Bewegung ins Leben holen Wenig Zeit? So bauen Sie in 2025 eine Sportroutine auf
Der Alltag ist vollgepackt: Wie soll man da noch Zeit für Bewegung und Sport finden? Stundenlange Einheiten müssen gar nicht sein, sagen Experten. Und liefern Ideen, wie man ganz klein anfangen kann.
Berlin - Job, Familie, Haushalt, Freunde, Arzttermine: Der Kalender ist bei vielen ganz schön voll. Da fällt der Plan, sich mehr zu bewegen, schnell hinten über - auch wenn wir wissen, dass uns das guttun würde.
Doch schon mit kleinen Veränderungen können wir mehr Bewegung und Sport in den Alltag einbauen. Dass wir dafür stundenlang im Fitnessstudio oder auf der Laufstrecke schwitzen müssen, ist nämlich ein Mythos.
1. Mehr Bewegung in den Alltag bringen
„Kleine Bewegungseinheiten sind besser als keine“, sagt Lena Henning vom Institut für Sportwissenschaft der Universität Münster. „Sich das bewusst zu machen und Bewegung in den Alltag einbauen zu wollen, ist der erste Schritt.“
Doch wie genau? Probieren kann man es damit, bestimmte Orte, Uhrzeiten oder Situationen mit Bewegung zu verbinden. Wer morgens zur Arbeit ins Büro geht, nimmt sich vor: Ich nutze die Treppe, nicht den Aufzug.
Oder man gestaltet den Arbeitsweg aktiv, indem man das Fahrrad nimmt oder die letzten drei Bushaltestellen läuft. Weitere Ideen: „Beim Zähneputzen ein paar Kniebeugen zu machen oder beim Telefonieren ein paar Schritte zu gehen“, schlägt Barbara Halberschmidt vor, die ebenfalls im Team der Sportpsychologie der Uni Münster forscht. Helfen kann auch, Bewegung bei sozialen Aktivitäten einzubauen, sich beispielsweise mit Freundinnen und Freunden zum Spazierengehen zu verabreden.
Generell gilt: „Es ist einfacher, mit kleinen und einfachen Schritten zu beginnen“, sagt Sportpsychologin Halberschmidt. Wiederholt man diese regelmäßig, werden sie immer mehr zur Routine - wir müssen uns nicht mehr so stark anstrengen, uns dazu zu motivieren.
2. Kraft- und Ausdauertraining kombinieren - auch in kleinen Häppchen
„Jeder Schritt macht fit“: An diesem Sprichwort ist etwas dran. Schließlich trägt Gehen dazu bei, Bewegungsmangel entgegenzuwirken, wie der Sportwissenschaftler Jürgen Gießing von der Universität Kaiserslautern-Landau sagt. Um wirklich fit zu werden, braucht es jedoch mehr als das: Training. Denn: „Nicht jede Bewegung ist ein Training oder Sport.“
Neben der Alltagsbewegung müssen wir unseren Körper also auch ein bisschen fordern. Am besten mit einer Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining, daraus ergeben sich die größten gesundheitlichen Vorzüge. Um die zu erreichen, ist gar nicht so viel Zeit nötig, wie manch einer denkt.
„Ein regelmäßiges Krafttraining verhindert den altersbedingten Kraft- und Muskelschwund und erhält unseren größten Zuckerspeicher und Energieverbraucher: unsere Muskulatur“, sagt der Sportwissenschaftler Jürgen Gießing.
Ihm zufolge reichen gerade einmal 30 Minuten pro Woche aus, um messbare Erfolge zu erzielen. „Wer einmal pro Woche mit fünf bis sechs Übungen alle großen Muskelgruppen des Körpers trainiert – und zwar jeweils bis zur muskulären Erschöpfung – wird bereits nach kurzer Zeit eine Veränderung feststellen“, sagt Jürgen Gießing. Und wer dies ein Jahr lang durchzieht, möchte sein Training danach höchstwahrscheinlich auch nie mehr missen.
