1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Damit das Herz nicht aus dem Takt gerät

Volksstimme-Telefonforum zu Infarktvorbeugung und Minimierung der Risiken Damit das Herz nicht aus dem Takt gerät

27.02.2013, 01:15

"Herz in Gefahr" war das Thema des gestrigen Volksstimme-Telefonforums. Prof. Dr. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie Magdeburg, Prof. Dr. Hendrik Schmidt, Chefarzt der Klinik für Kardiologie am Klinikum Magdeburg und Dr. Hans-Joachim Presser, Facharzt für Innere Medizin, beantworteten die Leserfragen.

Frage: Seit zwei Tagen habe ich immer mal wieder Schmerzen im Brustbereich, teilweise auch im linken Arm. Muss ich mir Sorgen machen?

Antwort: Unbedingt. Lassen Sie die Ursache der Schmerzen ohne weiteren Verzug abklären. Infarktpatienten klagen häufig über Brustschmerzen unterschiedlicher Intensität, die sich auf die Arme, aber auch Hals, Schulter, Oberbauch oder Rücken ausdehnen können. Weitere Anzeichen können Übelkeit, Atemnot und/oder Todesangst sein. Generell gilt: Beim geringsten Verdacht auf einen Herzinfarkt sollte der Notruf (Telefonnummer 112) sofort alarmiert werden.

Frage: Sind Schäden durch einen Herzinfarkt nicht mehr rückgängig zu machen?

Antwort: Wird der Herzmuskel innerhalb von 30 Minuten wieder mit Blut versorgt, können Folgeschäden verhindert werden. Generell gilt: je länger das Gefäß nicht durchblutet wird, desto schlimmer. Schon nach etwa zweieinhalb Stunden ist die Hälfte des Herzmuskels abgestorben. Das lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Nach zwölf Stunden ist der Muskel in der jeweiligen Region unwiderruflich tot. Deshalb zählt jede Minute bis zur Öffnung der verstopften Arterie.

"Nach zwölf Stunden ist der Herzmuskel unwiderruflich tot."

Frage: Kürzlich wurde bei mir eine koronare Herzkrankheit diagnostiziert. Kann ich weiter in die Sauna gehen?

Antwort: Beraten Sie sich mit Ihrem Arzt. Grundsätzlich steht Saunabesuchen auch mit koronarer Herzkrankheit nichts im Wege. Jedoch sollte ein Saunagang bei Temperaturen zwischen 75 und 100 Grad Celsius nicht über 15 Minuten ausgedehnt werden. Auf die sehr kalte Abkühlung im Anschluss sollte jedoch verzichtet werden, da sich die Arterien dabei sehr stark zusammen ziehen. Nach einem akuten Herzereignis sollte aufs Saunieren zunächst verzichtet werden.

Frage: Meine Mutter und mein Bruder hatten einen Infarkt. Bin ich gefährdet?

Antwort: Koronare Herzerkrankungen bei Verwandten ersten Grades (also auch Eltern und Geschwister) vor dem 55. Lebensjahr erhöhen das eigene Risiko. Lassen Sie deshalb regelmäßig Blutfette und Blutdruck überprüfen sowie eine Diabeteserkrankung ausschließen. Mehr noch als andere Menschen sollten Sie auf eine gesunde Lebensweise achten und persönliche Risikofaktoren ausschließen. Dazu gehören unter anderen Rauchen, Übergewicht, Bewegungsmangel, Stress und ungesunde Ernährung. Favorisieren Sie Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Milch, mageres Fleisch und Seefisch.

Frage: Kann Aspirin Herzkrankheiten verhindern?

Antwort: Gesunden Menschen kann Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) nicht empfohlen werden, da das Risiko für ernsthafte Magen-Darm-Erkrankungen, schwere Blutungen in diesem Bereich oder im Gehirn einfach höher ist als ein gewisser Schutz. Bei Patienten mit koronaren Herzkrankheiten oder Infarkten kann die regelmäßige Einnahme von Acetylsalicylsäure vor weiteren Herzinfarkten schützen. Allerdings ist die ASS-Dosis niedriger als bei handelsüblichen Kopfschmerztabletten.

Frage: Ich habe Idealgewicht, aber ein Bäuchlein. Jetzt sagte mein Arzt, ich gehöre deshalb zur Risikogruppe für Herzerkrankungen. Stimmt das?

Antwort: Aktuelle Studien belegen tatsächlich, dass ein dicker Bauch die Gefahr für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht und deshalb mit viel Bewegung und gesunder Ernährung abtrainiert werden sollte. Bei Frauen ist ab einem Taillenumfang von 88 Zentimetern, Männern ab 102 Zentimetern Gefahr im Verzuge.

