Handball-EM DHB-Team gegen Ungarn unter Druck
Juri Knorr und Co. müssen nach dem glücklichen Remis gegen Österreich heute Ungarn schlagen und auf Schützenhilfe der Franzosen hoffen. Dann ist das Halbfinale wieder drin.
Köln/Magdeburg. - Der Frust sitzt tief und die Aufarbeitung des unterm Strich eher glücklichen 22:22 (11:12) der deutschen Handballer gegen Österreich war lang. Trainerstab und Spieler sagten gestern ursprünglich geplante Medientermine ab und wollen sich allein auf das Spiel heute (20.30 Uhr/ ZDF) gegen Ungarn konzentrieren. Mit Video-Analysen, taktischen Besprechungen und ganz viel Regeneration soll und muss alles viel besser werden.
Nur weil die Ösis in den letzten elf Minuten kein Tor mehr geworfen haben, kam das enttäuschende DHB-Team überhaupt noch mal ins Spiel und konnte sich noch einen Punkt holen. „Wir haben 23 Fehlwürfe und vergeben dabei auch noch viele Freie. Dazu kommen elf technische Fehler. Das ist grausam“, schüttelte Gislason frustriert den Kopf. Ösi-Torwart Constantin Möstl überragte mit 17 Paraden und einer Fangquote von 46 Prozent. Und Andreas Wolff hielt mit 14 Paraden (39 Prozent) seine Mannschaft überhaupt im Spiel.
Bevor die ersten Bälle geworfen wurden, gab es aber erst einmal ordentlich Gänsehaut in der Halle. Joachim Deckarm wurde einen Tag nach seinem 70. Geburtstag von den Fans gefeiert. Im Kreise seiner Weltmeisterkollegen von 1978 bekam er von den 19.750 Zuschauern tosenden Applaus, gefolgt von einem Lichtermeer und einem Geburtstagsständchen.
Weber spielt von Beginn an
Gefreut hat sich auch Philipp Weber. Der Magdeburger durfte nämlich im zentralen Rückraum beginnen – leistete sich aber gleich zwei Fehlwürfe und einen technischen Fehler. Und als er dann zum 4:3 traf, kam vorher ein Pfiff der Schiris und das Tor zählte nicht. Beim 4:6 ( 16.) nahm Gislason seine erste Auszeit und brachte für Weber dann Knorr. „Juri war ein bisschen erkältet. Deshalb wollten wir ihm eine Pause geben. Aber mit vier Fehlern in den ersten zehn Minuten lief das bei Weber unglücklich“, resümierte Gislason.
Aber es wurde im Angriff nicht besser und das deutsche Team scheiterte weiterhin reihenweise an Möstl. Zu wenig Tempo, zu statisch – so waren die Österreicher nicht zu erschrecken. Kapitän Johannes Golla: „Das war heute unglaublich schlecht von uns und bringt uns möglicherweise um unsere Ziele. Erst in den letzten zehn Minuten haben wir das Ruder noch rumgerissen.“
Aber nur weil Österreich nach dem Tor von Mykola Bilyk zum 18:22 (50.) nicht mehr traf und reihenweise an Pfosten und Latte scheiterte. Als Christoph Steinert 53 Sekunden vor Schluss aus der Distanz zum 22:22 traf, war der Jubel riesengroß. Und als beim letzten Ösi-Angriff der Lemgoer Lukas Hutecek viel zu hoch auf den Ex-Magdeburger Robert Weber passte, hatte das DHB-Team noch 15 Sekunden, um das Spiel komplett zu drehen. Doch Julian Köster bekam den Pass von Knorr nicht richtig unter Kontrolle. „Obwohl wir über den Punkt froh sein müssen, ist das jetzt trotzdem ein bescheidenes Gefühl“, so Köster.
Trotzreaktion ist gefragt
So groß die Enttäuschung auch war – der Glaube ans Halbfinale ist immer noch da. Das will sich Knorr auch nicht zerreden lassen. „Ich weiß nicht, was immer erwartet wird. Wir zerreißen uns auf der Platte“, kochte der Spielmacher innerlich in der Mixedzone nach dem Spiel und betonte: „Wir sind an unseren freien Chancen gescheitert. Das bedeutet nicht, dass wir heute schlecht Handball gespielt haben.“ Timo Kastening fordert auch schon direkt nach dem Spiel, richtig damit umzugehen: „Wir dürfen jetzt nicht auf dem Zimmer sitzen und herumheulen. Wer jetzt Trübsal bläst, kann auch direkt nach Hause fahren. Jetzt zeigt sich, wer mit Druck umgehen kann.“ Und Golla betonte: „Nur den Kopf hochbekommen, reicht aber nicht. Wir müssen einfach besser Handball spielen.“
Was gegen die Ungarn auch nötig sein wird. Gislason hat den Gegner natürlich im bisherigen Turnier aufmerksam verfolgt und schon vor Beginn der Hauptrunde gewarnt: „Ungarn hat super Kreisläufer und extreme Wurfkraft aus dem Rückraum. Deshalb müssen wir weiter gut in der Abwehr stehen, brauchen einen Andi Wolff in Topform.“