Amerikalinie Zurück zur Zweigleisigkeit
Bis 2028 wird die Bahnlinie zwischen Stendal und Uelzen ausgebaut. Anwohner fürchten Lärm und lange Schrankenschließzeiten.
Magdeburg l Eine Zeitlang wird es wieder etwas ruhiger auf der Baustelle im „Ostkorridor Nord“, zu der auch ein Teil der „Amerikalinie“ gehört. Auf Abschnitten bei Salzwedel und Brunau ist das zweite Gleis verlegt. Jetzt laufen die Planungen für die nächste Bauphase. Ab 2025 soll es weiter gehen. Der zweigleisige Ausbau der Bahnstrecke von Stendal bis nach Uelzen ist das größte Bahnbauprojekt in Sachsen-Anhalt. Die Strecke ist Teil des Ostkorridors von Regensburg bis Hamburg. Die Bahn will die Kapazitäten für den Güterverkehr erhöhen und die Anbindung an die norddeutschen Häfen verbessern.
Die Linie hat eine lange Geschichte. 1873 eingeweiht, nutzten viele Auswanderer die Züge bis nach Bremerhaven. Von dort gingen die Schiffe in die USA - daher auch der Name „Amerikalinie“. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der deutschen Teilung wurde die Strecke unterbrochen. Große Teile des zweiten Gleises wurden abgebaut. 1999 wurde die Lücke zwischen Ost und West wieder geschlossen - allerdings zunächst nur eingleisig. Nun kommen die Zweitgleise zurück.
Die Baustufe 1 ist seit dem vergangenen Jahr größtenteils abgeschlossen. Die Abschnitte Hohenwulsch ‒ Brunau–Packebusch sowie Rademin ‒ Salzwedel wurden erweitert und in Betrieb genommen. Baustufe 2 mit den Abschnitten Hohenwulsch – Steinfeld - Stendal und dem weitaus längeren Teilstück zwischen Salzwedel und dem Uelzener Ortsteil Veerßen befindet sich jetzt in der Planung. Der Baustart ist für 2025 angesetzt. Ab 2028 sollen die Züge rollen.
Mit dem Ausbau verändern sich auch Fahrpläne. So werden einige Haltestellen geschlossen. In Meßdorf hält schon seit 2017 kein Zug mehr, in Steinfeld halten sie nur noch bis 2025. Kläden war eine Weile lang auch gefährdet, konnte aber erhalten werden. An den übrigen Haltepunkten kann es zu Sperrungen kommen.
Ist die Strecke fertig, gibt es an den Übergängen längere Wartezeiten. Wegen des höheren Verkehrsaufkommens sind die Schranken mitunter 30 Minuten pro Stunde geschlossen. Fahren mehr Züge, steigt auch der Lärmpegel für die Anwohner.
Der Lärm und die langen Wartzeiten an der Schranke sind auch immer wieder Thema bei den Informationsveranstaltungen, zu denen die Deutsche Bahn regelmäßig die Anwohner einlädt. Erst vergangene Woche endete wieder eine Info-„Saison“. Die Bahn sagt zu, den Lärmpegel zu senken. Sie ist dazu auch gezwungen, da ab 2020 das Schienenlärmschutzgesetz gilt. Das verbietet zu laute Güterwagen. Die Grenzwerte sollen unter anderem durch geschliffene Schienen und sogenannte „Flüsterbremsen“ eingehalten werden, die durch Verbundstoffe leiser sind als die herkömmlichen. Außerdem sollen Lärmschutzwände in nahe gelegenen Ortschaften für Ruhe sorgen - da, wo es ein Gutachten für nötig befindet. Überall dort, wo keine Wände aufgestellt werden können, haben Einwohner die Möglichkeit, passiven Lärmschutz wie etwa Spezialfenster zu beantragen.
Ein weiteres Ärgernis sind die langen Wartezeiten an den Schranken. Die halten Autofahrer auf, behindern den landwirtschaftlichen Verkehr und werden sogar gefährlich, wenn etwa Rettungsfahrzeuge nicht weiterkommen. Eine perfekte Lösung hat die Bahn nicht parat. An manchen Orten ließe sich eine Straßen-Umgehung bauen, sagte Projektleiter Andreas Hartwig. Dies würde aber nur in ausgewählten Fällen passieren und würde zusätzliche Kosten verursachen. Die Bahn investiert in den nördlichen Ostkorridor 330 Millionen Euro.
Die Finanzierung sorgt ebenfalls für Streit in den Kommunen. Denn für die Erneuerung der Bahnübergänge müssen auch die Gemeinden Geld hinblättern - so schreibt es das Gesetz vor. Die Kosten haben sich seit Projektstart schon mehr als vervierfacht. Salzwedel hatte dafür ursprünglich eine Abschlagszahlung ausgemacht, bei der sie auch Zugriff auf Fördermittel gehabt hätte. Die Bahn lehnte diese Zahlmodus jedoch ab. Nun hat die Stadt das Unternehmen verklagt.