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Politiker am Lesertelefon Zurück zur Kernkraft? CDU sagt, wie sie Strompreise senken und Heizungsgesetz stoppen will.

Vor der Bundestagswahl stellen sich Spitzenkandidaten aus Sachsen-Anhalt den Fragen der Anrufer. Heute: Sepp Müller, CDU

Von Jens Schmidt 23.01.2025, 18:00
Das abgeschaltete AKW Grohnde an der Weser. Die Union will die Kernkraft wiederbeleben und die EEG-Subvention für Windräder und PV-Anlagen abschaffen.
Das abgeschaltete AKW Grohnde an der Weser. Die Union will die Kernkraft wiederbeleben und die EEG-Subvention für Windräder und PV-Anlagen abschaffen. dpa

Magdeburg - CDU-Spitzenkandidat Sepp Müller erklärt am Lesertelefon das Energiekonzept der Union und warum er den Ostbeauftragten abschaffen will. Anrufer wollen auch wissen, was er zu Rentenbesteuerung, mangelnden Arztterminen und Beamtenpensionen sagt.

Volker Thurm, Wernigerode: Koaliert die Union mit den Grünen?

Sepp Müller: Die CDU kämpft für eine Koalition mit der CSU – also für eine Alleinregierung. Derzeit kann ich mir eine Koalition mit den Grünen nicht vorstellen. Dazu müssten die Grünen in der Wirtschaftsund Migrationspolitik eine 180-Grad-Wende hinlegen.

Thurn: Wird die CDU das Heizungsgesetz kippen?

Müller: Wir werden das Habecksche Heizungsverbotsgesetz rückgängig machen. Wir wollen Anreize setzen, aber keine Verbote aussprechen. Unter der Regierung Angela Merkel wurden auf diese Weise übrigens mehr Wärmepumpen im Jahr eingebaut als jetzt. Vor allem wollen wir nichts übers Knie brechen und den Menschen mehr Zeit geben, sich technologieoffen auf klimafreundliche Anlagen umzustellen. Das hilft vor allem Älteren. Meine Oma zum Beispiel ist 85 Jahre alt, und es stellt sich die Frage, ob sie die 30 Jahre alte Gasheizung herausreißt. Ich habe ihr geraten, das nicht zu tun und eine Modernisierung der nachfolgenden Generation zu überlassen.

Unionsfraktionsvize und Sachsen-Anhalts CDU-Spitzenkandidat Sepp Müller am Lesertelefon.
Unionsfraktionsvize und Sachsen-Anhalts CDU-Spitzenkandidat Sepp Müller am Lesertelefon.
Uli Lücke

CDU will zur Kernkraft zurück

Thurm: Wie stehen Sie zu einem Wiedereinstieg in die grundlastfähige Kernenergie, einer Verschiebung des Kohleausstiegs und zu Netzentgelten, Stromsteuer und CO2-Abgabe?

Müller: Als wir uns beim Kohle-Kompromiss auf einen Ausstieg im Jahr 2038 geeinigt hatten, war als Ersatz der Bau von 40 Gaskraftwerke beschlossen worden. Bis heute ist keines dieser Kraftwerke geplant, geschweige denn je gebaut worden. Daher hätten wir von der Union die drei verbliebenen Kernkraftwerke am Netz gelassen. Dies war und ist möglich. Wenn wir an der Regierung sind, wollen wir daher zur Kernkraft zurück und in einem ersten Schritt diese drei letzten Kernkraftwerke wieder ans Netz bringen. Außerdem wollen wir die Netzentgelte und die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß absenken. Was die CO2-Bepreisung betrifft: Die Menschen sollen technologieoffen selbst entscheiden, wo sie am besten CO2 einsparen. Wir sollten uns deshalb die Übergangszeit bis zur Klimaneutralität anschauen.

EEG-Subventionen für Windräder und PV sollen gestrichen werden

Harald Kvicala, Zerbst: Wird die Union das EEG streichen?

