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Saftiges Bußgeld droht, wenn Impfschutz fürs Federvieh nicht nachgewiesen werden kann Aufregung um vier junge Hennen

Von Gudrun Oelze 03.09.2012, 03:24

Auf das frische Ei vom eigenen Hof möchte Elisabeth Fahrholz aus Ferchland partout nicht verzichten. Ihr ganzes Leben lang gackerten bei ihr einige Exemplare des Federviehs. Das soll auch so bleiben, meint die 78-jährige Seniorin, und kaufte sich vor einigen Wochen von einem nicht weit entfernten Geflügelhof neue Tiere.

"Wir sind ganz begeistert von diesem Hühnerhof", schrieb Tochter Helga Ehrecke. "Die Tiere sind sauber, zahm, haben Auslauf, man kann sie sich selbst aussuchen und sie werden human eingefangen, um sie dann zu verkaufen. Vier Hühner nahmen wir an dem Tag mit. Es wurden unsere Adresse und die Anzahl sowie Rasse der Hühner vermerkt. Wir erhielten eine Impfbestätigung vom Verkäufer, da dieser nur geimpfte Tiere veräußern darf."

Die jungen Hennen fühlten sich in ihrer neuen Umgebung auf dem Hühnerhof von Elisabeth Fahrholz sofort wohl. Bereits nach 14 Tagen gab es dort wieder die ersten Eier aus eigener Geflügelhaltung.

Etwa sechs Wochen später aber erhielt die alte Dame Post von der Tierseuchenüberwachung des Landkreises Jerichower Land, Fachbereich Gesundheits- und Verbraucherschutz. Einen tierärztlichen Impfschutznachweis habe sie für ihre vier Hühner einzureichen, hieß es in dem amtlichen Schreiben. Ansonsten drohen bis zu 25000 Euro Geldstrafe! Dies versetzte die Seniorin in Panik.

Wegen ihrer vier Hühner eine solche Drohung des Landkreises zu erhalten, das war für sie unfassbar! Sie suchte verzweifelt die Bescheinigung über die Impfung ihrer Tiere, die sie bei deren Erwerb vom Verkäufer erhalten hatte. Doch die war längst entsorgt, denn noch nie zuvor hatte Frau Fahrholz die Impfung ihrer Tiere nachweisen müssen und darum auch dieses Mal den Beleg darüber nicht aufbewahrt.

Warum muss man die Leute so erschrecken? Wozu braucht der Landkreis zweimal den Nachweis über die Impfung der gleichen Hühner?, fragte sich Tochter Helga Ehrecke, die zur Beruhigung der Mutter jedoch eine Ersatzbescheinigung vom Geflügelhof anforderte.

Dort, so berichtet der Betrieb auf seiner Internetseite, wird das Geflügel auf Basis der Bodenhaltung aufgezogen und auf die weitere Freilandhaltung vorbereitet. "Alle Tiere durchlaufen standardgemäß ein aufwändiges Impfprogramm", wird versichert. Daran hat man beim Landkreis gewiss auch keinen Zweifel, aber die Newcastle-Krankheit (ND) ist nun einmal "eine weltweit verbreitete, außerordentlich ansteckende und anzeigepflichtige Viruserkrankung der Vögel", wurde uns mitgeteilt. Das Krankheitsbild erinnere an die "Vogelgrippe", daher werde die ND auch als atypische Geflügelpest bezeichnet.

Die Geflügelpest-Verordnung in Deutschland schreibe eine regelmäßige Impfung gegen die ND für jeden Hühner- und Truthühnerbestand vor: "Der Besitzer eines Hühner- oder eines Truthühnerbestandes hat die Tiere seines Bestandes durch einen Tierarzt gegen die Newcastle-Krankheit impfen zu lassen. Die Impfung ist in solchen Abständen zu wiederholen, dass im gesamten Bestand eine ausreichende Immunität der Tiere gegen die Newcastle-Krankheit vorhanden ist. Über die durchgeführten Impfungen hat der Besitzer Nachweise zu führen", zitiert der Landkreis aus der Verordnung, die auch für jene Privatleute gelte, die nur wenige Hühner halten.

Hühner- und Truthühner dürften also grundsätzlich nur in einen Geflügelbestand verbracht oder eingestellt werden, wenn es für sie eine tierärztliche Impfbescheinigung gibt. "Diese, in der Regel vom Händler beim Verkauf dem Käufer übergebene Bescheinigung, enthält einen Hinweis darauf, wie lange der Impfschutz gewährleistet ist und wann eine Nachimpfung erfolgen muss", so die Mitteilung der Kreisverwaltung.

So hat also auch Frau Fahrholz aus Ferchland ihre vier neuen Hühner neu impfen zu lassen, wenn seit der Erstimpfung drei Monate vergangen sind. "Dies hat die Kreisverwaltung als staatliche Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis zu kontrollieren und gegebenenfalls durchzusetzen", wurde uns erläutert. Dafür bediene sich die Behörde entsprechender Bescheide, "die signalisieren, dass bei Zuwiderhandlungen ein Bußgeld droht".

Dass dessen angekündigte Größenordnung mit Blick auf die vier Hühner von Frau Fahrholz durchaus erschrecken kann, wird eingeräumt, doch weil in einem Landkreis mit hoher Dichte an Wirtschaftsgeflügel und einem großen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb für Hühner ein Ausbruch der ND wegen nicht erfolgter Schutzimpfung zu hohen materiellen und züchterischen Verlusten führen kann, "ist ein mögliches Bußgeld von 25 000 Euro gerechtfertigt".

Mutter und Tochter haben sich inzwischen vom ersten Schreck bzw. Verdruss über die Bürokratie erholt und werden selbstverständlich für den erforderlichen Impfschutz der Tiere sorgen.