Radsport Grabosch nimmt wieder Fahrt auf
Die Magdeburgerin Pauline Grabosch will nach schwieriger Saison bei der Bahnrad-WM im Beliner Velodrom für Furore sorgen.
Frankfurt/Oder l Auf der Radrennbahn in Frankfurt (Oder) stehen Antritte auf dem Trainingsprogramm – K1 im Fachjargon. Das Hightech-Bahnrad von Pauline Grabosch aus der Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte (FES) wird mit dem Hinterrad in der Startmaschine fixiert. Die 22-Jährige steigt auf den schmalen Sattel, befestigt ihre Rennschuhe in den Klickpedalen zusätzlich mit Riemchen. Dann ertönt das Countdown-Signal. 5, 4, 3, 2, 1. Start.
Explosiv beschleunigt Grabosch ihr Sportgerät aus dem Gate, biegt nach wenigen Metern in die Kurve, beschleunigt weiter. Nach knapp 120 Metern kann sie austrudeln und etwas durchschnaufen. Drei Serien mit jeweils drei Antritten fährt Pauline Grabosch an diesem Tag.
Nach der schwierigen Saison 2018/19 stehen die Chancen für Pauline Grabosch gut, die deutsche Teamsprint-Mannschaft bei der Heim-Weltmeisterschaft im Berliner Velodrom (26. Februar bis 1. März) als Anfahrerin in Schwung zu bringen – und wieder nach einer WM-Medaille zu greifen. Vor zwei Jahren in Apeldoorn gewann die aus Bottmersdorf in der Börde stammende Grabosch an der Seite von Miriam Welte (Kaiserslautern) und Kristina Vogel (Erfurt) die Goldmedaille. Welte und Vogel sind nicht mehr da, doch mit Grabosch sowie Lea Sophie Friedrich (20 Jahre/Dassow) und Emma Hinze (22/Cottbus) sind die deutschen Frauen auch nach der Ära Welte/Vogel im Konzert der Großen dabei und können im Velodrom wohl erneut um eine Medaille kämpfen. „Wir haben in der Weltcup-Saison bewiesen, dass wir schnell und konkurrenzfähig sind – egal, in welcher Kombination wir fahren“, zeigt Grabosch wieder erstarktes Selbstbewusstsein.
Nach einem tiefen Loch ab Mitte 2018 geht es seit Sommer 2019 bergauf für die in Erfurt lebende und trainierende Sportlerin. Vor allem der Wechsel von Anner Miedema zu ihrem früheren Trainer Tim Zühlke hat die viermalige Junioren-Weltmeisterin zurück in die Spur gebracht. „Wir funktionieren sehr ausgeglichen und harmonisch, offen und ehrlich. Herr Zühlke hat eine klare Meinung und einen klaren Weg. Er weiß, wie er mit mir umgehen muss, wenn ich nicht geradeaus laufe. Neben meiner Familie und meinen Freunden ist er einer meiner engsten Vertrauten“, sagt Grabosch über ihren Trainer, der ihr bei der Übernahme „psychische Probleme“ bescheinigt hatte.
In Berlin geht es neben der Rückkehr in die Weltspitze auch darum, sich für die Olympischen Spiele anzubieten. Während im Velodrom Grabosch, Friedrich und Hinze zum Einsatz kommen können, darf Bundestrainer Detlef Uibel im Sommer nur zwei der drei deutschen Sprinterinnen an den Start schieben. Die beiden Fahrerinnen aus dem Teamsprint bestreiten in Tokio auch die Einzeldisziplinen – und hier haben Friedrich und Hinze derzeit einen klaren Vorteil.
„Ich sehe die WM als Durchlaufstation Richtung Olympia. Ich rechne aber noch nicht mit einer Vorentscheidung – ich möchte nicht in der Haut des Bundestrainers stecken“, sagt Grabosch, die Uibel die Entscheidung extrem schwer machen will: „Ich höre nicht auf zu zappeln, solange es nicht vorbei ist. Ich gebe meine Möglichkeit nicht kampflos auf.“
Zunächst stehen aber die Weltmeisterschaften im Velodrom auf dem Programm. „Eine Heim-WM ist schon etwas Besonderes und sorgt auch für Druck, weil Familie und Freunde zugucken kommen“, berichtet die Sprinterin. Die Zeiten aus der Weltcup-Saison und die Vorbereitung stimmen die 22-Jährige deutlich zuversichtlicher als vor einem Jahr – da verpasste sie bei der WM in Polen einen Teamsprint-Einsatz.
„Ich hatte eine relativ harte Zeit. Aber ich habe mich zurückgekämpft - mir geht es echt wieder gut. Ich mache mir gar keinen Druck und versuche, wieder Spaß zu haben“, erklärt Pauline Grabosch, die sich intensiv auf die erste Runde im Teamsprint vorbereitet hat und ihren Platz in der Mannschaft mit einer Top-Leistung festigen will: „Ich bin bereit, alle drei Läufe zu fahren.“