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Sommerspiele in Paris Olympia-Eröffnungsfeier als knallbuntes Spektakel im Regen

320.000 Fans entlang der Seine, reichlich Prominenz auf den Tribünen und große Show-Acts. Die Eröffnungsfeier gestaltet sich spektakulär, wird aber auch von Sicherheitssorgen begleitet.

Von Rachel Boßmeyer, Jörg Soldwisch und Stefan Tabeling, dpa Aktualisiert: 26.07.2024, 23:46
Lady Gaga sang bei der Olympia-Eröffnung einen französischen Klassiker.
Lady Gaga sang bei der Olympia-Eröffnung einen französischen Klassiker. Sina Schuldt/dpa

Paris - Als Céline Dion auf dem Pariser Eiffelturm mit einem atemberaubenden Auftritt „L'Hymne à l’amour“ sang, hatte die spektakuläre Ouvertüre der XXXIII. Olympischen Spiele ihren Höhepunkt erreicht. Nicht einmal der Pariser Dauerregen konnte der erkrankten Grande Dame bei ihrem bewegenden Auftritt etwas anhaben. Zuvor hatte schon Lady Gaga im Schatten der weltberühmten Kathedrale Notre-Dame mit einer Revue-Einlage für große Eleganz gesorgt. Die Eröffnungsfeier gestaltete sich zu einer knallbunten Show mit Feuerwerk, Laser-Show und spektakulären Bildern entlang der Wahrzeichen von Paris - und sendete auch eine Friedensbotschaft in die Welt. 

Zuvor hatten sich die rund 6.800 Athleten bei einer beeindruckenden Boots-Parade auf der Seine der Weltöffentlichkeit präsentiert, auf dem deutschen Schiff schwenkten Basketball-Star Dennis Schröder und Judo-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner stolz die Fahne. 

Um 22.54 Uhr erklärte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Spiele für eröffnet. IOC-Präsident Thomas Bach hatte zuvor seine Rede mit der Hoffnung auf eine bessere politische Weltlage verknüpft. „Nun sind wir Teil von einem Event, das die Welt in Frieden vereint“, sagte der 70-Jährige: „In einer Welt, die von Kriegen und Konflikten zerrissen ist, können wir dank dieser Solidarität heute Abend alle zusammenkommen und die Athleten von 206 Nationalen Olympischen Komitees und dem IOC-Flüchtlingsteam vereinen.“

Die Entzündung des olympischen Feuers wurde zum großen Geheimnis. Erst übernahm Fußball-Idol Zinédine Zidane das Feuer, dann war Tennis-Rekordmann Rafael Nadal an der Reihe. Per Boot - zusammen mit den Sport-Legenden Carl Lewis, Serena Williams und Nadia Comăneci - ging es weiter über die Seine. Schließlich entfachten um 23.22 Uhr die dreimalige Leichtathletik-Olympiasiegerin Marie-José Pérec und der zweimalige Judo-Champion Teddy Riner in den Tuilerien am Louvre einen Ring mit sieben Metern Durchmesser, der an einem 30 Meter hoch schwebendem Ballon hing.

Es wurde eine Show mit viel Flair und vielfältigen Show-Acts. Von französischen Chansons über French Cancan, Hochseilakte und einem Laufsteg zum DJ-Set - Frankreich wollte sich bei der enorm aufwändigen Show unterhaltsam und vielseitig zeigen. 

Regenponcho ein wichtiges Utensil

Nur das Wetter spielte nicht mit. Grauer Himmel und viel Regen trübten die bunte Parade vor rund 320.000 Zuschauern, darunter auch 120 Staats- und Regierungschefs wie Bundeskanzler Olaf Scholz und Spaniens König Felipe VI. Die Ehrentribüne befand sich aber immerhin im Trockenen, während ansonsten der Regenponcho zu den wichtigsten Utensilien gehörte.

Paris ist zum dritten Mal nach 1900 und 1924 Gastgeber der Sommerspiele. Ein Mega-Event, das sogar die veranstaltungserprobte französische Hauptstadt vor eine große Herausforderung stellt und Sicherheitsbedenken hervorruft. Erst recht, nachdem wenige Stunden vor der Eröffnungsfeier Brandanschläge auf das Hochgeschwindigkeitsnetz der französischen Bahn verübt worden waren. Von einem „koordinierten Sabotageakt“ sprach der geschäftsführende französische Premierminister Gabriel Attal. 800.000 Menschen dürften von den Angriffen betroffen sein.

Großaufgebot an Sicherheitskräften und Sperrung des Luftraums

Paris glich am Freitag einem Hochsicherheitstrakt. 45.000 Sicherheitskräfte waren während der Eröffnungsfeier im Einsatz. Auch 650 Spezialkräfte und 800 Soldaten wurden rekrutiert. Der Luftraum im Umkreis von 150 Kilometern um Paris wurde für den Abend geschlossen. Die Ufer der Seine, auf der die Parade stattfand, waren weitläufig für den Autoverkehr gesperrt. Frankreich hatte im März die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. 

