Festnahme im Irak IS-Kämpferin stammt aus Sachsen
Die Staatsanwaltschaft Dresden hat bestätigt, dass im Irak eine in Sachsen vermisste 16-Jährige festgenommen wurde.
Dresden/Bagdad (dpa) l Eine seit einem Jahr vermisste Jugendliche aus Sachsen ist im Irak festgenommen worden. Unklar blieb zunächst, ob sie zu einer Gruppe ausländischer IS-Kämpferinnen gehörte, die von irakischen Anti-Terror-Einheiten in einem Tunnelsystem der Stadt Mossul festgesetzt wurden. Das Mädchen aus Pulsnitz bei Dresden werde von der deutschen Botschaft im Irak betreut, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden am Sonnabend. Weitere Angaben wollte er zunächst nicht machen. Im Auswärtigen Amt gab es am Sonntag ebenfalls keinerlei Auskunft zu dem Vorgang.
Die Schülerin aus Pulsnitz war im Sommer 2016 verschwunden, kurz nachdem sie zum Islam konvertiert war. Sie soll über Internet-Chats mit IS-Anhängern in Kontakt gestanden haben.
Nach Darstellung der Pulsnitzer Bürgermeisterin Barbara Lüke (parteilos) ist eine Rückkehr der 16-Jährigen in ihre sächsische Heimat derzeit nicht absehbar. „Man muss abwarten, es wird jedoch nicht so sein, als wäre nichts passiert“, sagte Lüke am Sonnabend. Die Hinwendung der 16-Jährigen zum Islam sei an der Schule registriert worden, etwa an der Kleidung. Deshalb habe es auch Gespräche mit dem Schulleiter und den Eltern gegeben. „Es war jedoch überraschend, dass sich das Mädchen derart hat radikalisieren lassen“, sagte die Bürgermeisterin. Das sei offenbar ausschließlich über das Internet erfolgt.
Irakische Sicherheitskräfte hatten bei einem Einsatz in Mossul nach eigenen Angaben 20 Dschihadistinnen festgenommen. Ein Offizier der irakischen Anti-Terror-Einheiten erklärte, die Frauen hätten Waffen und Sprengstoffgürtel in ihrem Besitz gehabt, um die irakischen Truppen anzugreifen. Demnach arbeiteten sie für die Polizei des IS. Unter den Festgenommenen seien auch Frauen aus Russland, der Türkei, Kanada und Tschetschenien gewesen.
Nach „Spiegel“-Informationen sitzen in der irakischen Hauptstadt Bagdad vier deutsche Frauen in Haft, die sich in den vergangenen Jahren der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angeschlossen haben. Sie seien in den Tagen nach der Befreiung Mossuls gefangen genommen worden. Unter ihnen sei auch die 16-Jährige aus Pulsnitz.
Anfang der Woche übermittelten die Iraker der deutschen Botschaft in Bagdad demnach eine Liste mit den Namen der Deutschen. Am Donnerstag konnten Diplomaten alle vier Frauen in einem Gefängnis am Flughafen der Hauptstadt besuchen, wie das Magazin berichtet. Ihnen gehe es den Umständen entsprechend gut. Eine der Deutschen habe marokkanische Wurzeln, eine andere stamme offenbar aus Tschetschenien, habe aber einen deutschen Pass.
In den vergangenen Jahren waren mehr als 930 Islamisten aus Deutschland Richtung Syrien und Irak ausgereist, um sich dort dem IS anzuschließen. 20 Prozent der bislang Ausgereisten waren nach Angaben des Verfassungsschutzes Frauen, 5 Prozent Minderjährige. Von den Unter-18-Jährigen war die Hälfte weiblich. Inzwischen sind von den ausgereisten Islamisten 145 tot – sie starben etwa bei Kämpfen oder sprengten sich bei Attentaten in die Luft.
Mit Propaganda im Internet, die teils gezielt auf junge Frauen zugeschnitten ist, wirbt die Terrormiliz für eine Einreise in die eroberten Gebiete. Auf Facebook schwärmen Frauen über ihr Leben im Kalifat. Es gibt Berichte, wonach viele Frauen IS-Kämpfern zugeteilt, missbraucht oder als „Sexsklavinnen“ gehalten werden. Frauen können auch Kampfaufgaben oder bewaffnete Rollen übernehmen. So gibt es eine Art weibliche Scharia-Polizei. Die Frauen, die dort arbeiten, kontrollieren die Einhaltung islamischen Rechts unter Frauen.