Müller: Unser Konzept sieht vor, dass neue Windräder und Photovoltaikanlagen künftig keine feste Einspeisevergütung mehr bekommen. Alle müssen dann ihren erzeugten Strom zu Marktpreisen verkaufen. Darüber und über den Eigenverbrauch muss es sich dann rechnen. Subventionen sind nicht mehr nötig. Anders sieht es bei Altanlagen aus: Dort hat der Staat Verträge mit den Betreibern geschlossen – an diese Zusagen sind wir gebunden.

Kvicala: Windräder sind bislang Gelddruckmaschinen. Ich denke, ohne EEG würden viele Anlagen dann nicht mehr gebaut.

Müller: Wer Windanlagen gut konzipiert, für den lohnt es sich auch. Wer aber Anlagen nur baut, um Subventionen einzustreichen – das lehnen wir ab.

Keine Steuererklärung mehr für die meisten Rentner

Rosemarie Fröhlich, Dobritz: Ich bin 80 Jahre alt und habe Mühe bei der Steuererklärung. Kann es für Rentner nicht ein einfacheres Verfahren geben?

Müller: Das ist ein großes Thema, da immer mehr Rentner Steuern zahlen müssen. Wir haben in unserem Wahlprogramm daher einen Quellen-Steuerabzug vorgeschlagen. Das heißt: Die Rentenversicherung zieht den entsprechenden Steuerbetrag gleich ab und überweist ihn direkt ans zuständige Finanzamt. Da die meisten Rentner im Osten keine weiteren Einnahmen – wie aus Vermietung und Verpachtung – haben, brauchen sie dann auch keine Steuererklärung abgeben.

Irma Schultz, Zielitz: Wann wird die Doppelbesteuerung der Rentner endlich beendet?

Müller: 2023 hat der Bundesfinanzhof nach einigen Klagen geurteilt, dass keine Doppelbesteuerung vorliegt. Wenn ich es kurz erläutern darf: Vor gut 20 Jahren hat die damalige rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Schröder die nachgelagerte Besteuerung beschlossen. Das heißt: Erwerbstätige zahlen für ihre Rentenbeiträge keine Steuern mehr, sie haben also mehr netto. Im Gegenzug zahlen sie dann nach ihrem Erwerbsleben Steuern auf ihre Rente. Das hat zwei Vorteile: Jüngere werden entlastet, wenn sie für das Alter vorsorgen. Hinzu kommt: Da die Steuersätze beim Erwerbseinkommen höher sind als bei der Rente, ist die nachgelagerte Besteuerung insgesamt günstiger als die alte Regelung. In Summe zahlen wir also weniger Steuern. Ich weiß, viele reden von Doppelbesteuerung, doch trotz tausendfacher Wiederholung wird es nicht richtig.

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Schultz: Sollten nicht endlich alle Bürger in die Renten- und Krankenkasse einzahlen – also auch Beamte und Politiker?

Müller: Darüber kann man sich gerne unterhalten. Allerdings dürfen wir eines nicht vergessen: Wenn alle einzahlen, haben auch alle Anspruch auf Auszahlung. Volkswirte sagen uns: Wenn alle einzahlen, würden wir unserer Rentenkasse und den gesetzlichen Krankenversicherungen vielleicht 10 bis 15 Jahre Luft verschaffen – danach aber wären die Probleme wieder da.

Kann der Ostbeauftragte weg?

Diethardt Schümann, Zerbst: Die Beamtenversorgung läuft aus dem Ruder. Die Gesamtkosten steigen auf 63 Milliarden Euro. Der Verteidigungshaushalt beträgt 52 Milliarden Euro. Ist denn die Beamtenversorgung wichtiger als Landesverteidigung?

Müller: Unsere Landesverteidigung ist sehr wichtig, Daher steht die Union auch zum Anteil von zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts. Wir müssen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.

