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Trotz guter Leistungen in Theorie und Praxis viele Hürden für neuen Berufsstart Kein Abschluss als Erzieher, weil keine Förderung erfolgt?

Von Gudrun Oelze 03.12.2012, 01:32

Noch fehlen nicht nur Plätze, sondern auch Fachkräfte, um für den ab August 2013 bundesweit bestehenden Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz überall gut gerüstet zu sein.

Verlautbarungen der Bundesagentur für Arbeit, auch Langzeitarbeitslose für den Erzieherberuf begeistern zu wollen, muss jedoch jenen ALG-II-Beziehern wie Hohn in den Ohren klingen, die sich intensiv um eine Qualifizierung zum Erzieher bemühen. Zum Beispiel ein junger Mann aus dem Jerichower Land.

In seinem erlernten Beruf findet er keinen Job, in dem des Erziehers sieht er für sich aber eine berufliche Perspektive, um dem Hartz-IV-Bezug auf Dauer zu entkommen. Doch die von ihm angestrebte Umschulung wird in Sachsen-Anhalt wie in etlichen anderen Bundesländern nicht gefördert, weil sie nicht auf zwei Drittel der regulären Ausbildungszeit verkürzt werden kann. Und einen Bildungsgutschein gibt es für maximal zwei Jahre und auch nur dann, wenn das dritte Ausbildungsjahr von Erziehern in spe andere finanziell absichern, zum Beispiel Träger der praktischen Ausbildung. Ohne Zusage einer Institution, eines Vereins oder Trägers über die Finanzierung des letzten Drittels der Erzieherausbildung gibt es auch keine Förderung der beiden ersten Jahre, teilte das Jobcenter diesem Genthiner vor Jahresfrist mit.

Der aber folgte seiner eigenen Intuition und der Initiative des Bundesfamilienministeriums "Männer in Kitas" und begann im Sommer 2011 die Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher. Die Hälfte hat er fast geschafft, doch ist ein erfolgreicher Abschluss trotz guter Leistungen in Theorie und Praxis vakant.

Denn das ALG II wurde ihm jetzt komplett gestrichen, weil seine Ausbildung "dem Grunde nach" anderweitig förderungsfähig ist. Als Auszubildender sei er von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen, teilte uns das Jobcenter nach erneuter Prüfung des Falles mit, da die Ausbildungsförderung nach dem Bafög auch die Kosten des Lebensunterhalts umfassen würde. Dass dieser Mann aber kein Bafög erhält, liege an "individuellen Versagungsgründen" - nämlich seinem Alter und dem Umstand, dass es sich bei ihm um eine zweite Ausbildung handelt.

In mehreren Gesprächen mit der Arbeitsvermittlung sei unser Leser "über das Verfahren zur Finanzierung der Kosten für die Ausbildung zum Erzieher informiert" worden. Er habe wiederholt erklärt, dass er sich um einen Arbeitgeber kümmern wolle, der das dritte Ausbildungsjahr finanziert - um damit die zweijährige Förderung mit Bildungsgutschein in Anspruch nehmen zu können.

Bisher hat er einen solchen Arbeitgeber aber noch nicht gefunden, weshalb das Jobcenter nun nicht mehr zahlt. Die Ausbildung setzt er trotz Streichung aller Hartz-IV-Bezüge vorerst aber fort, dank der Unterstützung durch Verwandte. Noch hofft er, über den Träger einer Praktikumseinrichtung bis zum Ende der Ausbildung finanzielle Unterstützung zu bekommen. Wenn aber nicht - wird es einen der dringend gebrauchten männlichen Erzieher in spe weniger, dafür aber weiter einen ALG-II-Bezieher ohne Job und Ausbildungsplatz im Jerichower Land geben.

Aus ähnlich leidvoller Erfahrung hatte im Sommer Nicole Schütz aus Eversen "mit einer Mischung aus Unverständnis, Wut und Enttäuschung" auf die Äußerung von Politikern, Hartz-IV-Empfänger zu Erzieher/Innen umzuschulen, reagiert. Auch diese junge Frau hatte nach einer Krebstherapie das Ziel, Erzieherin zu werden und dafür auf Unterstützung vom Amt gehofft. Vergebens, denn auch in ihrem Fall wurde die Umschulung zur Erzieherin nicht gefördert. "Alles, was ich bekomme, sind Steine, die mir in den Weg gelegt werden", schrieb sie. Sie wünscht sich Rahmenbedingungen, die es auch Beziehern von Arbeitslosengeld I oder II, die sich wirklich darum bemühen, Erzieher zu werden, ermöglichen, die dafür nötige Unterstützung und Förderung zu erhalten.