Grand Prix in China Schon wieder Alarmstufe rot: Formel-1-Notfall Ferrari
Der Formel-1-Auftritt in China endet für Ferrari richtig bitter. Sowohl Lewis Hamilton als auch Charles Leclerc werden disqualifiziert. Wie geht es nach dem Tiefschlag weiter?

Shanghai - Im Moment der nächsten Blamage konnte das schwer zersauste Ferrari-Team auch in der Heimat nicht auf Nachsicht hoffen. „Desaster“, „Chaos“, „Alarmstufe rot“ - die Schlagzeilen in Italien bohrten am Tag nach der Doppel-Disqualifikation beim Formel-1-Rennen in China noch einmal in den Wunden der Scuderia. Der stolze Rennstall sei abgestürzt in „einen Abgrund, aus dem es vielleicht schwer sein wird, wieder aufzustehen. Zumindest nicht schnell“, urteilte „Tuttosport“.
Dabei wollte das erfolgreichste Team der Formel-1-Geschichte doch mit Superstar-Zugang Lewis Hamilton endlich die titellose Zeit beenden und das Feld wieder anführen. Nach dem verpatzten Auftakt in Australien schien Hamiltons überraschender Sprintsieg von Shanghai am Samstag das ersehnte Signal des Aufbruchs. Umso härter traf Ferrari der Rückschlag im Grand Prix, als Hamilton und Charles Leclerc erst als Fünfter und Sechster der Spitze hinterherfuhren und später sogar aus den Ergebnislisten gestrichen wurden.
Schumacher nennt Regelverstöße „Unfähigkeit“
„Ein Wochenende voller Versprechen endete in einem Alptraum für Ferrari“, fasste der britische „Daily Mirror“ zusammen. Gleich zwei Regelverstöße kosteten die Scuderia alle 18 WM-Punkte aus dem Rennen. An Hamiltons Auto war der Unterboden zu stark abgenutzt, die sogenannten Skid Blocks wiesen nicht mehr die geforderte Stärke von mindestens neun Millimetern auf. Leclercs Dienstwagen verfehlte um ein Kilo das Mindestgewicht von 800 Kilogramm.
Das sei „Unfähigkeit“, urteilte Sky-Experte Ralf Schumacher und rechnet mit größeren internen Konsequenzen. Bei Ferrari werde „kein Stein auf dem anderen bleiben“, sagte der ehemalige Formel-1-Pilot.
Vor allem bei Hamilton dürfte nach den ersten beiden Grand Prix mit seinem neuen Arbeitgeber die Ernüchterung enorm sein. Hatte sich der siebenmalige Weltmeister mit seinem sensationellen Wechsel von Mercedes zu Ferrari eigentlich im späten Rennfahrer-Alter noch einen Traum erfüllen wollen, ist der 40-Jährige vorerst als Nothelfer gefragt. „Wir werden weiter Druck machen“, hatte der Brite noch kurz nach der Zieldurchfahrt versprochen.
Rückfall in alte Chaostage
Auf der Strecke hatte Hamilton erkennen müssen, dass Ferrari auch in diesem Jahr in bekannte Muster zu verfallen scheint und sich bisweilen selbst der größte Gegner ist. „Nach dem Sprint haben wir die Balance verändert, danach fuhr sich das Auto schrecklich. Ich hatte große Probleme“, sagte der 105-malige Grand-Prix-Sieger und mahnte: „Ich hoffe, dass wir so einen Fehler nicht noch mal machen.“
Der missratene Umbau-Versuch zeigt deutlich, dass bei Ferrari offenbar niemand weiß, wo die Schwachpunkte des Autos wirklich liegen. Mit nur 17 Punkten aus den ersten beiden Wochenenden ist die Scuderia als Fünfter abgeschlagen hinter dem derzeit dominanten McLaren-Team um China-Sieger Oscar Piastri und WM-Spitzenreiter Lando Norris.
Teamchef Frédéric Vasseur mühte sich um Zweckoptimismus. „Wir liegen wahrscheinlich ein bisschen hinter McLaren, aber stehen wirklich auf der Kippe, das Beste aus dem Auto herauszuholen“, versicherte der Franzose. Eigentlich hatten sich unter Vasseur die chaotischen Auftritte des Teams deutlich verringert. China war ein Rückfall in alte Zeiten.
Beim Rapport vor den Rennkommissaren hatten die Ferrari-Vertreter keine Entschuldigung für die Regelverstöße an beiden Autos. Zu klar war das eigene Versagen. „Wir hatten nicht vor, uns einen Vorteil zu verschaffen“, beteuerte das Team kurz vor der Abreise aus Shanghai. Und versprach: „Wir werden daraus lernen, was heute passiert ist, und sicherstellen, dass diese Fehler nicht noch mal passieren.“