Aber ich gebe Ihnen recht: Man könnte alternativ auch alle Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen lassen. Allerdings haben Beamte dann auch Ansprüche auf eine recht hohe Rente. In Summe ist das rechte Tasche, linke Tasche. Mein Vorschlag lautet: Weniger Beauftragte und Verwaltung. Wir können 50 Prozent aller Bundesbeauftragten abschaffen – darunter auch den Ostbeauftragten. Und die Stellen in der Verwaltung ließen sich sicherlich um mindestens zehn Prozent reduzieren.

Barbara Dilsner, Halberstadt: Seit 2016 betreuen wir einen jungen Afghanen. Er hat sich gut integriert, hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Dennoch bekommt er seine Frau nicht nach Deutschland.

Müller: Zunächst vielen Dank, dass Sie den jungen Mann aus Afghanistan begleiten. Ein Familiennachzug ist möglich, wenn er einen anerkannten Status hat. Wo befindet sich seine Frau?

Dilsner: Im Iran.

Müller: Dann muss der Antrag bei der deutschen Botschaft in Teheran gestellt werden. Es gibt aber einige Länder, die uns das Leben schwer machen, weil sie die Einreise unseres Botschaftspersonals erschweren. Der Iran gehört dazu. Daher stapeln sich dort die Anträge. Bringen Sie bitte sämtliche Unterlagen in unser Bundestagsbüro nach Halberstadt. Dann können wir nachhaken.

Rolf Wagner, Magdeburg: Die Union wird voraussichtlich leider nicht allein regieren können. Wie ist Ihr Verhältnis zur SPD, wo doch deren Spitzenkandidat Kröber unseren Ministerpräsidenten schwer beleidigt hat? Dem Herrn Kröber mangelt es an sittlicher Reife. (Kröber sagte im November: „Vielleicht ist der Ministerpräsident altersbedingt nicht mehr in der Lage, dem aktuellen politischen Geschehen zu folgen.“ – Anmerkung der Redaktion.)

Müller: Unser Ziel ist eine Alleinregierung durch die Union. Herrn Kröber haben Sie zutreffend beschrieben. Ich schätze unseren Ministerpräsidenten sehr. Wir müssen aufpassen, dass wir die ohnehin aufgeheizte Stimmung nicht noch weiter aufheizen.

Frau Schmidt, Wernigerode: Warum werden meine Medikamente umgestellt? Wenn ich meine alten behalten will, muss ich 100 Euro dazu bezahlen.

Müller: Ihre Krankenkasse hat mit bestimmten Herstellern Rabattverträge ausgehandelt. Sie bekommen dann günstigere Medikamente – doch der Wirkstoff bleibt immer gleich.

Schmidt: Aber nicht ganz. Es sind andere Substanzen darin.

Müller: Das darf nicht sein. Der Hersteller ändert sich – der Wirkstoff bleibt. Am besten, wir vereinbaren einen Termin bei Ihnen vor Ort. Reden Sie bitte auch mit Ihrem Apotheker über den Medikamentationsplan.

Wie bekommt man schneller einen Termin beim Facharzt?

Julia Wieczorek, Schönebeck: Meine Bekannte muss zum Hautarzt, doch die Praxis ist überlaufen, und sie ist nicht in der Lage, sich noch eine Stunde lang anzustellen.

Müller: Ihre Bekannte geht am besten zu ihrem Hausarzt und bitte um eine Dringlichkeitsüberweisung. Dann ruft sie 116 117 an und bekommt kurzfristig einen Facharzttermin in der Nähe. Fachärzte sind verpflichtet, dafür Kapazitäten freizuhalten.

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Horst Neumann, Magdeburg: Herr Merz sagt, er will enger mit Frankreich und Großbritannien zusammenarbeiten. Wie sehen Sie das? Die USA wollen uns doch kaputtmachen.

Müller: Friedrich Merz ist Transatlantiker, er hat Donald Trump zur Wahl gratuliert. Dennoch müssen wir als Europäer gemeinsam auftreten. Daher hat er eine Kontaktgruppe aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Polen vorgeschlagen, um die Ukraine-Hilfe zu koordinieren. Es geht aber auch um den Umgang mit Trump oder mit China.