Autotest Warum sich der neue A6 Avant vertraut und neu anfühlt
Die Nomenklatur ist verwirrend, aber das Auto erfreulich selbsterklärend: Denn der neue A6 Avant ist ein Audi, wie er im Buche steht - und hat deshalb das Zeug zum Bestseller in der Businessklasse.

Berlin - Der Premierenplan kräftig durcheinander gewirbelt, die Software voller Bugs und dann auch noch alle paar Wochen neue Namen und Nummern: Audi hat es seinen Fans in der letzten Zeit nicht gerade leicht gemacht.
Doch so langsam kommen die Bayern wieder auf Kurs. Sie bringen eine Neuheit nach der anderen und fahren in diesem Frühjahr die nächste Generation des A6 vor - erst als Kombi Avant ab 58.000 Euro und ein paar Monate später auch als Limousine, die dann für 3.000 Euro weniger starten wird.
Stirnrunzeln vor dem Start
Zwar zwingt Audi der Kundschaft damit noch einmal etwas Stirnrunzeln auf. Schließlich haben sie als erstes Elektroauto für die Businessklasse im letzten Sommer schon einmal einen „neuen“ A6 präsentiert und schieben jetzt mit eigenständiger Form und neuem, anderem Format einen zweiten für die Verbrenner-Fraktion nach.
Doch gleich bei der ersten Begegnung ist alle Irritation vergessen - denn vor allem als Avant ist der A6 ein Audi nach alter Väter Sitte, der einem erfreulich vertraut vorkommt und so eine gewisse Beständigkeit in einer vom Wandel geplagten Zeit garantiert.
Eleganz statt Firlefanz
Das beginnt beim Design des Kombis. Der ist zwar schnittiger denn je und wird mit einem cW-Wert von 0,25 zum bis dato windschlüpfigsten Verbrenner-Kombi in den Audi-Analen. Und wie bei allen neuen Modellen aus Ingolstadt gibt's innovative Lichtspiele, weil man die Signaturen von Tagfahr- und Rückleuchten individuell programmieren kann.
Doch wo die Konkurrenz aus Stuttgart und München übertrieben modern und visionär aussehen oder einfach nur auffallen will, halten sich die Ingolstädter an eine klassische Linienführung und nehmen in vornehmer Zurückhaltung eher Dekor weg, als den Wagen weiter zu schmücken.
Dezente Digitalisierung
Auch innen hat Audi die passende Balance aus Tradition und technischer Avantgarde gefunden. Denn nach Q6, A5, A6 e-tron und Q5 wirkt die im Grunde immer gleiche Bildschirm- und Bedienlandschaft mittlerweile erfreulich vertraut. Man findet sich selbst dann auf Anhieb zurecht, wenn man noch mit Wählscheiben-Telefonen groß geworden ist, und selbst wenn es mittlerweile einen dritten Screen für den Beifahrer gibt, wirkt das im Vergleich mit der Konkurrenz angenehm dezent.
Vor allem aber bietet der A6 Avant reichlich Platz: Bei einem Radstand von rund 2,92 Metern sitzen im Fond auch Erwachsene bequem und der Kofferraum fasst 446 bis 1.497 Liter. Das ist zwar – ein Tribut an die Aerodynamik - etwas weniger als beim Vorgänger, aber dafür ist das Heck mit einer besseren Aufteilung jetzt praktischer.
Neues Feeling beim Fahren
Der große Kombi bietet ein neues Fahrerlebnis. Und das, obwohl Audi für den A6 die mittlerweile sattsam bekannte PPC-Plattform nutzt - für die Detailverliebten: Premium Platform Combustion (PPC) nennt der Hersteller seine Plattformarchitektur für konventionell angetriebene Fahrzeuge mit längs eingebauten Motoren.
Doch als Erster in der Familie bekommt der A6 eine Hinterachslenkung. Vor allem im Zusammenspiel mit der Luftfederung wird er so auf der Autobahn zum souveränen Kilometerfresser, weil er Spurwechsel auch bei hohen Geschwindigkeiten ganz gelassen absolviert und die Insassen wie auf Wolken bettet. Nur, um auf der Landstraße sein zweites Gesicht zu zeigen.
Dort nämlich schlagen die Hinterräder dann nicht gleich ein wie die Vorderräder, sondern in der Gegenrichtung, was den Wendekreis und mit ihm im übertragenen Sinne das Format des Fünf-Meter-Autos spürbar schrumpfen lässt. Wer dann noch etwas mehr Härte ins Fahrwerk pumpt und engagierter fährt, der fühlt sich eher wie in einem kompakten Kraftmeier als in einem Kombi der gehobenen Mittelklasse.
Motoren für Ein- und Aufsteiger
Und dafür braucht es gar keine überbordenden Kräfte. Nicht umsonst steigt Audi als Tribut an die knauserigen Flottenmanager mit zwei 2,0-Liter Motoren ein, die als Benziner und Diesel jeweils 150 kW/204 PS leisten.
Für Aufsteiger gibt's aber auch einen V6-Benziner, der aus 3,0 Litern Hubraum 270 kW/367 PS schöpft und noch engagierter unterwegs ist. Dann auch immer serienmäßig und nicht nur gegen Aufpreis als Quattro (Allrad) ausgeliefert, schafft er den Sprint von 0 auf 100 km/h in 4,7 Sekunden und erreicht bis zu 250 km/h.
Im Kriechgang in die Zukunft
Ach ja: Obwohl er explizit für die „alte“ Verbrenner-Welt gemacht wurde, kann auch der Verbrenner elektrisch fahren. Als Mild-Hybrid zumindest ein paar Meter im Kriechgang beim Rangieren und bald auch als Plug-in-Hybrid mit deutlich größerem Aktionsradius.
Fazit: Alles neu und doch ganz der Alte
Die Konstruktion ist neu, aber der Charakter nicht verändert – auch die jüngste Generation des Audi A6 setzt auf altbewährte Tugenden und wird so zum souveränen Kilometerfresser mit viel Stauraum und noch mehr Status, der dank starker Motoren, agilen Fahrwerks und lustvoller Lenkung immer mal wieder auch nach ein paar Kurven giert. Damit gefällt er nicht nur Firmenkunden und der Familie, sondern so kommt auch der Fahrer auf seine Kosten.
Datenblatt: Audi A6 Avant TFSI Quattro