Neuer Fußballchef bei Red Bull Rose, Talente, Proteste: Klopps Baustellen im RB-Kosmos
Am ersten Tag des neuen Jahres tritt Jürgen Klopp offiziell seinen Dienst als globaler Fußballchef von Red Bull an. Involviert ist er längst, die Aufgabe ist äußerst anspruchsvoll.
Leipzig - Ob Skispaß in Vorarlberg oder die Geburtstagsparty eines bekannten Bierbrauers in München: Jürgen Klopp genoss die letzten Tage seiner Auszeit. Am Sonntagabend witzelte er auf der Party eines Sponsors noch über „Blechdosen“, am Mittwoch tritt der 57-Jährige offiziell seinen neuen Job als globaler Fußballchef bei Red Bull an. Doch was macht Klopp da eigentlich genau und wird er nicht ohnehin bald Leipzig-Trainer?
„Komplexe Aufgabe“: Warnung vom Vorgänger
Geht es um Jürgen Klopps neuen Job, weiß Ralf Rangnick, wovon er redet. „Ich hatte ja eineinhalb Jahre das Amt inne. Ich weiß, dass es eine sehr spannende, anspruchsvolle und komplexe Aufgabe sein kann, die aber auch sehr zeitintensiv ist“, sagte der Architekt des RB-Fußballs. Er habe damals die Kaderplanung der Clubs in Brasilien, New York und Leipzig begleitet.
Doch Klopps Aufgabe wird noch intensiver. Er soll das strauchelnde Erfolgsmodell auf eine neue Stufe heben, soll als eine Art Rangnick 2.0 der Mastermind hinter der RB-DNA werden. Klopp soll seine Fußball-Philosophie in den RB-Kosmos implementieren.
Dem Menschenfänger Klopp kann diese anspruchsvolle Aufgabe gelingen. Laut seines einstigen Wegbegleiters Jörg Schmadtke schafft es Klopp, einzigartige Atmosphären zu schaffen: „Er lässt Dinge im Alltag zu, ohne die Kontrolle zu verlieren, und kann seine Begeisterung für den Fußball vermitteln. Wenn er in einen Raum mit fünf mittelmäßig gelaunten Menschen kommt und diesen nach zehn Minuten wieder verlässt, sind die Leute besser drauf als zuvor.“
Alles nur Marketing?
Die Verpflichtung von Klopp war zweifelsohne nicht nur ein fußballerisches Meisterstück. Red Bull verkauft etwa zwölf Milliarden Dosen pro Jahr und damit auch immer ein Lebensgefühl. Da passt Klopp als Über-Sympathieträger bestens hinein. Der Marketing-Effekt ist dennoch eher Beifang des Deals.
Klopp spielt gern mit den Auswirkungen des Red-Bull-Deals auf seinen Ruf. Auf dem 85. Geburtstag des Münchner Bierbrauers Werner Brombach nannte er am Sonntagabend die dort spielende Band „Blechblos'n“ erst „Blechdosen“ und meinte laut „Bild“ dann: „Als ich mich für Red Bull entschieden habe, haben die Leute gesagt, ich hätte meinen Ruf total ruiniert. Ich mache heute Abend noch ein Selfie mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten des Landes Bayern, mit dem aktuellen und der zukünftigen, dann ist mein Ruf außerhalb von Bayern im Eimer.“
Salzburg, Leipzig und weitere Baustellen
Die Aufgabenliste Klopps ist lang. Das globale Netz mit Clubs in Leipzig, Salzburg, Brasilien, New York und Japan muss enger und besser verwoben, Talente innerhalb der Clubs müssen besser gefördert werden. Noch hat sich kein Spieler aus Brasilien oder New York langfristig in Leipzig durchsetzen können.
In der bisher verlässlichen Talentschmiede in Salzburg ist aktuell ebenfalls kaum ein Spieler in Sicht, dem der Sprung nach Leipzig an die Spitze der Pyramide zugetraut wird. Im vergangenen Sommer nahm Salzburg rund 35 Millionen Euro durch Verkäufe ein - einer der niedrigsten Werte der vergangenen zehn Jahre.
