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Die ehemalige NDR-Moderatorin und Bestseller-Autorin Eva Herman liest in Magdeburg "Ich kann morgens in den Spiegel schauen"

Von Georg Kern 21.08.2010, 05:04

Früher, als TV-Moderatorin, trat Eva Herman vor einem Millionenpublikum auf. Heute wirkt sie auf kleineren Bühnen weiter. Am Donnerstagabend sitzt Eva Herman im "Theater Grüne Zitadelle" im Keller des Magdeburger Hundertwasserhauses, dem ehemaligen Kabarett "Denkzettel".

Eva Herman kämpft um ihre Ehre.

Der Saal ist mit rund 150 Besuchern restlos ausverkauft. Das Publikum ist älter, wenig Jugendliche, Frauen und Männer gut durchmischt. 15 Euro kostet der Eintritt zur Veranstaltung. Eva Herman liest aus ihrem neuen Buch "Die Macht und ihr Preis" (Kopp-Verlag), in dem es um die Macht der Medien geht.

Ein Thema, mit dem sich die 52-Jährige auskennt. 17 Jahre war sie die Nachrichtensprecherin der Tagesschau. Außerdem moderierte sie zahlreiche Sendungen für den Norddeutschen Rundfunk (NDR), darunter die beliebte Talk-Show "Herman und Tietjen".

Im Oktober 2007 war sie Hauptperson eines medialen Eklats: TV-Moderator Johannes B. Kerner komplimentierte sie aus einer seiner Sendungen hinaus. Für seinen Geschmack hatte sich Eva Herman nicht ausreichend von ihren umstrittenen Äußerungen über familiäre Werte und Nazis distanziert.

Die Kerner-Show ist ein großes Thema der Veranstaltung an diesem Abend. Eine gute Stunde der insgesamt dreistündigen Veranstaltung liest Eva Herman die Passagen aus ihrem neuen Buch vor, die den TV-Auftritt behandeln. Sie scheint sich an jedes Detail zu erinnern, etwa an die Stimmungen und die Kleidung der anderen Gäste Senta Berger, Margarethe Schreinemakers, Mario Barth und des Historikers Wolfgang Wippermann. Eva Herman beschreibt, dass sie vor der Show hinter der Bühne von den anderen Gästen getrennt gehalten worden sei. Dass die Gäste über sie geredet hätten.

Je länger Eva Herman liest, desto stärker vermittelt sie den Eindruck einer Verschwörung. Kerner, Schreinemakers und Berger hätten sich offenbar zum Ziel gesetzt, sie aus der Sendung zu mobben – vielleicht auch um der Einschaltquote willen.

Die gegen mich, die Medien gegen Eva Herman. Ihr Auftritt an diesem Abend lebt von den Gegensätzen, von denen die Autorin immer wieder spricht. Eindringlich berichtet sie davon, wie ihr das Leben als hochbezahlte Fernsehmoderatorin beim NDR immer oberflächlicher vorgekommen sei. Sie habe sich ein Kind gewünscht, "doch die Karriere fraß mich auf". Als sie schließlich Mutter wurde, habe sie völlig neue Werte und ein neues Gesellschaftsbild entwickelt, das immer weniger mit ihrer Arbeitswelt zusammenpasste. "Die Kluft zwischen meinem alten und meinem neuen Leben wurde immer größer."

Auch den Rest der Geschichte konnte die Öffentlichkeit verfolgen. Der NDR trennte sich von Eva Herman. Sie hat Bücher über das Stillen, Mutterglück oder Kindererziehung geschrieben, die teilweise Bestseller wurden. Sie sieht die Familien in Deutschland unter Druck gesetzt von einem Wirtschaftssystem, das sich die perfekten Arbeitnehmer zurechtformen wolle.

Empört berichtet eine Frau im Publikum, sie habe ihrer erwachsenen Tochter berichtet, dass sie zu einer Eva-Herman-Lesung gehe, und die habe nur geantwortet: "Das ist doch die, die sagt: ,Frauen an den Herd‘." Das sei typisch, sagt Eva Herman. Sie weiß zwar, dass "die Themen, die ich vertrete politisch unkorrekt sind, weil sie gegen den Mainstream gerichtet sind". Doch vor allem in den Medien werde mit groben Vereinfachungen und herausgerissenen Zitaten gearbeitet, um sie zu diffamieren, weshalb sie große Zweifel an der Demokratiefähigkeit der Medien habe. So sei es auch gelungen, sie als Nazi-Sympathisantin zu verunglimpfen.

Ein Mann im Publikum sagt, er hätte gerne mehr über die Macht der Medien und weniger über ihren Auftritt bei der Kerner-Show erfahren. Die Ansicht stößt bei den anderen Besuchern auf ein geteiltes Echo. Gerne hätte man aber die umstrittenen Sätze Eva Hermans über die Nazis wenigstens einmal im Wortlaut gehört. Auch wären ihre Äußerungen zur Loveparade in Duisburg kürzlich wenigstens eine Nachfrage wert gewesen – die Autorin hatte das Unglück als Strafe für ausschweifendes Feiern gedeutet.

Doch auch Moderator André Holst hakt nicht nach. Dass die Nazi-Vorwürfe die Autorin zutiefst getroffen haben, nimmt man ihr jedoch ab. Das sei eine Masche, um sie mundtot zu machen, sagt Eva Herman. Aber so weit werde sie es nicht kommen lassen.

Einmal fragt Holst sie, wie es ihr angesichts der vielen Kritik gehe. "Gut", sagt Eva Herman. "Ich kann morgens in den Spiegel schauen."