Biathlon-WM Mit letzter Kraft ins Ziel: Biathleten feiern WM-Bronze
Das Highlight der Biathlon-Saison beginnt. Und die Deutschen stehen gleich im ersten Rennen auf dem Podest. Auch, weil ein Joker sticht.
![Die deutsche Mannschaft feiert den gelungenen WM-Auftakt.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/12/feda9435-971a-4a8e-bb31-b2659376f3e8.jpeg?w=1024&auto=format)
Lenzerheide - Mit Bronze um den Hals und einer großen Deutschland-Fahne in den Händen feierte das Biathlon-Team den Traumstart in die Weltmeisterschaft. Beim Fotoshooting vor dem herrlichen Bergpanorama in Lenzerheide war zu spüren, wie viel Druck nach dem Ende des Medaillenfluchs von Franziska Preuß und Co. gleich nach der ersten von zwölf WM-Entscheidungen abfiel. „Wir waren schon lange nicht mehr auf dem Podium in der Mixedstaffel, deswegen wissen wir das alle schon sehr zu schätzen“, sagte die 30-jährige Preuß nach dem glänzenden Auftakt in der Schweiz.
Mit allerletzter Kraft hatte sich Justus Strelow in einem packenden Rennen des gemischten Quartetts ins Ziel geschleppt und den dritten Rang gerade so gerettet. Es war die erste Medaille in diesem Wettbewerb seit sechs Jahren, nach der im Team auch ein paar Freudentränen flossen. „Die Schlussrunde hat richtig weh getan. Das wünsche ich niemandem, dass er das erleben muss“, sagte der Sachse Strelow, der einige Minuten brauchte, bis er wieder bei Kräften war.
Die Lust auf mehr Medaillen wächst
Gemeinsam mit Preuß, Selina Grotian und Philipp Nawrath musste Strelow Tschechien am Ende zwar noch vorbeiziehen lassen, das spielte aber kaum eine Rolle. „Wir haben jetzt schon die erste Medaille eingefahren, das ist immer gut fürs Team. Es werden Medaillen von uns erwartet - und wir haben geliefert. Hoffentlich können wir noch ein paar mehr einsammeln“, sagte Strelow.
„Die Medaille ist viel wert, weil so viele Teams darum kämpfen“, sagte Preuß. Und es war ein Taktikpoker, der am Ende aufging. Denn noch nie war der eigentliche Startläufer Strelow, der läuferisch nicht zu den Besten gehört, als Letzter ins Rennen gegangen. „Ich hatte noch nie so weiche Knie schon beim Einlaufen. Ich war extrem aufgeregt“, sagte der 28-Jährige.
Am Ende wehrte er beim überlegenen Sieg von Titelverteidiger Frankreich Norwegens heranstürmenden Superstar Johannes Thingnes Bö um 2,7 Sekunden ab. Nach 4x6 Kilometern hatte das DSV-Team nach elf Nachladern 1:18,4 Minuten Rückstand auf die Sieger. Zuletzt hatten am 7. März 2019 Vanessa Hinz, Denise Herrmann-Wick, Arnd Peiffer und Benedikt Doll, die alle nicht mehr aktiv sind, in Östersund Silber geholt.
Zittern bis zum Schluss
Nach Strelows letztem Schießen lagen sich die Deutschen schon jubelnd in den Armen. Doch dann wurde es ein richtiger Krimi. Zunächst musste Strelow, der mit seinen schnellen Schießeinlagen von 18 und 19 Sekunden den Grundstein für den Erfolg legte, Tschechien ziehen lassen. Und dann stürmten Norwegen und Schweden heran. „Wahnsinn, wie Justus das gemacht hat“, sagte Nawrath, der gerade so eine Strafrunde vermieden hatte. Für den Bayern war es einen Tag vor seinem 32. Geburtstag das wohl schönste vorzeitige Geschenk.
Bundestrainer drückt die Daumen
Ein Glücksbringer könnte auch Bundestrainer Julian Nagelsmann gewesen sein, der wie die Fußball-Stars Manuel Neuer und Thomas Müller dem Team in einer Videogrußbotschaft viel Glück gewünscht hatte. „Meine Mutter ist Biathlon-vernarrt, ich schaue es auch sehr viel. Und ich möchte, dass sie gut gelaunt ist. Gebt Gas“, sagte Biathlon-Fan Nagelsmann.
Und auch das Material passte bei deutlichen Plusgraden und einer dadurch immer tiefer werdenden Loipe. Bei der vergangenen WM in Nove Mesto waren die bei solchen Bedingungen damals nicht konkurrenzfähigen Skier noch das alles überlagernde Thema gewesen. Da hatte es im Mixed nur zu Rang fünf gereicht.
Franzosen sind eine Klasse für sich
Vor 7500 Zuschauern in der Roland Arena im Kanton Graubünden auf gut 1400 Metern Höhe brauchte Grotian insgesamt vier Nachlader. „Ich hatte schon den ganzen Tag Kopfweh. Es tut mir wahnsinnig leid fürs Team, dass ich da nicht sauber durchgekommen ist“, sagte die 20-Jährige, die dennoch die schnellste Startläuferin war und am Ende ihre zweite WM-Medaille bejubelte.
Sie schickte Preuß mit 19,6 Sekunden Rückstand hinter Spitzenreiter Frankreich ins Rennen. Während ihre Dauerrivalin Lou Jeanmonnot den Favoriten schon vorentscheidend auf Siegkurs brachte, musste Preuß zweimal nachladen. Zwar wuchs der Rückstand auf 55 Sekunden an, aber das DSV-Team war klar auf Medaillenkurs. „Es war extrem hart heute, es war nicht ganz das Gelbe vom Ei“, sagte Preuß, die in allen Einzelrennen zu den Favoritinnen gehört und am Freitag im Sprint um Gold kämpfen will.
Nawrath wackelte beim Stehendschießen. „Gott sei Dank habe ich die Strafrunde vermieden, das war das absolut Wichtigste“, sagte er. So ging es für Strelow im Kampf um Silber und Bronze in einen Dreikampf am Schießstand mit Italien und Tschechien. Und der Sachse holte alles aus sich raus und wurde mit seinem Team belohnt.