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Baustelle Millionen-Nachschlag für Tunnel

Kostenzuwachs beim Tunnelbau: Die Stadt Magdeburg plant allein für dieses Jahr mit 11,5 Millionen Euro mehr.

Von Martin Rieß 10.06.2017, 01:01

Magdeburg l Dass der Bau des Autotunnels am Magdeburger Hauptbahnhof teurer als geplant werden würde, ist seit Monaten klar. Jetzt hat die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt dem Stadtrat einen Antrag vorgelegt, das Budget für das laufende Jahr um 11,5 Millionen Euro aufzustocken. In diesem Betrag enthalten sind 4,7 Millionen Euro, die die Deutsche Bahn entsprechend der Kreuzungsvereinbarung zuschießt. Am kommenden Mittwoch berät dazu der Finanz- und Grunstücksausschuss des Stadtrats, Mitte August soll der Stadtrat das Geld freigeben. Anderenfalls, so die Stadtverwaltung, wäre im August das für dieses Jahr eingeplante Geld aufgebraucht.

Zum Baubeginn vor zwei Jahren sahen die Planungen Kosten von rund 100 Millionen Euro vor, die sich die Stadt und die Deutsche Bahn teilen sollten. Dass die Kosten jetzt in die Höhe geschnellt sind, hat mit Planungsfehlern zu tun. Zu Buche schlagen dabei insbesondere ein Teil der Betonpfähle, die einander überschneidend die Außenwände des Tunnels bilden. Ein Teil dieser Pfähle war mit zu niedrigen Durchmessern dimensioniert worden, um den Beanspruchungen an das entstehende Bauwerk gerecht zu werden.

Magdeburgs Baudezernent Dieter Scheidemann sagte gegenüber der Volksstimme jetzt: „Wir gehen davon aus, dass die Bohrpfahlarbeiten insgesamt um 12,7 Millionen Euro teurer werden.“ Der Anteil, der noch nicht in der Kostensteigerung für dieser Jahr enthalten ist, wird auf die anderen Jahresbudgets des Projektes aufgeteilt.

Der Feststellung, dass ein Fehler gemacht worden war, folgten umfangreiche Neuplanungen. Die nahmen mehrere Monate in Anspruch und brachten den geplanten Bauablauf durcheinander.

Die verlorene Zeit muss dringend aufgeholt werden, da beim Bau des Tunnels der Zeitplan der Deutschen Bahn eingehalten werden muss: Nur dann, wenn zwischen dem Abriss alter Brücken und dem Einbau der neuen Übergänge Platz nach oben ist, können die hochaufragenden Maschinen für den Bau der Bohrpfähle zum Einsatz kommen. Abriss und Neubau der Eisenbahnbrücken sind in das europaweite Fahrplansystem der Eisenbahnen integriert. Derzeit sind auf dem Magdeburger Hauptbahnhof die Gleise 6 und 8 gesperrt, die Brücken abgerissen. Im Sommer sollen die neuen Betonfertigteile als Ersatz in die Lager eingehoben werden.

Eine Folge des Zeitverzugs, den die Arbeiter derzeit auf der Strecke aufholen müssen, ist übrigens die Vollsperrung der Strecke für alle Verkehrsteilnehmer. Ursprünglich war vorgesehen, dass Straßenbahnen, Fußgänger und Radfahrer bis auf wenige Ausnahmen für einige Wochen die Baustelle in beiden Richtungen passieren können, und dass Autos wenigstens in einer Richtung an der Grube vorbeikommen. Seit Monaten ist diese Kompromisslösung allerdings vom Tisch, um Baufreiheit zu schaffen.

Selbst wenn Stadt und Bahn die Kosten für die Planungsfehler an den Bohrpfählen jetzt erst einmal übernehmen sollen – auf den Kosten wollen sie nicht sitzen bleiben. Der Planungsmangel ist jedenfalls gegenüber dem Büro, das die Entwurfsplanungen angefertigt hat, angezeigt worden. Doch das Büro hat die Anzeige abgewiesen. Daraufhin hat die Stadt rechtliche Schritte eingeleitet und auch ihre Versicherung über das Problem informiert. Erste Gespräche mit der Versicherung sind geführt. Außerdem hat die Stadt sich von einem öffentlich bestellten Gutachter bestätigen lassen, dass die Entwurfsplanung mangelhaft sei. Mit der jetzt öffentlich gewordenen Verteuerung dürfte noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Grund: Hauptauftragnehmer Porr hat der Stadt gegenüber deutlich gemacht, dass es einen erheblichen Aufwand bedeutet, die verlorene Zeit aufzuholen.

Unter anderem muss mehr Personal eingesetzt werden. Im Papier der Magdeburger Stadtverwaltung zur Kostensteigerung am Bahnhofstunnel heißt es: „Sobald eine realistische Größenordnung abschätzbar ist, werden die Auswirkungen auf den Haushalt der Landeshauptstadt in der Haushaltsplanung für die Jahre 2018 und folgende berücksichtigt.“