Fußball Zerbster Fanclub vor Jubiläum
Der HSV-Fanclub aus Zerbst blickt auf das Jubiläum im Jahr 2021.
Zerbst l Gegründet wurde der Zerbster Fan-Club des Hamburger Sportvereins im Jahre 2001. Im kommenden Jahr soll das 20-jährige Jubiläum im Zerbster Domizil des Clubs gefeiert werden. Die noch 13 Mitglieder mussten in den vergangenen Jahren viel aushalten, brauchten fast grenzenlosen Optimismus, um ihre Verbundenheit zu ihren Lieblingsverein stets aufs Neue zu beleben. Das Chaos in den letzten Monaten um den Vorstand, die Entlassung von Bernd Hoffmann, die Situation um Mäzen Kühne und und und. Die Zerbster Fans brauchten sprichwörtlich „Nerven wie Drahtseile“. Der Zerbster Club-Vorstand um Heiko Schulze meinte am Telefon: „Wir verfolgen das. Die Grabenkämpfe beim HSV haben aus unserer Sicht aber nachgelassen. Vielleicht täuschen da die letzten Ereignisse etwas. Beim HSV wollten sich in den letzten Jahren viele profilieren. Marcel Jansen (Neupräsident beim HSV – d. Red.) ist eine gute Wahl. Das hätten wir Jansen so nicht zugetraut. Aus meiner Sicht gab es bei Hoffmann einige Kompetenzüberschreitungen. Das geht so einfach nicht.“
Die Zerbster Mitglieder, so scheint es, haben mit der jetzigen Situation Hoffnung auf bessere Zeiten. Der Zerbster Fan-Club ist übrigens ein offiziell registrierter Fanclub des Hamburger SV mit allen Pflichten, Rechten und Vorteilen. Als die Saison in der 2. Bundesliga noch lief, war es wie immer in den letzten Jahren. Man saß bei den Spielen im Club-Raum zusammen, fieberte mit und verfolgte das Geschehen am Fernseher. Immer im Blick die eigenen Vereinssymbole, wie das kleine Banner, die Wimpel, die Urkunden der Fan-Mitgliedschaft und die vielen Erinnerungsfotos von Fan-Treffen oder gemeinsamen Reisen.
Nur die große Vereinsfahne mit dem Zerbster Wappen fehlt. „Sie wurde uns hier in Zerbst gestohlen“, sind sich die Mitglieder sicher. Man verbindet damit viele Erinnerungen an noch bessere Clubzeiten, als man sehr engen Kontakt zu anderen Fans aus ganz Deutschland, besonders zu den „Feldkickern“ aus Bischofferode hatte. „Da ist nichts mehr. Ich weiß gar nicht, ob der Fanclub noch existiert. Die Initiativen wurden ja vor allem von uns hoch gehalten“, meinte auf Nachfrage der 77-jährige Peter Schulze, der von Anfang an dabei ist.
Der Ex-Polizist fährt kaum noch zu den Spielen mit, kümmert sich aber noch immer um die Finanzen. „Ich sammle den Beitrag ein, kümmere mich um das Sky-Abo. Kassenwart sagt man wohl dazu“, meinte der Vater von Club-Vorstand Heiko Schulze am Telefon.
Einer, der die Arbeit einschätzen kann, ist Torsten Stier. Ebenfalls von Anfang an dabei, eines der Gründungsmitglieder von 2001. Der Zerbster ist bei allen Aktivitäten dabei, schätzt vor allem das „gute Gemeinschaftsgefühl und das gemeinsame Interesse am Fußball, an unserem HSV“. Früher hatte der Endvierziger mit Fußball nichts am Hut. Eher mit dem Geräteturnen, das er bei Sportlehrer Wallwitz trainierte. Und natürlich Schach, dem Brettspiel, welches der gebürtige Zerbster wettkampfmäßig betrieb. Als die Saison vor Wochen noch lief, war man bei etlichen Heimspielen dabei. Oft verband man die Fahrt nach Hamburg mit einem Kurzurlaub, so das Clubleben mit der ganzen Familie genießend.
