Sommerspiele in Tokio Van Rouwendaal gewinnt Silber, Wunram wird Zehnte
Der Wunsch der Sharon van Rouwendaal hat sich erfüllt: Die 27-jährige Niederländerin vom SC Magdeburg gewann am Mittwochmorgen Silber im olympischen Freiwasser-Rennen. Finnia Wunram belegte den zehnten Platz.
Tokio/Magdeburg - An Ana Marcela Cunha bissen sich am Ende alle die Zähne aus: Auf der letzten Runde war die Brasilianerin nicht mehr zu halten. Bis zum Zielanschlag rettete die 29-Jährige ihren knappen Vorsprung bei den Olympischen Spielen. Und gewann am Mittwochmorgen nach Tokio-Zeit über die zehn Kilometer nach 1:59:30,8 Stunden die Goldmedaille. Sharon van Rouwendaal aus den Niederlanden folgte der Siegerin mit 0,9 Sekunden Rückstand auf dem Silberplatz. „Ich hoffe auf eine Medaille“, hatte die 27-Jährige, die seit Sommer 2020 nicht nur unter Bernd Berkhahn beim SC Magdeburg trainiert, sondern auch Mitglied bei den Grün-Roten ist, im Vorfeld der Spiele erklärt. Diese Hoffnung hat sich nun erfüllt. Dritte wurde Kareena Lee aus Australien, die weitere 0,8 Sekunden nach Cunha ins Ziel kam.
Leonie Beck aus Würzburg hatte nach einer couragierten Vorstellung bis 500 Meter vor dem Ziel noch auf Medaillenkurs gelegen, konnte dem Endspurt des Spitzentrios nicht mehr ganz folgen und schlug 4,3 Sekunden nach der Siegerin als Fünfte an. Finnia Wunram beendete ihre Olympia-Premiere auf dem zehnten Platz nach 2:01:01,9 Stunden. Als viele Athletinnen die Verpflegung vor der letzten Runde ausließen, teilte sich das Feld. Die 25-Jährige schwamm mit Lara Grangeon aus Frankreich dem zweiten Teil bis zum Ziel voraus. Und so verlief das Rennen:
1. Runde
Leonie Beck startet beherzt in den Wettbewerb. Die Neunte der Weltmeisterschaft 2019 schwimmt sich aus dem Pulk heraus frei an die Spitze, übernimmt die Führungsposition und bestimmt das Tempo. Finnia Wunram reiht sich im vorderen Mittelfeld ein. Auch Sharon van Rouwendaal sucht zunächst Position und Rhythmus. Am Ende der ersten Runde ist Beck Dritte mit 4,4 und Wunram Zehnte mit zehn Sekunden Rückstand auf die nun führende Ana Marcela Cunha aus Brasilien, die nach 18:16,6 Minuten durch die Zeitnahme krault.
2. Runde
Ashley Twichell zieht das Tempo an. Wie eine Nähemaschine rattert sie gleichmäßig durch den Viereckskurs. Und ist dabei schnell. Die 32-Jährige, die ihre größten Erfolge mit zwei WM-Titeln über die fünf Kilometer gefeiert hat, erarbeitet sich einen Vorsprung von zwei Körperlängen. Und macht das Rennen schnell. Für die zweite Runde benötigt sie keine 17 Minuten, ihre Zwischenzeit wird nach 2,87 Kilometern bei 35:14,2 Minuten gestoppt. Beck folgt mit 3,5 als Dritte, Wunram mit 10,3 Sekunden Rückstand als Elfte. Von Xin Xin, von der Weltmeisterin, ist bis dahin nichts zu sehen.
3. Runde
Finnia Wunram hat sich freigeschwommen und zwischenzeitlich ihre Postion am linken Rand des Feldes gefunden. Und sie nimmt Fahrt auf bei gleichbleibend hohem Tempo an der Spitze. Twichell bleibt dort zunächst in der führenden Position. Van Rouendaal krault in die Top Ten. Nach der dritten Verpflegung und der dritten Zeitnahme führt die dreimalige 25-Kilometer-Weltmeisterin Cunha mit 52:22,0 Minuten. Beck folgt als Vierte mit 6,1, Wunram als Sechste mit 8,0 Sekunden Rückstand. Neben ihr schwimmt van Rouwendaal.
4. Runde
Es bleibt dabei: Cunha bleibt auch im vierten Abschnitt an der Spitze. Wunram agiert kontrolliert aus der zweiten Reihe und hält den Abstand. Das Tempo bleibt hoch. Cunha, die in dem früheren, bereits 1994 verunglückten Formel-1-Fahrer Ayrton Senna ihr Idol gefunden hat, geht nach 1:09:33,2 Stunden auf die fünfte Runde. Beck hält den Rückstand bei vier Sekunden und auf Platz vier. Wunram bleibt als Neunte mit 10,4 Sekunden hinter der Spitze weiter auf Podiumskurs. Zwischen den beiden Deutschen als sich Sharon van Rouwendaal als Siebte eingereiht.
5. Runde
Der Wechsel an der Spitze geht weiter: Für Cunha übernimmt wieder Twichell. Die Athletinnen zeigen keine Anzeichen von Schwäche. Nach 7,17 Kilometer am Ende dieser Runde dürfte der Körper die ersten Signale des Schmerzes senden. Sharon van Rouwendaal sendet indes Zeichen ihres Anspruchs: Sie schiebt sich zum Ende der Runde auf den Bronzeplatz. Twichell krault nach 1:26:46,7 Stunden durch die Zeitnahme, van Rouwendaal folgt mit 4,2, Beck mit 4,5 und Wunram mit 8,9 Sekunden Rückstand. Die Magdeburgerin hält sich als Achte bravourös in der Spitzengruppe.
6. Runde
Es kommt die Zeit der Mutigen - trotz der heißen Temperaturen um jeweils 30 Grad im Wasser und in der Luft. Leonie Beck zieht einen famosen Zwischenspurt und kämpft sich wieder an die Spitze. Und es sieht so aus, als könnte sich die Tochter von Alexander Beck, Mannschaftsarzt im Deutschen Schwimmverband, entscheidend absetzen. Doch die internationale Konkurrenz schläft nicht. Vor allem Twichell und van Rouwendaal können kontern. Beck geht als Erste nach 1:43,40,1 Stunden in die letzte Runde. Das Feld hat sich geteilt, weil nicht alle die Verpflegung nutzen. Finnia Wunram geht als Zehnte mit 32,4 Sekunden Rückstand durch die Zeitnahme nach 8,61 absolvierten Kilometern.
7. und letzte Runde
Letzte Zeitmessung vor dem Ziel bei Kilometer 9,49: Cunha sprintet in die Spitze und nimmt als Erste nach 1:53:39 Stunden die letzten 500 Meter in Angriff. Van Rouwendaal folgt direkt dahinter, Beck bleibt mit 2,1 Sekunden auf Medaillenkurs. Doch das Tempo kann sie nicht halten. Cunha zieht mit kräftigen Zügen und starkem Beinschlag an. Und verteidigt bis zum Zielanschlag ihre Position. Die 29-Jährige wird Olympiasiegerin in 1:59:30,8 Stunden. Silber geht an Sharon van Rouwendaal, die nach Gold in Rio ihre zweite olympische Medaille gewinnt. Womit sich zugleich ihre Hoffnung erfüllt. Kareena Lee aus Australien, die WM-Siebte, schlägt direkt neben ihr als Dritte an. Leonie Beck wird letztlich Fünfte, Finnia Wunram kommt als Zehnte mit 1:31,1 Minuten Rückstand ins Ziel.