Hinzu kommt die sportliche Situation. Salzburg wurde im Sommer als Serienmeister entthront, ist aktuell sogar nur Fünfter. Leipzig ist chancenlos im Meister-Rennen, in der Champions League sogar schon ausgeschieden. Dass New York im Finale der MLS stand, war nicht mehr als ein nice to have. Spannend wird die Entwicklung der Beteiligungen an Leeds United und dem Paris FC.
Wenn Rose fliegt, übernimmt Klopp?
Von einem Wechsel auf den Trainerposten in Leipzig ist nicht auszugehen. Klopp stärkte Leipzigs Coach Marco Rose sogar den Rücken, als dieser im November kein einziges Spiel gewann. Schon vor dem Amtsantritt war Klopp ins Geschehen involviert. „Natürlich haben wir uns auch über die sportlichen Situationen unterhalten, von Jürgen gab es absoluten Support in Sachen Marco Rose“, sagte Red Bulls Geschäftsführer Oliver Mintzlaff.
Klopp wurde zudem nicht als Feuerwehrmann geholt, wenn es beim Premium-Club des Netzwerks mal brennt. Er soll sich explizit um die großen Zusammenhänge kümmern, beratend und steuernd agieren, statt selbst an der Seitenlinie zu stehen. Bei seinem Abschied vom FC Liverpool hatte er genau dies angekündigt.
Termine, Termine, Termine
Zeit zum Skifahren oder für Konzerte von Taylor Swift wird Klopp künftig wohl selten haben. Sein Terminkalender wird voll und zunächst von Antrittsbesuchen an den Standorten geprägt sein. Am 14. Januar soll nach aktuellem Stand die Vorstellung in Österreich erfolgen. Im Hangar 7, einer Eventlocation in Salzburg, werden mehrere Hundert Journalisten aus aller Welt anwesend sein.
Ein weiterer Termin wurde ebenfalls bekannt. Bereits drei Tage zuvor soll Klopp dem Spiel des Paris FC gegen den FC Amiens beiwohnen. Red Bull hatte sich am französischen Hauptstadt-Club im Oktober mit zehn Prozent beteiligt. Der Rest gehört Bernard Arnault, mit über 200 Milliarden Dollar Vermögen (je nach Aktienkurs) einer der wohlhabendsten Menschen der Welt.
Proteste werden bleiben
Der jüngste Aufreger ist nicht einmal einen Monat her. In Kiel hielten es einige Fans für eine gute Idee, unter anderem Klopps Konterfei mit einem Fadenkreuz zu versehen und ihn als Totengräber des Fußballs zu bezeichnen. Die Proteste werden nicht aufhören. Das tun sie seit 15 Jahren in Bezug auf Leipzig nicht, auch wenn die Vorfälle deutlich zurückgegangen sind.
In der Vergangenheit zeigte Klopp Verständnis für das Modell Red Bull und äußerte sich ausdrücklich lobend über Leipzig. „Die ganze Idee ist eine Fußballidee und keine Geldidee. Ich mag das, ehrlich gesagt“, meinte der Coach. In Fußballkreisen wird das Modell von Red Bull ohnehin weniger kritisch gesehen als von Fans.
„Wir können mal die Menschen in Leipzig fragen, wie sie das finden. Ich glaube, dass da wirklich was Großes aufgebaut wurde und RB für die Region sehr wichtig ist“, sagte Ex-Weltmeister Philipp Lahm dem „Kicker“: „Wenn sich jemand mit dem richtigen Zweck engagiert, sehe ich nichts Negatives. Leipzig hat sich etabliert, aber macht nicht den nächsten Schritt. Dann jemanden wie Jürgen Klopp zu holen, der den Weg zum nächsten Schritt kennt – das kann funktionieren!“