Streitthemen Das große Geld - Warum in der Tennis-Szene Aufruhr herrscht
Die Top-Tennisprofis fordern höhere Preisgelder bei den Grand-Slam-Turnieren. Es ist das nächste Aufreger-Thema der Szene.

Stuttgart - In München strahlt der deutsche Topstar Alexander Zverev mit Luxuswagen und Siegerscheck. In Stuttgart rollt die lettische Power-Frau Jelena Ostapenko mit dem Siegerauto über den Centre Court. Es sind glanzvolle Bilder, mit denen sich die Szene in den vergangenen Tagen präsentiert. Und die nicht erahnen lassen, dass im Tennis-Zirkus mächtig Aufruhr herrscht. Thema ist ein Streit um das große Geld.
Wie die französische „L'Équipe“ kürzlich berichtete, haben sich Vertreter der Topspielerinnen und Topspieler der Damen- und Herren-Weltrangliste in einem Brief an die vier Grand-Slam-Turniere gewandt. Sie sollen eine erhebliche Preisgeld-Erhöhung von den Organisatoren der Australian Open, der French Open, Wimbledon und der US Open fordern.
Sabalenka: „Wir bringen die Show“
Sie stehe hinter dieser Forderung, erklärte die Weltranglisten-Erste Aryna Sabalenka in Stuttgart. „Ich denke, wir verdienen es, einen etwas größeren Anteil zu bekommen“, sagte die 26-Jährige aus Belarus. „Ich denke, wir alle, die Spitzenspieler, alle Spieler, wir bringen die Show. Ich denke, wir verdienen es, ein bisschen mehr bezahlt zu werden.“
Es ist das nächste große Streit-Thema im Tennis. Erst kurz zuvor hatte die von Superstar Novak Djokovic mitgegründete Spielergewerkschaft PTPA schwere Vorwürfe gegen die führenden Tennis-Organisationen aufgeworfen und weltweit rechtliche Schritte initiiert. Einer der zentralen Beschwerde-Punkte ist die zu hohe Belastung.
Markige Worte stoßen auf Kritik: „Tennis ist kaputt“
„Tennis ist kaputt“, sagte PTPA-Generaldirektor Ahmad Nassar mit markigen Worten. „Hinter der glamourösen Fassade, mit der die Angeklagten werben, sind die Spieler in einem unfairen System gefangen, das ihr Talent ausbeutet, ihre Einnahmen drückt und ihre Gesundheit und Sicherheit gefährdet.“
Auch wenn sich einige Stars von der Spieler-Gewerkschaft distanzieren und heftige Kritik an der Klage aufkam - für Unruhe sorgt das Thema dennoch.
„Ich habe mit der PTPA nichts zu tun. Aber natürlich ist es ein Thema. Die ATP hat ein Riesenverfahren am Hals hängen“, sagte Zverev über die Profiorganisation der Herren, die ATP. „Es wird ein Riesenthema bleiben, bis das Verfahren beendet ist, und wer weiß, wie lange das dauert.“
Ist die Forderung berechtigt?
Dass die Saison zu lang ist, hat auch Zverev schon nachvollziehbar beklagt. Gerade das Preisgeld-Streitthema aber mag irritieren. Immer wieder geben die Grand-Slam-Events bekannt, dass die Preisgelder ansteigen und sie neue Rekorde damit aufstellen.
Die Profis argumentieren, ihr Anteil am Umsatz der Grand-Slam-Großereignisse sei zu gering. Bei den US Open zum Beispiel beläuft sich der Umsatz auf über 500 Millionen US-Dollar, das Preisgeld für die Spieler auf 75 Millionen.
„Wenn wir Tennis mit den anderen Sportarten vergleichen, dann ist der Unterschied im Prozentsatz, den wir im Vergleich zur NHL oder NBA und den anderen Sportarten erhalten, enorm“, sagte Sabalenka. „Ich würde sagen, dass wir definitiv einen höheren Prozentsatz verdienen.“
Gauff ist Topverdienerin im Sport
Bei den Australian Open Ende Januar strichen die Champions Jannik Sinner und Madison Keys jeweils Prämien in Höhe von umgerechnet 2,11 Millionen Euro ein. Die Erstrunden-Verlierer reisten mit mehr als 70.000 Euro ab. Besonders im Frauensport sind die Verdienste im Tennis außergewöhnlich.
2024 waren in der Top Ten der Forbes-Liste der am besten verdienenden Sportlerinnen gleich sieben Tennisspielerinnen vertreten. Die US-Amerikanerin Coco Gauff führte das Ranking vor der Polin Iga Swiatek an. Von einer gleichen Bezahlung sind die Damen bis auf bei den Grand-Slam-Turnieren aber auch im Tennis noch weit entfernt.
So wurden in München an Zverev umgerechnet mehr als 400.000 Euro und damit mehr als Dreifache als an Ostapenko als Gewinnerin in Stuttgart ausgeschüttet (rund 125.000 Euro). Dabei zählen beide Turniere zur 500er-Kategorie.
Für Profis der hinteren Reihe finanziell schwer
Auch diese Unterschiede seien ein wichtiger Aspekt, meint Jule Niemeier. Die Dortmunderin hofft, „dass das Preisgeld nicht nur erhöht wird, sondern dass es gleichmäßiger verteilt“ werde. „Ich glaube, dass die Topspieler sehr, sehr viel Geld verdienen, das steht außer Frage“, sagte die 25-Jährige.
Profis der zweiten Reihe und die, die gerade ebenso in die Qualifikation zu den Grand-Slam-Turnieren rücken, hätten es schwer. Es sei sehr schwierig, „mit einem wirklichen Plus rauszugehen“, erklärte Niemeier. „Weil man natürlich auch ein professionelles Umfeld haben möchte, man mit einem Trainer reisen will, man vielleicht hier und da mal einen Physiotherapeuten mitnehmen möchte“, zählte sie auf, „weil das Spiel immer intensiver wird und das geht nur, wenn das Preisgeld erhöht wird“.