Basketballer bei Olympia Im Höhenrausch: Schröder und Co. noch reifer als bei der WM
Kurz konnten die Basketballer nach dem Umzug nach Paris durchschnaufen. Jetzt ist wieder voller Fokus angesagt. Der Weltmeister hat sich nach Gold in Manila noch einmal weiterentwickelt.
Lille - Ein bisschen Leichtathletik, ein bisschen Familienzeit, ein bisschen Seele baumeln lassen - nach ihrer eindrucksvollen Machtdemonstration gegen Gastgeber Frankreich und dem Umzug aus dem Drei-Siege-Ort Lille nach Paris konnten die deutschen Basketballer etwas durchschnaufen. Mit Beginn der zweiten Olympia-Woche ist es für Dennis Schröder und Co. mit der Ruhe aber vorbei. Ab jetzt zählt es für die Weltmeister.
„Wir haben ein großes Ziel: Wir wollen alle Spiele gewinnen. Und da soll es morgen nicht aufhören“, sagte Center Daniel Theis. „Jetzt heißt es siegen oder fliegen“, brachte es Trainer Gordon Herbert auf den Punkt. Mit einem Sieg im Viertelfinale gegen Griechenland am Dienstag (11.00 Uhr) in der Bercy Arena würde die deutsche Mannschaft tatsächlich um eine Medaille spielen. Eine Niederlage würde den deutschen Basketball-Höhenrausch dagegen abrupt stoppen und zugleich das Ende der Ära unter Medaillenschmied Herbert bedeuten.
Deutsches Team noch einmal auf einem anderen Level
Der erfolgreichste Bundestrainer der deutschen Basketball-Geschichte wechselt nach den Olympischen Spielen zum Double-Sieger Bayern München in die Bundesliga. Nach Bronze bei der Heim-EM 2022, dem WM-Titel im vergangenen Jahr und - ja und was bei den Sommerspielen in Paris? Das werden die nächsten Tage zeigen.
Alles andere als eine Medaille wäre nach den bisher so souveränen Auftritten eine große Enttäuschung. Im Vergleich zum fulminanten Siegeszug bei der WM 2023 in Japan und auf den Philippinen hat sich das Team noch einmal auf bemerkenswerte Art und Weise weiterentwickelt. Schröder agiert als Spielmacher noch abgezockter und zielstrebiger als beim Gold-Lauf samt MVP-Ehre bei der vergangenen WM.
Franz Wagner ohne Limit
Und Jungstar Franz Wagner hat im vergangenen Jahr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er der neue Stern am deutschen NBA-Himmel ist. Nicht umsonst lassen sich die Orlando Magic seine Vertragsverlängerung unfassbare 250 Millionen Dollar kosten. Selbst Superstar Dirk Nowitzki erreichte in seiner Mega-Karriere nicht solche monetären Sphären.
Der 22 Jahre alte Wagner steht sinnbildlich für das noch einmal erweiterte Selbstverständnis der deutschen Basketballer. Die großen Erfolge der vergangenen Jahre haben dem Team eine Gewissheit gegeben, es mit jedem Gegner und mit jeder Situation auf der Welt aufnehmen zu können. Schröders Mannschaft ist eingespielt, die Rollen sind klar verteilt.
Auch Dwyane Wade ist begeistert
Dass Franz Wagner in den ersten beiden Spielen gegen Japan und Brasilien seinen Wurf von außen noch nicht gefunden hatte? Konnte bestens kaschiert werden. Ruhig bleiben, weiter arbeiten und Frankreich mit einer Glanzleistung desillusionieren. Selbst der frühere NBA-Star Dwyane Wade, als TV-Experte in Frankreich unterwegs, zollte Wagner mit einer Umarmung seinen Respekt.
„Franz ist special“, sagte Schröder über Wagner in der Nacht nach der Frankreich-Gala zu einigen deutschen Journalisten. „So etwas haben wir in Deutschland noch nicht gesehen“, sagte der Kapitän. Große Worte angesichts des ehemaligen NBA-Meisters Nowitzki sowie seiner eigenen Person. Und auch der Rest im Team liefert weiter auf höchstem Niveau ab. So fällt es nicht ins Gewicht, dass in Andreas Obst und Maodo Lo zwei prägende Gesichter der Erfolge 2022 und 2023 bislang noch nicht so glänzen können.
Coach Herbert warnt
Herbert schärfte nach der verdienten Auszeit dennoch schnell wieder die Sinne und warnte vor Viertelfinalgegner Griechenland mit NBA-Star Giannis Antetokounmpo. Bei der Heim-EM 2022 setzte sich Deutschland gegen die Griechen im Viertelfinale mit 107:96 durch.
„Griechenland ist eine Mannschaft mit einer Vielzahl von erfahrenen Euroleague-Spielern, sie spielen auf sehr hohem Niveau“, sagte der Kanadier. „Und dazu haben sie einen der besten Spieler der Welt“, ergänzte Herbert mit Blick auf Antetokounmpo.
Dass es Herberts letzte Warnungen als Bundestrainer sind, ist angesichts von Qualität und Selbstverständnis im deutschen Team schwer vorstellbar. Vielmehr ist ein Finale gegen Topfavorit USA das, was alle wollen. Zuvor würde es in einem möglichen Halbfinale aber gegen Kanada oder erneut Frankreich gehen. „Wichtig ist es, dass wir weiter unser Ding machen und uns auf uns konzentrieren“, sagte Franz Wagner.