Projekt Mit Praktikum zur Ausbildung
In Betrieben auf Probe mitarbeiten und mehr erfahren: Das ist das Ziel des Projektes „Tage in der Praxis“, das in Salzwedel wieder angelaufen ist.
Salzwedel l „Ich habe vorher nicht gewusst, dass es hier in Salzwedel so eine Firma gibt“, sagt Marvin Gedeon Stephan. Der Neuntklässler aus der Salzwedeler Comenius-Schule, einer der Teilnehmer von „Tage in der Praxis“ (TiP), findet es super, mit Metall zu arbeiten. Deshalb schnuppert er in die Firma Flexus rein. An diesem Praktikumstag hat er ein Teil entgratet, das in den USA verbaut wird. „Das ist schon echt cool“, meint er. Heike Große, seine Praktikumsbetreuerin, ist mit dem Schüler zufrieden: „Junge Leute müssen einen Einblick kriegen, was wir hier tun. Dafür ist die Zeit als Praktikant sehr hilfreich.“ Mit-Geschäftsführer Josef Maurus, für die Ausbildung zuständig, stimmt zu: „Wir müssen den Jugendlichen den Beruf näher bringen. Denn nur so gelingt es, Nachwuchs zu finden.“ Ausgebildet würden Metallbauer in der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Jeder Tag sei anders. Denn es würden vorzugsweise Unikate unter anderem für Fassaden hergestellt. Entwickelt von Architekten, die Visionäre seien und einen Partner für das Umsetzen suchen.
Der Neuntklässler überlegt, ob er in den Sommerferien bei Flexus noch ein Praktikum absolviert. Hier seine Ausbildung zu machen, das könne er sich vorstellen. Weil der Betrieb in Salzwedel liegt.
„Wir sind froh, dass jetzt wieder Praktika möglich sind“: sagt Frauke Lenz, Projektleiterin von (TiP) im Verein zur Förderung der Bildung. Durch die Corona-Pandemie war lange offen, ob dies in diesem Schuljahr noch umsetzbar sei. „Normalerweise gehen alle Schüler – in diesem Jahr sind es 311 – im zweiten Halbjahr in die Betriebe. Das bedeutet, vorher Bewerbungen zu schreiben, Gespräche in den Betrieben zu führen, den Kooperationsvertrag abzuschließen“, listet sie auf. Doch in diesem Jahr war plötzlich alles anders: Am Freitag, 13. März, nach Feierabend, sei entschieden worden, dass die Schulen geschlossen werden. „Eigentlich wäre am darauffolgenden Montag der erste Praktikumstag gestartet“, erinnert sich Frauke Lenz. Also hieß es, übers Wochenende ganz viel zu telefonieren, damit sich keiner am Montag aufmacht. Die Arbeit in Betrieben schien auf lange Zeit nicht möglich zu sein. „Wir haben uns Alternativen überlegt“, schildert Frauke Lenz. Entstanden sei eine Homeoffice-Aufgabe für die am Projekt teilnehmenden Neuntklässler: Sie sollten per Telefon unter anderem herausfinden, wie die Ausbildung in ihrem Praktikumsbetrieb aussehen würde und welche Chancen sie hätten. „Die Schulen haben gut mit uns kooperiert“, bedankt sich die Projektleiterin. Auch die Jobcoaches hätten sich sehr engagiert.
Im Mai sei das Signal gekommen, dass Praktika doch möglich seien. Wieder sei telefoniert worden. „Nur wenn die Eltern ihr Okay geben, ist ein Praktikum möglich“, betont Frauke Lenz und nennt ein Problem: „Etwa die Hälfte der Schüler wollte in soziale Bereiche und die Gastronomie hineinschnuppern. Doch da gibt es weiter Einschränkungen.“ Ein Wechsel sei aufgrund der Kürze der Zeit oft nicht möglich gewesen. „Etwa 30 bis 40 Prozent der Neuntklässler sammeln Praxis-Erfahrungen. Eine Schule bat darum, diesen Teil im nächsten Schuljahr nachholen zu können. Das haben wir beim Landesverwaltungsamt beantragt“, sagt die Projektleiterin. Vor allem Handwerksbetriebe hätten sich gefreut, dass die jungen Leute doch noch vorbeischauen. Denn diese hätten trotz der Einschränkungen normal weitergearbeitet. Auch hier werde Nachwuchs gesucht.
Das Projekt „Tage in der Praxis“ beruht auf einem Anstoß durch die Beetzendorfer Sekundarschule, ob solch eine besondere Art der Berufsvorbereitung möglich sei. Das Schreiben der Bewerbung und das Wissen über die Firmen würden benotet. „Die Unternehmen sind sehr aufgeschlossen, wenn wir wegen Praktikumsplätzen nachfragen. Wir haben festgestellt, dass es sehr viele hier in der Region gibt, so dass das Weggehen zur Lehre nicht erforderlich ist. Chancen, eine Ausbildung zu finden, sind genug da“, merkt Projektkoordinatorin Gudrun Täntzler an.
Das TiP-Team ist dabei, die Vorbereitungen für den neuen Neuntklässler-Jahrgang zu treffen. „Wir hoffen, dass im nächsten Jahr die Praktika so absolviert werden können, wie sie geplant sind“, blickt Frauke Lenz voraus. Sie freut sich über jede Rückmeldung eines Teilnehmers, dass es mit der Wunsch-Ausbildung in der Region geklappt hat. Denn es sei schön zu wissen, dass das Projekt, gefördert über den Europäischen Sozialfonds und koordiniert vom Regionalen Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt sowie kofinanziert von der Agentur für Arbeit Stendal und dem Altmarkkreis Salzwedel, auch Früchte trägt.