Das sollte die Stimmung aber nicht stören. Erstmals in der Geschichte der Spiele wurde die Zeremonie nicht in einem Stadion, sondern auf dem Wasser durchgeführt. Auf einer Länge von sechs Kilometern fuhren die Sportler von der Pont d'Austerlitz an zwölf Bühnenbildern mit rund 2.000 Künstlern vorbei bis zum Trocadéro am Eiffelturm. Los ging es mit einem Feuerwerk in den französischen Nationalfarben.

Deutsche Mannschaft schon früh auf dem Wasser

Die deutsche Mannschaft bestieg bereits das dritte Boot, zusammen mit Afghanistan, Südafrika, Albanien und Algerien. Rund 150 deutsche Athleten und 100 Trainer, Betreuer und Offizielle waren mit an Bord. „Es ist die größte Ehre, die man bekommen kann. Ich freue mich, dass ich mit Anna-Maria hier nun stehen und Deutschland repräsentieren kann“, sagte ein bestens aufgelegter Fahnenträger Schröder, ausgestattet mit einem rosa Fischerhut. 

Musikalische Höhepunkte waren die Auftritte von Lady Gaga, die erneut auf Französisch sang, und vor allem von Céline Dion. Über einen Auftritt der 56-jährigen, in Frankreich stark verehrten Sängerin war seit Tagen spekuliert worden. Dion hatte 2022 bekannt gemacht, dass bei ihr das sogenannte Stiff-Person-Syndrom, eine seltene neurologische Erkrankung, diagnostiziert worden sei. Die Krankheit könne überall im Körper zu Muskelkrämpfen führen.

Auf den Tribünen entlang der Seine verfolgte reichlich Prominenz das Spektakel, unter ihnen Olympia-Ikone Carl Lewis, Boris Becker sowie die Popstars Kelly Clarkson und Ariana Grande. Die teuersten Tickets kosteten 2.700 Euro, es gab aber auch Gratis-Plätze. 

In den kommenden zwei Wochen werden rund 10.500 Athleten in 329 Disziplinen um die Medaillen kämpfen. Die Wettbewerbe an weltberühmten Orten wie dem Eiffelturm, auf dem Place de la Concorde, in den Gärten von Schloss Versailles und sogar beim Surfen auf Tahiti sollen prächtige Bilder liefern. Das deutsche Team geht mit rund 430 Sportlern an den Start und will den Abwärtstrend der vergangenen Spiele stoppen. Vor drei Jahren in Tokio verzeichnete die deutsche Mannschaft mit 37 Mal Edelmetall die schwächste Ausbeute seit der Wiedervereinigung.

Spiele im Zeichen der politischen Konflikte

Es sollen stimmungsvolle Spiele in politisch schwierigen Zeiten werden. Bestes Beispiel war, dass Teilnehmer aus Russland und Belarus bei der Eröffnungsfeier ausgeschlossen waren. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine dürfen die Athleten der beiden Länder nur unter neutraler Flagge dabei sein, Mannschaftssportler sind komplett ausgeschlossen. So sind nur 15 Russen und 17 Belarussen in Paris dabei. 

Aber auch der Nahost-Konflikt spielt bei den Sicherheitsvorkehrungen eine gewichtige Rolle. Israels Delegation steht bei den Spielen in Frankreich unter besonderem Schutz. Rund um die Uhr sollen ihre Teams und Einzelsportler von der französischen Polizei begleitet werden - im Olympischen Dorf und auch auf dem Weg zu den jeweiligen Wettkampfstätten.

In diesem Zusammenhang zitierte Bach auch aus dem Songtext „Imagine“ von John Lennon: „Manche mögen sagen, wir in der olympischen Welt seien Träumer. Aber wir sind nicht die Einzigen. Und unser Traum wird heute Nacht wahr: Eine Realität, die jeder sehen kann. Olympiastarter aus der ganzen Welt zeigen uns, zu welcher Größe wir Menschen fähig sind. Also lade ich jeden ein: Träumt mit uns.“ Passenderweise sang auch der französische Popstar Juliette Armanet die Friedenshymne des Ex-Beatles.

Brandsätze an Bahnanlagen nähren Sicherheitssorgen

Die Sorgen sind groß in Paris, nicht zuletzt wegen der Terroranschläge vom 13. November 2015. Entsprechend löste der Brandanschlag auf das Netz der französischen Bahn in der Nacht zu Freitag Schockwellen aus, auch wenn es hierbei keine Terrorermittlungen gibt.

Unbekannte hatten an verschiedenen Orten Brandsätze an Anlagen der Bahn gelegt. Medienberichten zufolge wurden unter anderem Signalanlagen angezündet und Kabel durchtrennt. Es kam zu Chaos und massiven Behinderungen. Tausende Reisende strandeten in den Bahnhöfen und wussten teils über Stunden nicht, wie es weitergeht.