Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Halle? Innenminister wollen den deutschen Markt vor ausländischen Sportwetten-Angeboten schützen
Die deutschen Innenminister wollen gezielt gegen ausländische Glücksspiel-Anbieter vorgehen, die unerlaubt in Deutschland Geld verdienen - auch mit Sportwetten. Wie machtlos die Justiz bisher ist, zeigen neue Zahlen der Behörden.
Halle/MZ - Bisher sind der Justiz oft die Hände gebunden, doch jetzt soll Deutschland gezielter gegen illegale Sportwettenanbieter im Internet vorgehen: Die deutschen Innenminister wollen, dass illegale Glücksspielangebote ausländischer Anbieter für den deutschen Markt „aufgedeckt, konsequent verfolgt und angemessen bestraft“ werden sollen – darauf einigten sich die 16 Minister auf ihrer jüngsten Konferenz in Rheinsberg (Brandenburg). Neue Zahlen zeigen jetzt: Derzeit können deutsche Strafverfolger fast nichts gegen ausländische Sportwetten- und Glücksspielanbieter ausrichten, selbst wenn deren Angebote in der Bundesrepublik auf dem Papier illegal sind.
So stellte die bundesweit tätige Glücksspielbehörde in Halle seit dem Jahr 2023 genau 70 Strafanzeigen gegen ausländische Anbieter von Online-Glücksspielen, die keine Lizenz für den deutschen Markt hatten. Immer wieder geht es dabei auch um Wetten auf Fußballspiele und andere Sportveranstaltungen. Ernüchtert stellt Sachsen-Anhalts Innenministerium auf MZ-Anfrage nun aber fest: „Von den 70 gestellten Strafanzeigen gegen ausländische Anbieter wurden 67 mit der Argumentation eingestellt, dass das deutsche Strafrecht auf im Ausland ansässige Anbieter keine Anwendung finde.“
Ausländische Glücksspielanbieter wollen auch deutsche Kunden ansprechen
Im Klartext: Deutsche Staatsanwaltschaften haben keinen juristischen Zugriff auf Wettanbieter im Ausland, die etwa auf Malta sitzen. Das gilt auch in Fällen, in denen ausländische Glücksspielanbieter deutsche Internetseiten betreiben, also offensichtlich deutsche Kunden ansprechen wollen.
Das Problem an ausländischen Angeboten ohne Lizenz für den deutschen Markt ist: Sie können die strengen Regeln des deutschen Glücksspielsektors umgehen – das betrifft etwa Suchtprävention und Jugendschutz. Trotzdem sind diese Wettangebote über das Internet für jedermann in Deutschland aufrufbar, auch wenn sie auf dem Papier illegal sind. Und die Nachfrage ist da: Online-Glücksspiel, insbesondere Sportwetten, gilt als ein blühendes Milliardengeschäft.
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Zum Schutz des deutschen Markts fordert Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang deshalb die Bundesregierung zum Handeln auf. Die Gesetze müssten so angepasst werden, dass ausländische Glücksspielanbieter abgeschreckt würden. „Die aktuelle Situation ist mehr als unbefriedigend“, sagte die CDU-Politikerin der MZ. „Der Bund muss darauf hinwirken, die strafrechtliche Verfolgbarkeit von ausländischen Glücksspielanbietern hinreichend zu gewährleisten.“ Der bundesweit zuständigen Glücksspielbehörde in Halle müssten „alle dafür notwendigen rechtsstaatlichen Mittel zur Verfügung stehen“. Zieschang warnte: „Ansonsten besteht die Gefahr, dass Verstöße ausländischer Anbieter nicht sanktionierbar sind und der Glücksspielstaatsvertrag ins Leere läuft.“ Deshalb sollen nun eine Klarstellung im Gesetz und die Androhung von Strafen effektiv abschrecken.
Kommt eine neue Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Halle?
Zieschangs Ministerium bringt dazu den Aufbau einer bundesweit tätigen Schwerpunktstaatsanwaltschaft ins Spiel. Dort soll die juristische Expertise zur Strafverfolgung gebündelt werden, auch für komplizierte Fälle. Diese Forderung wird in der Glücksspielbehörde unterstützt, sie schlägt eine Ansiedlung bei der Staatsanwaltschaft Halle vor.
Franciska Quaiser, Sprecherin der Glücksspielbehörde, betonte aber mit Blick auf eine solche Schwerpunktstaatsanwaltschaft: „Dies erscheint nur dann zielführend, wenn sie die Rechtsgrundlage zum Vorgehen gegen illegale Anbieter im Ausland erhält.“ Die Behörde unterstütze daher alle Initiativen zur Verfolgung illegaler Wetten auf dem deutschen Markt. Quaiser glaubt: „Die Möglichkeit der Strafverfolgung im Ausland wird aus unserer Sicht einen abschreckenden Effekt entfalten.“