Boxcamp Halberstadt Volle Ränge – tolle Kämpfe
Boxen unter freiem Himmel gab es einmal mehr am Sonnabend. Etliche Zuschauer und Kampfsportfans sind nach Halberstadt gekommen.
Halberstadt l Boxen und Halberstadt – das passt. Seit Jahrzehnten wird der Kampfsport in der Domstadt gepflegt und hatte nun mit dem Open Air einen weiteren Höhepunkt. Jedoch mussten die zahlreichen Besucher einmal mehr mit weniger Kämpfen Vorlieb nehmen. So fielen u.a. die angekündigten Kickboxvergleiche aus. Dazu später mehr.
Der erste Kampf des Abends gehörte Pascal Kirschner (Rot-Weiß Grünheide) und dem Halberstädter Marvin Lieberam in der Altersklasse 13 bis 42 kg. Über dreimal zwei Minuten stiegen die Nachwuchskämpfer in den Ring. Von der Technik her war dieses Duell eines der besten. Trainer Aiko Steffen: „Marvin ist sehr talentiert und inzwischen seit knapp einem Jahr dabei. Seine Schlagkombinationen und die Raumaufteilung im Ring können sich sehen lassen.“ Der Lokalmatador entschied das Duell nach Punkten für sich.
Dann betraten Dennis Hartmann (Respect Kampfschule Halberstadt) und Hugan Rashid (Wernigeröder Kampfsportschule Yeo) für ein Sparring das Seilquadrat. In der AK 13 bis 54 kg schenkten sich beide nichts. Die jungen Athleten gingen ausgesprochen motiviert zur Sache. Im Vergleich ohne offizielle Wertung gab es ein internes Remis. Damit konnten beide gut leben.
Der dritte Kampf wurde zwischen Shan Nisar (Boxgym Leipzig) und dem Bruder von Dugan Rashid, Sharban Rashid (Kampfsportschule Yeo) durchgeführt. Die Zuschauer sahen in der Gewichtsklasse bis 69 kg ein ausgesprochen sehenswertes Duell. Beide Rashid-Brüder kommen ursprünglich aus dem Kickboxen und werden erst seit wenigen Monaten von Aiko Steffen im klassischen Boxen trainiert. „In dem halben Jahr haben beide einen enormen Leistungssprung getätigt“, bescheinigte der Halberstädter Coach. Nisar auf der anderen Seite war nicht weniger motiviert, ging aber zunächst einmal auf den Boden. Sharban Rashid ließ sich danach auf einen Schlagabtausch ein – ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Der Wernigeröder kassierte einen Schläfentreffer, so dass Ringrichter Timo Hoffmann (bekannt als „Deutsche Eiche“/d.Red.) den Kampf abbrach. „Dieser technische Knock-out in der zweiten Runde war unnötig“, blickte Steffen zurück, „er hatte die erste Runde so souverän gestaltet, wollte dann aber zu viel. Da steckt noch zu viel Heißsporn in ihm, es fehlt die taktische Erfahrung, um auch einmal die Ruhe zu bewahren. Er wird aber seine Lehren daraus ziehen“.
LeRoy Sanders (Boxcamp Halberstadt) trat anschließend in der Klasse bis 75 kg gegen Dennis Beyer aus Erfurt an. Das Remis war am Ende schmeichelhaft. Aiko Steffen merkte an: „Leroy war aus meiner Sicht besser. Klar sah seine Art und Weise nicht so spektakulär aus, aber wenn ich ehrlich bin, hatte er mehr vom Kampf. Letztlich gilt ihm ein großes Lob, denn trotz Erkältung wollte er unbedingt in den Ring steigen.“
Ein weiterer Höhepunkt war die Internationale Deutsche Meisterschaft der GBA im Mittelgewicht (bis 75 kg). Ali Saber (BC Borna) trat gegen Kevin Klein (Bad Kleinen) an. In Runde eins ging es zunächst ausgeglichen zu, zum Ende hin rasselten beide unabsichtlich mit den Köpfen zusammen. Für Klein bedeutete dies eine Platzwunde an der Augenbraue. Ringarzt Hans-Georg Damert empfahl daraufhin den Abbruch. Der Mecklenburger wollte unbedingt weitermachen, Timo Hoffmann entschied aber per T.Ko. gegen eine Fortsetzung.
