Hans-Georg Draeger ist seit 60 Jahren Dozent an der Kreisvolkshochschule - aus Liebe am Unterrichten und Malen Ein Gingkobäumchen für den geduldigen Meister
Hans-Georg Draeger (84)ist eine feste Größe für und in der Kreisvolkshochschule. 60 von 93 Jahren Volkshochschule leitete er Kurse. Auch seine Leidenschaft für das Malen gab er an Schüler Semester für Semester weiter. Jetzt hängt er nicht den Pinsel an den Nagel, doch aus dem Lehrgeschäft will sich der leidenschaftliche Maler und pensionierte Lehrer nun endgültig zurückziehen.
Burg/Möser l Schwer ist Hans-Georg Draeger dazu zu bewegen, in die Kamera zu schauen. Der Blick bleibt auf die Bilder gerichtet. Nicht die eigenen Aquarelle betrachten seine wachen, blauen Augen so sorgfältig. Nein, ihre Aufmerksamkeit gelten den Kunstwerken seiner Schüler. Ruhig und konzentriert sitzen die neun Kursteilnehmer im Zeichensaal der Grundschule Möser. Seit 2002 treffen sich Malschüler und ihr Burger Lehrer in der Grundschule. Davor war die alte Feuerwehr in Möser Treffpunkt für die Pinselfreunde. Einige von ihnen begleiten den pensionierten Lehrer Draeger schon seit vielen Jahren. So wie Edith Wehner. Die 74-Jährige ist seit 1999 seine Schülerin. Die Kunst des Aquarellierens hat sie bei Hans-Georg Draeger gelernt.
Nun müssen sich die Kursteilnehmer einen neuen Meister suchen. Den letzten Kurs in diesem Semester absolvierte die "zusammengewachsene Kunstfamilie" vor einigen Tagen.
Der 1929 in Glashütte geborene Draeger kam 1952 nach Burg. Wo er zuerst an der Comeniusschule unterrichtete, dann an der Diesterwegschule. Ab 1953 gab Draeger Kurse an der Volkshochschule. Deutsch, Mathe und Geschichte unterrichtete er für Berufstätige, die sich nach der Arbeit weiterbilden wollten. Die Volkshochschule in Burg besteht seit 93 Jahren. 60 Jahre davon stellte Hans-Georg Draeger als Kursleiter seine Freude am Unterrichten unter Beweis. "Um reich zu werden, macht man sowas nicht", sagt Yvonne Nitzsche, Leiterin der Kreisvolkshochschule in Burg.
Zeigestock und Pinsel, Kreide und Farbe - zumindest die Lehrerutensilien wird er nach diesem Semester nun endgültig an den Nagel hängen. "Wir bedauern alle, dass er aufhört", sagt Gertrud Kuschel, die ihren Lehrer scherzhaft "Chef" nennt.
"Aus Altersgründen" sagt er zum Ende seiner Volkshochschulekarriere. Dabei merkt man dem aufmerksamen Oberstudienrat a.D. sein Alter kaum an. Fit hält er sich mit Radfahren. Erstaunliche 50 Kilometer fährt der Rentner jeden Donnerstag mit einer kleinen Gruppe Radsportbegeisterter. Vorsitzender des Freundeskreises Radwandern Burg, Willi Post, teilt Draegers Leidenschaft fürs Radfahren. "Doch mit seinem Tempo halten wir nicht mit", sagt der 78-jährige Post.
Beim Malen spielt Geschwindigkeit keine Rolle. Von Edith Wehners Schneelandschaft geht Draeger langsam weiter zu Elke Redlichs Tisch. "Das hast du richtig prima gemacht", sagt Draeger zu der Ärztin, während er über seine Brille auf ihre winterliche Landschaft schaut. Dabei ist nicht zu übersehen, dass Draeger nicht nur das Malen liebt, sondern auch das Unterrichten im Blut hat. "Er ist so ein geduldiger Mensch, der mit so viel Feingefühl erklärt", beschreibt Elke Redlich ihren Lehrer.
"Einmal Lehrer, immer Lehrer", sagt der Oberstudienrat a.D. über sich selbst.
Nach Geschichts- und Pädagogikstudium in Halle entschied er sich noch für ein Kunststudium in Erfurt. Als Geschichtslehrer hätte er seine Stimme zu sehr belastet, erklärt er. Dass er jedoch ganz auf das Unterrichten verzichtet hätte, glaubt man dem geduldigen Mann aber kaum.
Bei der Aufgabe, eine Winterlandschaft zu malen, komme es auch auf die richtige Farbwahl an. "Der Winterhimmel kennt kein Blau" sagt er und philosophiert gern über die Farbpalette der Natur. "Ein Maler sieht so etwas", sagt der Künstler, der schon seit seiner Kindheit malt. Sein Lieblingsmotiv sind nach wie vor Landschaften. Ständige Galerien finden sich bei seinen Kindern. "Meine Enkel bestellen jetzt auch schon Bilder zu Weihnachten", sagt der sechsfache Großvater und zweifache Urgroßvater.
Ganz ohne zu malen, kommt Draeger eben nicht aus. Auf das Unterrichten will er vorerst verzichten. Yvonne Nitzsche kann seinen Rücktritt noch nicht ganz glauben. Falls er es sich anders überlegt, "darf er gern weitermachen", sagt Nitzsche, die Draegers ruhige Ausstrahlung sehr beeindruckt.
Im Frühjahr möchte sie zusammen mit Hans-Georg Draeger einen Ginkgobaum pflanzen. Der kann 1000 Jahre und älter werden. "Eine schöne Ehrung", freut sich der 84-Jährige.