Auf die Frage nach den heutigen Auswärtsfahrten kam überraschend die Antwort, „dass dies schwieriger sei, als bei Auswärtsspielen der Bundesliga“. „Die Stadien sind kleiner, so dass das Kartenkontingent für den HSV geringer ausfällt. Dann werden erst einmal die aus dem ganz harten Fan-Kern bedacht, die seit der Gründung dabei sind oder das Anrecht vererbt haben“. Früher ist man selber noch zu den „großen Spielen“ nach München, Gelsenkirchen oder Dortmund gefahren. Oft war man dann mit einem gemieteten Bus oder mit der Bahn unterwegs.
Die Zerbster Familien Peter und Heiko Schulze sind der sogenannte personelle Grundstock, diejenigen, die immer wieder aktivieren und viel Freizeit investieren. Mittlerweile sind die beiden Kinder von Heiko Schulze aus Zerbst weggezogen, haben aber immer noch sehr engen Kontakt zum Club und zu ihrem HSV.
Der Hamburger Fußball scheint für die Mitglieder eine Art Droge zu sein. Nicht nur für die. Sehr engen Kontakt zum Hamburger Verein und immer wieder losen Kontakt zum Zerbster Fanclub hatte der Zerbster Unternehmer und Fußballer Fritz „Fritze“ Krause. Die Verbindungen sind aber mit den Jahren verblasst. Zu den Zerbstern besteht nur noch sporadischer Kontakt. Noch in bester Erinnerung sind die Feierlichkeiten anlässlich des zehnjährigen Clubbestehens. Damals war großer Bahnhof angesagt. Auch Krause war dabei, überreichte ein Erinnerungsgeschenk und trat als Sponsor auf.
Bei den Zerbstern hofft man aufs kommende Jahr, da will man alte Beziehungen wieder neu beleben. Vielleicht schafft man es dann, wieder engeren Kontakt zu Silvio Lindemann aufzubauen. Der Schönebecker Edelfan ist einer, der seinen HSV überallhin begleitet hat. Lissabon, Moskau, Glasgow oder Tel Aviv hießen für ihn die Reiseziele auf europäischer Bühne.
Von den Fanausschreitungen vor Monaten distanzieren sich die Zerbster Mitglieder. Wie früher, als man sich dagegen wehrte, „als Blödköppe und Rüpeltruppe“ abgestempelt zu werden, ist man heute gegen Aktivitäten, wie sie letztens in den Stadien zu sehen waren. „Die ganze Sache gegen Mäzene und Sponsoren wie „Red Bull“ oder Dietmar Hopp ist doch hoch gepuscht. Alle Bundesligisten werden doch mehr oder weniger von wichtigen Sponsoren, ob privat oder Unternehmen, unterstützt, auch ein Verein wie Bayern München“, so die ganz persönliche Meinung von Peter Schulze.
Ratlosigkeit herrscht bei der Einschätzung der aktuellen Situation. Weiterspielen ohne Fans und Zuschauer, die Saison so abschließen? Das ist auch für die Zerbster schwer vorstellbar. „Wenn sich die Fans nicht im Stadion versammeln dürfen, finden sie andere Orte“, gab Schulze zu bedenken. So ganz abwegig ist der Gedanke nicht.
Ratlosigkeit über aktuelle Situation
Eine Entscheidung ist auch für die 2. Bundesliga noch nicht gefallen. Würde der Spielbetrieb fortgeführt werden, würde der HSV den Aufstieg schaffen. Da sind sich die Zerbs- ter HSV-Fans einig, alle mit der festen Überzeugung, dass im nächsten Jahr in Hamburg wieder Erstliga-Fußball zu sehen sein wird.
„Die individuelle Klasse hat die Mannschaft. Es sollte mindestens der Relegationsplatz erreicht werden. Dass Bielefeld ganz oben steht, das hatte ich so nicht erwartet“, ist Heiko Schulze bezüglich des möglichen Aufstiegs zuversichtlich. Er und seine Mitglieder sind eben echte HSV-Fans.