Ausdauersportarten wie Laufen, Fahrradfahren und Schwimmen stärken das Herz-Kreislauf-System. Auch hier muss es gar nicht stundenlang sein: Bereits bei wöchentlich insgesamt 60 Minuten Bewegung im Zielpulsbereich seien eindeutige Effekte nachzuweisen, wie Jürgen Gießing sagt. Dieser sogenannte Zielpulsbereich liegt bei 65 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz.
Die maximale Herzfrequenz kann man über eine Faustformel errechnen: 220 minus das Lebensalter. Ein Beispiel: Wer 40 Jahre alt ist, hat eine maximale Herzfrequenz von 180 Schlägen pro Minute. Der Zielpulsbereich liegt folglich bei 117 bis 144 Schlägen pro Minute. Wer eine Smartwatch oder ein Wearable nutzt, kann diesen Bereich gut im Blick behalten.
Gute Nachricht für alle mit wenig Zeit: „Diese 60 Minuten können in Portionen beziehungsweise Trainingstage aufgeteilt werden“, sagt Jürgen Gießing. „Also zum Beispiel 3 x 20 Minuten, 2 x 30 Minuten oder auch 6 x 10 Minuten.“ Dieses Prinzip ist als „Workout Stacking“ bekannt, was so viel bedeutet wie das Training in kleinen Stapeln zu absolvieren - hier eine kleine Joggingrunde, da ein kurzes HIIT-Workout. Gut möglich, dass sich der Sport so besser in den Alltag einbauen lässt.
3. Erkenntnisse aus der Psychologie nutzen
So kann man sich, wenn man eine Bewegungsroutine aufbauen will, die SMART-Methode zunutze machen, um sein Ziel zu formulieren. SMART steht dabei für folgende Eigenschaften: spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein.
„Ich will drei- bis viermal die Woche joggen gehen“ ist für Lauf-Anfänger wohl nicht die optimale Formulierung: Womöglich ist dieses Ziel unrealistisch - und es ist nicht terminiert, also zeitlich festgesetzt. Die bessere Variante wäre: „Ich gehe montags und donnerstags nach meinem Feierabend jeweils für 20 Minuten laufen.“ Fragen sollte man sich: Was genau möchte ich in welcher Zeit wie erreichen?
Weitere Faktoren, die einen Einfluss darauf nehmen, dass wir ein Verhalten - also unsere Sportroutine - auch längerfristig verfolgen sind diese:
Um Bewegung und Sport langfristig in den Alltag zu integrieren, ist es wichtig, dass wir das Gefühl haben, selbst Entscheidungen darüber treffen zu können, was, wie und wie lange wir es machen. „Das führt dazu, dass Entscheidungen im Einklang mit den eigenen Werten, Interessen und Zielen stehen“, sagt Barbara Halberschmidt.
Auch die Erfahrung, dass man sich verbessert und Ziele erreicht, lässt uns dranbleiben. Dieses sogenannte Kompetenzerleben begünstigt laut Lena Henning und Barbara Halberschmidt die intrinsische Motivation. Also den Antrieb, der aus uns selbst heraus kommt. Denn diese Erfahrungen stärken das Vertrauen, „dass man auch zukünftige Herausforderungen meistern kann - selbst wenn sich Hindernisse auftun“, sagt Lena Henning.
Auf dieses Kompetenzerleben kann auch einzahlen, wenn wir unser Training über Apps oder die Smartwatch tracken - und unseren Fortschritt damit vor Augen haben. Jedoch ist hier Vorsicht geboten: „Das Tracken der eigenen Leistung kann auch die gegenteilige Wirkung erzeugen und zu Stresserleben führen“, so Barbara Halberschmidt.
Was uns ebenfalls dranbleiben lässt: „Verabredungen zum gemeinsamen Training“, rät Sportwissenschaftler Jürgen Gießing. Wenn jemand anders fest mit uns rechnet, ist die Hemmschwelle höher, das Training wegen Unlust einfach ausfallen zu lassen. Oder man sucht sich gleich einen Sportkurs mit einer festen Gruppe. „Das Gefühl, nicht alleine, sondern Teil einer Gruppe oder eines Teams zu sein, beeinflusst die Qualität der Motivation zusätzlich“, sagt Lena Henning.