Hilfreich bei der Klärung des eigenen Risikos kann das Taillen-Hüft-Verhältnis sein. Dividieren Sie Ihren Taillen- durch den Hüftumfang. Ab Werten von 0,85 bei Frauen und 1,0 bei Männern ist von sogenannten Apfeltypen die Rede. Bei ihnen begünstigt das am Stoffwechsel beteiligte Fettgewebe im Bauch mögliche Ablagerungen in den Blutgefäßen. Arterienverkalkung, Herzinfarkt, Schlaganfall oder auch Diabetes Typ 2 und Bluthochdruck sind die Folgen. Das Risiko für Birnentypen, bei denen Fett eher auf Hüften, Schenkeln und Po verteilt ist, ist deutlich niedriger.

Frage: Nach 23 Jahren habe ich mit dem Rauchen aufgehört. Bleibt mein Herzinfarkt-Risiko nun gleich oder kann es im Laufe der Zeit sinken?

Antwort: Selbst Menschen mit bereits bestehenden Herzschäden können ihre Gesundheit durch den Verzicht auf die Zigarette verbessern. Studien zufolge sinken die Blutdruck- und Cholesterinwerte bereits nach einem Jahr deutlich. Innerhalb von zehn Jahren liegt das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, bei nur knapp einem statt vorher vier Prozent.

Frage: Schützt Zähneputzen vor Arteriosklerose?

Antwort: Mangelnde Mundhygiene kann zu Zahn- beziehungsweise Zahnfleischentzündungen führen und die wiederum spielen bei der Entstehung von Arteriosklerose eine nicht zu unterschätzende Rolle. Forscher der Universität Columbia machten auf den Zusammenhang zwischen vielen Bakterien im Mund und dem Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall öffentlich. Danach hatten Menschen mit vielen Parodontosebakterien deutlich stärker verkalkte Blutgefäße. Vor allem betroffen war die Hauptschlagader.

"Ein Bäuchlein kann eine Gefahr für Herz und Kreislauf sein."

Frage: Ich habe Herz-Rhythmus-Störungen. Kann die durch Kalium- oder Magnesiummangel ausgelöst werden?

Antwort: Zu niedrige Werte können bei Patienten, die bereits Herzprobleme haben, tatsächlich Herzrhythmusstörungen auslösen. Dabei wird das Membranpotenzial von Herzzellen so verändert, dass es zu einer gesteigerten Erregbarkeit der Schrittmacher- und Muskelzellen im Herzen kommen kann. Die Folgen sind Herzstolpern, gefährliche Rhythmusstörungen oder auch lebensbedrohliches Kammerflimmern.

Für Menschen mit Herzrhythmusstörung empfehlen sich Kalium- und Magnesiumwerte in "hochnormalen" Bereichen, oberer Grenzwert. Die Normalwerte liefen bei Kalium zwischen 3,6 bis 4,8 mmol/, bei Magnesium zwischen 0,7 bis 1,05 mmol/l. Den individuell besten Wert sollte immer der behandelnde Arzt festlegen.

Frage: Ein Arzt riet meinem Mann, öfter mal ein Glas Wein zu trinken. Das würde sich positiv auf Herz und Gefäße auswirken. Hat mein Mann den Arzt falsch verstanden?

Antwort: Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren. Das gilt auch in diesem Fall. Tatsächlich soll die Auswertung einer italienischen Studie, in der Gesundheitsdaten von rund einer Million Menschen analysiert worden sind, ergeben haben, dass diejenigen, die regelmäßig ein bis zwei Gläser Wein trinken, seltener Arteriosklerose und Herzinfarkt bekommen als die, die auf Alkohol verzichten. Wer allerdings mehr trinkt, ist auch gefährdeter.

Frage: Wir sind Rentner und möchten mehr Sport treiben. Wie können wir Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen?

Antwort: Am besten ist als Sportart die Bewegung, die Ihnen am meisten Freude macht. Das ist auch die beste Garantie dafür, dass Sie am Ball bleiben. Ob das nun der regelmäßige Spaziergang, Rad fahren, tanzen, schwimmen oder auch Tennis beziehungsweise Mannschaftssportarten sind, hängt von Ihrem Gestus ab. Empfehlenswert ist ein mittleres bis leichtes Training an drei bis fünf Tagen pro Woche (zwischen 30 und 45 Minuten), bei dem Sie sich nicht verausgaben sollten.

Wenn Sie sich mit Ihrem Trainingspartner noch unterhalten können ohne zu schnaufen, sind Sie auf dem richtigen Kurs. Der Puls sollte 80 Prozent Ihrer maximalen Herzfrequenz nicht übersteigen. Freizeitsportler können ihre maximale Herzfrequenz ermitteln, indem sie ihr Lebensalter von 220 (Männer) bzw. 226 (Frauen) subtrahieren.