen.
Quedlinburg l Sylvia Plaschil reibt das grüne Blatt zwischen Daumen und Zeigefinger und präsentiert strahlend den üppigen Zitronenduft. Das Blatt stammt von einer Pflanze, die hier im Gewächshaus gut 2,50 Meter hoch gewachsen ist. Es ist eine Pelargonie, den meisten Menschen als Geranie bekannt. "Wenn man das mit großer Blüte und kompaktem Wuchs züchten könnte...", deutet die Forscherin des Julius Kühn-Instituts in Quedlinburg eine Idee an.
Hier am Rande des Harzes, in Laboren, Klimakammern und Gewächshäusern des Bundesforschungsinstituts für Kulturpflanzen schafft Plaschil die Grundlagen für neue Züchtungen. Sie forsche vor allem für Zierpflanzenzüchter, sagt die Wissenschaftlerin. "Es geht darum, dass die Firmen in Deutschland besser aufgestellt sind." Sie brauchen das Wissen um die Pflanzen und die neuen Methoden in der Züchtung. "Wir selbst züchten nicht."
Wer an Geranien denkt, denkt zumeist an eine rot blühende Balkonpflanze, hängend oder stehend. Dabei gibt es ganz verschiedene Arten der aus Südafrika stammenden Pflanze – weit mehr als das, was Gartencenter gemeinhin so anbieten. Gartenbauingenieurin Plaschil kennt die ganze Vielfalt der Pelargonien – viele stehen bei ihr in Quedlinburg in einer Sammlung, die noch dieses Jahr Bestandteil der Deutschen Gendatenbank Zierpflanzen wird.
Ungefähr 280 Arten gibt es mit unterschiedlichen Blüten, Blättern, Größen, Resistenzen und Bedürfnissen. Das Problem bei den bekannten Pelargonien: "Ihre genetische Vielfalt ist eingeschränkt, weil nur wenige Wildformen in die Züchtung eingegangen sind."
Biologische Barrieren verhindern bislang viele Kreuzungen. "Wir wollen frisches Blut mit anderen Eigenschaften ins Zuchtmaterial einbringen", sagt die 50-Jährige. Plaschil ist dabei, Barrieren einzureißen – dazu muss sie an das Erbgut. Hier im Julius Kühn-Institut, das 2018 sein zehnjähriges Gründungsjubiläum am Standort begeht, sind die Voraussetzungen dafür gut. Moderne Apparaturen ermöglichen ihr das experimentelle Arbeiten auf der Suche nach Kreuzungen mit neuen Farben, Blüten- und Blattformen.
In großen Klimakammern mit Kunstlicht und bei 20 bis 24 Grad gedeihen die kleinen Sprossen – erst als Zellklumpen in flachen Petrischalen, später in Gläschen – die wenigsten schaffen es auf ein Substrat und bis in die Gewächshäuser. Einer der wichtigen Schritte ist, wenn sich die Pflanzen selbst versorgen müssen über ihre Wurzeln.
Wie viel Aufwand Plaschil für die Pelargonien betreibt, zeigt ein Beispiel: Sie kreuzte eine Wildart und eine Kulturpflanze. Aus 91 unreif geernteten Früchten erhielt sie 222 Samen aus denen sie wiederum 110 Pflanzen-Embryos herauspräparierte, die in vitro kultiviert wurden. "Daraus entwickelten sich fünf bis zu einer Gewächshauspflanze." Die Erfolgsquote ist nicht sehr hoch, sagt Plaschil. Es lohnt sich aus ihrer Sicht aber trotzdem – schließlich habe sie Pflanzen, mit denen sie weiter kreuzen könne.
Züchtungserfolge sieht die Wissenschaftlerin aber auch schon, wenn sie auf das Pelargonien-Angebot in den Gartencentern schaut. Die Sortengruppen seien heute vielfältiger, die Pflanzen hätten vollere und größere Blüten mit größerem Farbspektrum. Aber nicht nur ums Aussehen, das natürlich wichtig für den Verkauf der beliebten Zierpflanzen ist, gehe es – auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten sei für eine nachhaltige Produktion wichtig. "Wenn ein paar Pflanzen auf dem privaten Balkon eingehen, ist das nicht schön, für einen Jungpflanzenproduzenten mit mehreren Gewächshäusern ist so ein Krankheitsausbruch jedoch verheerend."
Wie wichtig die Branche ist, zeigen Umsatzzahlen. Nach Angaben der europäischen Geranien-Züchter lagen die Pflanzen in der Top-Ten-Liste der beliebtesten Beet- und Balkonpflanzen auf Platz 2. Die Deutschen hätten 2016 für etwa 110 Millionen Euro Geranien gekauft. Zunehmend seien sie nicht mehr nur eine Saisonbepflanzung, sondern würden mehr und mehr auch im Sommer gekauft und eingepflanzt. "Rot ist weiterhin die wichtigste Farbe", hieß es zu den Trends. Zweifarbige Sorten und Lachsrosa seien im Kommen, und auch Pink steige stark an.