Sebastian Kopp vom BC Borna setzte den Abend gegen Benjamin Klos vom Boxcamp Halberstadt in der Klasse bis 70 kg fort. Das Duell wurde als Remis gewertet, „für mich lag Benjamin aber ganz klar vorne“, kritisierte Trainer Steffen. „Er agierte clever, legte eine lange Gerade rein und ging mehr zum Körper. Er zeigte einen Aufwärtshaken, der wohl klarer hätten kommen sollen. So müssen wir mit der Entscheidung leben.“ Ringrichter Hoffmann meinte dazu: „Kopp kassierte die klareren Kopftreffer.“ Auch das Publikum kommentierte diese Entscheidung kritisch, sah den Lokalmatadoren vorne.
Die rund 30 Fans, die allein für Tony Rindert (Boxcamp Halberstadt) gekommen waren, wurden dagegen richtig enttäuscht. Für ihn war der Rückkampf, die Revanche gegen Shalil Almahammed (SinCity Leipzig) angesetzt. In Altenburg hatte der Vorharzer vor einigen Monaten gegen den Messestädter verloren. Stattdessen reiste der Leipziger Troß nicht an. Aiko Steffen zu den Hintergründen: „Am Freitag gab es noch einen Anruf, dass alles klappt. Am Sonnabend Vormittag bekam ich dann per Whatsapp die Absage. ‚Wir sind krank‘, hieß es darin. So etwas ist unfair gegenüber uns als Veranstalter und natürlich den anderen Sportlern.“
Allerdings hatten unter der Nicht-Anreise noch einige mehr zu leiden, denn drei Kämpfe mussten gestrichen werden. Darunter auch ein Schwergewichtsvergleich, bei dem der Kontrahent aus dem einige Hundert Kilometer entfernten Kiel kam. „Erst zusagen, dann absagen – das geht gar nicht“, fasste ein sichtlich verärgerter Aiko Steffen zusammen. Timo Hoffmann stellte zumindest Tony Rindert einen Kampf am 12. September in Eisleben als Trostpflaster in Aussicht.
Warum aber immer wieder diese kurzfristigen Absagen im Boxsport? Aiko Steffen: „Im Amateurbereich kommt das oft vor, weil es um kleine oder gar keine Börsen geht. Da wird kurzum einfach abgesagt.“ Der Ärger war aber auch bei den vielen Sponsoren sichtbar, schließlich wurde mit ihrem Namen für eine große Veranstaltung geworben.
Den ersten Profikampf des Abends nahmen Emin Atran aus Bielefeld bzw. Aserbaidschan und Maik Teubig (Leuna) über viermal drei Minuten in Angriff. In der letzten Minute der zweiten Runde langte Atran mächtig zu und siegte in diesem Mittelgewicht-Vergleich per T.Ko. .
Im Weltergewicht unterlag Azad Dogru (Kiel) gegen Mucahit Özcan (Boxgym Leipzig). Der Leipziger schickte sein Gegenüber bereits in Runde eins per K.o. nach Hause.
Dag Suleyman (Bielefeld) trat im letzten Kampf des Abends gegen den Halberstädter Arthur Glück an. Für den Vorharzer war es das Debüt im Profibereich. Der 18-Jährige hatte zuvor als Amateur 36 Kämpfe gestaltet. Die erste Runde war geprägt von Aufgeregtheit und Hektik des Halberstädters. Er wollte den schnellen Erfolg, agierte daher zu überhastet. Das war der völlig falsche Weg gegen den „ausgebufften“, weil sehr erfahrenen Suleyman. Der Bielefelder kann auf 74 Profikämpfe zurückblicken, darunter u.a. ein Duell gegen Felix Sturm. In seiner Unbekümmertheit fing sich Glück einen Kopfhaken ein und ging zu Boden. Erholt, aber mit klarem Verlust der ersten Runde, folgten deutliche Worte von Aiko Steffen. Die hatte er danach offenbar beherzigt, denn nach einer Schlagkombination ging sein Pendant in Runde zwei zu Boden. Hoffmann brach ab, so dass Glück seine Premiere erfolgreich gestaltete. Und die Moral von der Geschicht? Steffen: „Man sollte Niemanden unterschätzen.“
Am Ende überwogen die positiven Stimmen. Alle sprachen von einer gelungenen Veranstaltung. Boxcamp Manager Klaus Haberland: „Das Wetter hat diesmal mitgespielt, es kamen viele Leute, die Kulisse war prächtig. Auch die Versorgung mit Getränken und dem Essen kam gut an. Die Sportler waren gut betreut – was will man also mehr!? Dank gilt unseren vielen fleißigen Helfern und den treuen Sponsoren, ohne die solche Veranstaltung gar nicht realisierbar wäre.“
Beim Feiertagsshopping am 31. Oktober (Rathauspassage) ist das Boxcamp nicht vertreten, dafür wird es 2016 eine Open-Air-Neuauflage geben.