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Materialverschleiß und Infektionen können Operationserfolg beeinträchtigen Wenn der Gelenkersatz ersetzt werden muss

Von Christine Pauli 07.09.2010, 04:18

Ohne Gelenke wäre unser Körper starr und unbeweglich: Sie machen uns mobil und sorgen für den reibungslosen Ablauf vieler Tätigkeiten. Sind diese wichtigen Verbindungselemente geschädigt, hat das entsprechend üble Folgen: Schmerzen und Blockaden können bis zur Unbeweglichkeit führen. Immer häufiger ist die Lösung bei solchen Beschwerden ein künstlicher Gelenkersatz.

Saarbrücken (dapd). Allein im letzten Jahr implantierten deutsche Ärzte 209000 Hüft- und 175000 Knieprothesen, wie es in einer aktuellen Erhebung der gesetzlichen Krankenkasse Barmer GEK heißt. Im Vergleich zum Jahr 2003 sei die Zahl der Hüftoperationen damit um 18 Prozent gestiegen, die der Knieoperationen sogar um 52.

"Ältere Menschen nehmen es nicht mehr hin, dass ein kaputtes Gelenk ihre Mobilität und damit ihre Lebensqualität einschränkt", sagt Volker Jonen, Leiter der Abteilung für Kunstgelenkinfektionen an der Endo-Klinik in Hamburg.

Bis 15 Jahre "haltbar"

"Anders als noch vor 20 oder 30 Jahren lassen sich die Prothesen heutzutage wesentlich besser an den normalen Bewegungsablauf anpassen", ergänzt Professor Werner Johann Kasper, Chefarzt an der Caritas Klinik St. Theresia in Saarbrücken. Zudem seien die Operationsmethoden mittlerweile sehr schonend. Neben dem Wandel in der Altersstruktur seien dies weitere Gründe, weshalb sich immer mehr Menschen für ein künstliches Gelenk entschieden.

Doch mit der zunehmenden Zahl der Implantate häufen sich auch die damit verbundenen Probleme. Normalerweise hat eine Prothese eine Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren. Etwa zehn Prozent aller Prothesen müssten aber vorzeitig gewechselt werden, Tendenz steigend, wie Kasper erläutert.

Komplikationen möglich

Schmerzen beim Auftreten oder Laufen seien ein Alarmsignal: "Dann gilt es, schnellstmöglich den Orthopäden aufzusuchen. Mitunter hat sich der Halt der Prothese im Knochen verschlechtert", erklärt Jonen. Materialverschleiß sei insbesondere bei älteren Prothesen-Modellen ein Problem.

Treten außerdem Schwellungen oder Rötungen auf, hat sich wahrscheinlich die Region um das künstliche Gelenk entzündet. "Ursache können Keime sein, die bei der Implantation der Prothese eingedrungen sind", sagt Kasper.

Derartige Frühinfekte können noch ein Jahr nach der Operation entstehen. Alles was danach komme, sei ein Spätinfekt, bei dem sich die Erreger erst nachträglich eingenistet haben, beispielsweise weil das Gelenk punktiert wurde oder Bakterien über eine offene Wunde in den Körper gelangt sind.

Laut Jonen muss eine infizierte Prothese immer durch eine neue ersetzt werden: "Die Erreger sind überall, insbesondere in den Spalten zwischen Knochen und Prothese." Zwei verschiedene Methoden gebe es für den Wechsel: "Im ersten Fall wird die infizierte Prothese herausoperiert, die Heilung abgewartet und das künstliche Gelenk erst nach etwa drei Monaten durch ein neues ersetzt", erläutert der Mediziner. "In dieser Zeit kann der Patient praktisch nicht laufen und ist meistens auf fremde Hilfe angewiesen."

Bei der zweiten Operationsmethode wird das infizierte Implantat sofort ersetzt. Um die Mobilität zu erhalten, würde Jonen Betroffenen nach Möglichkeit immer zu dieser Behandlungsalternative raten.

Kasper empfiehlt, sich bei einer Wechseloperation nur in die Hände von erfahrenen Operateuren zu begeben, "denn hier sind sehr spezielle Operationstechniken nötig". Manchmal müsse etwa nur ein Teil des Kunstgelenks ausgetauscht werden.

Klinik gut auswählen

Welche Klinik über entsprechendes Know-how verfüge, könne beim Hausarzt oder beim Orthopäden erfragt werden. Hilfreich sei zudem der Austausch mit betroffenen Bekannten oder auch mit einem Physiotherapeuten. Dann sollten zwei oder drei Kliniken in die engere Wahl genommen werden.

Am besten lasse man sich vor Ort persönlich beraten: "Ein entscheidendes Kriterium ist sicher, wieviel Zeit und persönliches Engagement ein Operateur bei diesem Gespräch aufzuwenden bereit ist", sagt Kasper.

Kampfsport scheidet aus

Grundsätzlich müssten Patienten auch den eingesetzten Prothesen-Typ kritisch prüfen: Manches neue Modell sei schon wegen hoher Komplikationsraten von 10 bis 15 Prozent wieder vom Markt genommen worden. Hier lohne es sich, nach der Zahl der Nachoperationen zu fragen.

Auch wenn keine Beschwerden auftreten, rät Jonen Prothesen-Trägern zu einer Röntgen-Kontrolle alle zwei bis drei Jahre: Es könne beispielsweise zu einer schmerzfreien Lockerung gekommen sein. Hat sich das Bein mit der Prothese verkürzt, muss man ebenfalls schnell zum Orthopäden.

Betroffene können selbst einiges tun, um ihr Implantat möglichst lange zu erhalten. "Der Grund für eine Prothesen-Lockerung ist nicht immer klar. Doch Übergewicht ist sicherlich ein Risikofaktor", sagt Jonen.

Von Kampf- oder Ballsportarten mit künstlichem Gelenk rät der Facharzt ab. Ganz auf Bewegung zu verzichten, ist aber ebenso falsch. Schwimmen, Radfahren oder Wandern seien durchaus auch mit Gelenk-Implantat zu empfehlen. Denn eine kräftige Muskulatur und ein kräftiger Knochen seien die beste Voraussetzung für ein langfristig gut funktionierendes Kunstgelenk.